Der Fluch der guten Tat

Von SPOX
Deutschland hatte gegen Finnland oft das Nachsehen
© Getty

Deutschland hat das zweite WM-Spiel gegen Finnland trotz großen Kampfes mit 0:1 verloren und muss noch um den Einzug in die Zwischenrunde zittern. Nach der Sensation gegen die USA waren die Finnen für das DEB-Team technisch und läuferisch einfach zu stark.

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Willkommen zurück in der Wirklichkeit! Deutschland hat von wieder erstarkten Finnen im zweiten Gruppenspiel der Heim-WM in der mit 18.654 Zuschauern ausverkauften Lanxess-Arena in Köln die Grenzen aufgezeigt bekommen und knapp mit 0:1 verloren. Vorzuwerfen hat sich das Team von Uwe Krupp außer mangelnder Chancenverwertung aber erneut nichts.

Die Finnen wussten einfach, was die Stunde nach ihrer überraschenden Niederlage gegen Dänemark geschlagen hatte. In den ersten beiden Dritteln schnürten sie das DEB-Team ein und es hagelte Schüsse auf das Tor von Rob Zepp. Der parierte jedoch großartig und hielt das DEB-Team im Spiel. "Ohne ihn hätte es nach zwei Dritteln nicht nur 0:1 gestanden", lobte Krupp.

"Wir hatten zu Beginn des Spiels zu viele Scheibenverluste. Vor allem im Spielaufbau, weswegen wir dann immer den Finnen hinterherlaufen mussten", sagte Kapitän Marcel Goc. "Jeder wollte es perfekt machen, und dabei haben wir es wahrscheinlich zu kompliziert versucht."

Das Spiel zum Nachlesen im SPOX-Ticker

Krupp: "Finnland hat verdient gewonnen"

Erst im letzten Spielabschnitt fasste das DEB-Team den Mut, energisch nach vorne zu spielen, und kam prompt zu guten Chancen. Der Ausgleich war zum Greifen nahe. Der Puck ging aber nicht rein und verhinderte einen nicht unverdienten Punktgewinn für Deutschland.

"Wir haben in den ersten beiden Dritteln nicht geradlinig genug gespielt. Die Finnen haben mit sehr viel Druck begonnen und sind sehr gut Schlittschuh gelaufen. Sie haben verdient gewonnen", resümierte Krupp. "Wir müssen einfach spielen, das haben wir aber nur im dritten Drittel getan. Dort hat uns dann das Glück gefehlt, aber wenn du immer so spielst wie im letzten Drittel, dann machst du dir dein Glück."

So steht dem DEB-Team im letzten Gruppenspiel gegen Dänemark am Mittwoch, in dem wieder Dennis Endras das Tor hüten wird, noch eine Zitterpartie ins Haus. Deutschland muss die überraschend schon qualifizierten Dänen schlagen oder hoffen, dass die USA nicht nach regulärer Spielzeit gegen Finnland gewinnen.

SPOX zieht die Lehren aus dem Spiel:

Erstes Drittel: Marcel Goc hat es prognostiziert - und so kommt es. Die Finnen legen los wie die Feuerwehr. Im Gegensatz zu den US-Boys gegen Dänemark ist ihnen offensichtlich von Anfang an klar, dass sie sich eine zweite Niederlage auf keinen Fall leisten können. Die deutsche Abwehr schwimmt ein ums andere Mal, die Checks werden nicht so konsequent zu Ende gefahren wie noch gegen die USA. Aber Goalie-Überraschung Rob Zepp rechtfertigt das Vertrauen mit einigen guten Saves. Bundestrainer Krupp fängt früh an, die Abwehrreihen durchzumischen. Und die Defense hält gegen sehr aggressive Finnen, trotz einem Verhältnis von 15:5 Schüssen für Suomi. Finnland ist klar überlegen, aber Deutschland nicht chancenlos. Die beste Gelegenheit hat USA-Held Felix Schütz. Er verpasst in der 13. Minute nach Pass von Philip Gogulla die Scheibe direkt am langen Pfosten nur hauchdünn. Da wäre Finnlands Goalie Petri Vehanen nicht mehr herangekommen.

