Werbung
Werbung

"Der FC Bayern steht über allem"

Florian RegelmannSPOX
17. August 201215:04
Die Bayern-Macher: Sportdirektor Marko Pesic (r.) mit Dirk Bauermann, Uli Hoeneß und Bernd RauchGetty
Werbung
Werbung

Sportdirektor Marko Pesic erklärt im SPOX-Interview die Hintergründe der Foster-Entlassung. Außerdem spricht er über die neuen FCB-Stars Tyrese Rice und Yotam Halperin, Telefonate mit Uli Hoeneß und Kritik an Steffen Hamann. Und er wundert sich über Aussagen aus der Nationalmannschaft.

SPOX: Herr Pesic, die fristlose Kündigung von Shooting Guard Je'Kel Foster war ein echter Schocker. Klären Sie uns über die Hintergründe auf.

Marko Pesic: Zuerst muss ich sagen, dass Foster im letzten Jahr der einzige US-Amerikaner war, der einen Zweijahresvertrag bekommen hat. Er war ein wichtiger Baustein für uns, auch für die kommende Saison. Ein sehr wichtiger Spieler. Aber es gibt verschiedene Regeln, die wir immer erfüllen. Und bei denen wir erwarten, dass sie auch von der Gegenseite erfüllt werden. Die Mannschaft, der Verein, der FC Bayern steht über allem. Das muss geschützt werden. Da ist es auch nicht wichtig, ob es um Pesic, Foster oder sonst jemanden geht. So ein Verhalten geht nicht. Wir mussten diese Entscheidung treffen - jetzt sind wir auf dem Markt und schauen, dass wir so schnell es geht guten Ersatz finden.

SPOX: Ist der Fall Foster auch ein mahnendes Beispiel dafür, wie schädlich Berater-Einfluss im Basketball, oder im Sport generell, sein kann? Das Verhalten entspricht eigentlich nicht dem Je'Kel Foster, so wie man ihn in München kennen gelernt hat.

Pesic: Ganz klar, ich werde mich mit der BBL zusammensetzen. Die BBL entwickelt sich in einem unglaublich rasanten Tempo in die vollkommen richtige Richtung, aber dieser Berater-Bereich muss sich auch entwickeln. Wir werden es als Verein nicht erlauben, dass hier irgendwelche Berater herumwildern. Die BBL hat schon einige Schritte eingeleitet, die ich gut finde, aber es reicht noch nicht. Man muss weiter an dieser Problematik arbeiten. Noch mal: Wir als Verein werden das nicht zulassen.

SPOX: Die Foster-Geschichte trübt ein wenig den Gesamteindruck, denn personell konnte der FC Bayern im Sommer groß aufrüsten. Da wäre zum einen Tyrese Rice. Den Guard kennt man in Deutschland aus seiner Zeit bei den Artland Dragons bestens. Was erwarten Sie sich von ihm?

Pesic: Tyrese hat bei den Dragons unglaublich gespielt, aber im letzten Jahr hat er in Rytas noch einen Schritt nach vorne gemacht. Ich habe ihn sehr lange beobachtet und er hat sich in puncto Mannschaftsführung enorm verbessert. Er hat gelernt, sein Ego zurückzustellen und mehr für die Mannschaft zu spielen. Über seine offensiven Qualitäten gibt es ohnehin keine Zweifel. Er ist glücklich hier. Ich freue mich sehr, ihn für uns spielen zu sehen.

SPOX: Das Gleiche gilt mit Sicherheit für Yotam Halperin. Halperin ist ein großer Name im europäischen Basketball. Was bedeutet seine Verpflichtung für den FC Bayern?

Pesic: Es ist eine große Ehre für den FC Bayern, dass Yotam Halperin zu uns kommt. Er bringt neben seinen spielerischen Fähigkeiten auch in einem sehr hohen Maß Führungsqualitäten mit. Dazu sehr viel Erfahrung. Und er steht für Konstanz. Das sind alles Attribute, die wir auf dieser Position gebraucht haben. Er wird spielerisch, vom Spielverständnis her, eine Attraktion für die Liga werden.

SPOX: Rice, Halperin, Steffen Hamann, ein Foster-Ersatz wird kommen - da muss Coach Bauermann schauen, wie er die Minuten verteilt auf den Guard-Positionen...