Zweites Drittel: Der Kampf der Deutschen geht unvermindert weiter, aber Finnlands Überlegenheit wird immer erdrückender. Sie sind schneller, haben die bessere Schlittschuhtechnik. Daraus entwickelt sich eine Spirale: Weil die Deutschen zu langsam sind, kommen sie auch bei den Checks an der Bande zu spät. Daraus folgen Chancen für die Finnen. Die beste nutzt in der 26. Minute Jarkko Immonen zum 1:0. Jussi Jokinen weicht dem Bandencheck aus und schiebt die Scheibe vors Tor, Immonen steht frei und hat keine Mühe. Danach spielt Finnland Powerplay, obwohl fünf Deutsche auf dem Eis stehen. Aber immer wieder Rob Zepp und auch immer mehr Glück halten Deutschland im Spiel. Es könnte auch schon 4:0 stehen. Das Schussverhältnis liegt im zweiten Abschnitt bei 16:9. Einen der neun deutschen Torschüsse hätte Michael Wolf aber zum Ausgleich nutzen müssen. Er kommt von der Strafbank, wird perfekt angespielt und läuft alleine auf Vehanen zu. Doch Wolf scheitert.

Drittes Drittel: Deutschland gibt nicht auf. Gleich zu Beginn eine große Chance. Erst zieht John Tripp ab, dann ist der Abpraller frei, aber auch Constantin Braun bekommt die Scheibe nicht ins Tor. Deutschland jetzt so offensiv wie im ganzen Spiel noch nicht. Tolle Phase, die Halle ist wieder voll da. Von Finnland kommt außer einem harten Bandencheck von Immonen gegen Robert Dietrich nicht mehr viel. Deutschland checkt mutig nach vorne und nutzt aus, dass sich ihr Gegner wohl schon etwas zu sicher gefühlt hat. Leider passt wie so oft die Chancenauswertung nicht. Am Ende ist Zepp aus dem Tor, aber der Aufbau ist zu hektisch. Gerade Braun unterlaufen einige leichte Fehler.

Star des Spiels: Jarkko Immonen. Der KHL-Stürmer stand für die läuferische und technische Überlegenheit der Finnen in den ersten beiden Dritteln. Er machte nicht nur das entscheidende 1:0, er setzte sich auch immer wieder mit ein paar schnellen Schritten von den deutschen Verteidigern ab und erarbeitete sich Chancen. Ständiger Unruheherd mit den meisten Torschüssen bei den Finnen.

Lehren des Spiels: Der Fluch der guten Tat hat das DEB-Team eingeholt. Nach dem sensationellen Sieg gegen die USA und der gleichzeitigen Pleite der Finnen gegen Dänemark war Suomi gewarnt. Sie haben Deutschland von der ersten Minute an als gleichwertigen Gegner ernst genommen und den Takt vorgegeben. Wenn Finnland in Normalform spielt, kann auch eine erneut kämpferisch hervorragende deutsche Mannschaft keinen Punkt holen.

Aber trotzdem muss im DEB-Team niemand allzu enttäuscht sein. Im dritten Drittel hat der Gastgeber enorm viel Charakter gezeigt und angetrieben von den heimischen Fans stark nach vorne gespielt. Mit dieser Gegenwehr hatten die Finnen offensichtlich nicht mehr gerechnet.

Leider trat wieder ein typisches deutsches Problem zutage, die mangelnde Chancenauswertung. Der Charakter des Teams stimmt hundertprozentig, das Teambuilding von Bundestrainer Uwe Krupp hat perfekt gefruchtet.

Ein Punkt wäre nicht unverdient gewesen, aber mit einer solchen Leistung sind auch die so überraschend starken Dänen zu schlagen. Und Finnland wird in dieser Form auch kaum gegen die schwachen Amerikaner verlieren.

Die Zwischenrunde ist also trotz der Niederlage immer noch greifbar.

Deutschland vs. Finnland zum Nachlesen im Ticker