Pesic: Das stimmt. Der Coach wird die Rollen definieren müssen und das wird er sicher auch richtig machen. Klar ist, dass wir eine extrem hohe Konkurrenzsituation und eine Atmosphäre geschaffen haben, in der jeder um seinen Platz fighten muss. Wir werden nur ein Spiel in der Woche haben. Da wird es in den Trainingseinheiten schön zur Sache gehen, darauf freue ich mich. Wir werden eine sehr gute Mannschaft haben.

SPOX: Trotz Rice und Halperin wird auch Hamann ein wichtiger Faktor bleiben als Leader dieser Mannschaft. Hamann hat in Basketball-Deutschland nicht nur Fans... Was denken Sie, wenn Sie so manche negativen Kommentare in Richtung Hamann lesen?

Pesic: Ich denke gar nichts dabei, weil ich sie nicht lese. Ich höre davon, aber ich beschäftige mich nicht damit. Wenn ein Fan in dieser Weise seine Meinung äußert, ist das immer eine hochemotionale Sache. In meiner Funktion muss ich aber rational entscheiden. Steffen ist ein Leader des Teams und hat als solcher eine wichtige Funktion. Er besitzt unglaublich viel Erfahrung und bleibt ein entscheidender Spieler für uns.

SPOX: Neben Rice und Halperin ist auch Lawrence Roberts nach München gekommen. Was zeichnet den Big Man Ihrer Meinung nach aus?

Pesic: Lawrence ist ein Spieler, der in einem Spiel 0 Punkte machen kann, aber dennoch der beste Spieler auf dem Feld ist. Er bringt die Athletik mit, die wir brauchen und die in der Liga notwendig ist. Aber in erster Linie ist er eine exzellente Persönlichkeit. Ein stiller Leader. Er war zum Beispiel am 1. August schon in München. Also zu früh. Aber er wollte sich schon einmal einleben, bevor er hier anfängt. An solchen Kleinigkeiten sieht man, was für ein Mensch er ist. Er wird sehr gut bei uns reinpassen.

SPOX: Ein Spieler, der in der nächsten Saison noch keine große Rolle spielen wird, dem aber die Zukunft gehört, heißt Mauricio Marin. 18 Jahre alt. Shooting Guard. Riesentalent. Auch den Youngster haben Sie geholt. Was versprechen Sie sich von ihm?

Pesic: Mauricio ist ein Projekt. Er steht ganz am Anfang seiner Entwicklung. Ihm ist noch gar nicht klar, wie gut er werden kann. Wir werden viel Zeit in Mauricio investieren und er selbst wird viel Zeit in Basketball investieren müssen. Er bekommt die Zeit, die er braucht. Und dann schauen wir, dass er sich Schritt für Schritt entwickelt. Er ist auf jeden Fall ein sehr interessanter junger Spieler.

SPOX: Rice, Halperin und Co. werden das Spiel prägen, aber der FC Bayern wird nur um den Titel mitspielen können, wenn auch die Deutschen, vor allem Robin Benzing und Jan-Hendrik Jagla, sich steigern. Stehen diese Jungs in der Pflicht?

Pesic: Die deutschen Spieler tragen beim FC Bayern eine hohe Verantwortung und ich persönlich erwarte, dass sie nach den Erfahrungen aus dem letzten Jahr einen Schritt nach vorne machen. Dass sie dafür kämpfen, besser zu spielen. Sie geben uns die Identität, die wir brauchen, aber jetzt muss eine Weiterentwicklung kommen.

SPOX: Jagla glänzt aktuell als Topscorer bei der Nationalmannschaft. Er ist wieder auf dem Niveau, auf dem er vor einigen Jahren in der DBB-Auswahl bei großen Turnieren gespielt hat.

Pesic: Das ist ein sehr gutes Indiz. Jan wird fit zu uns zurückkommen. Und dann erwarte ich, dass er bei uns an die starken Leistungen aus der Nationalmannschaft anknüpft.

Teil 2: Pesic über seinen Traumjob und die WM 2002

SPOX: Die Ziele sind klar definiert: Der FC Bayern will um die Meisterschaft mitspielen. Darf man das als klare Ansage an Bamberg und Co. interpretieren?

Pesic: Es ist eine einfache Rechnung. Wir haben eine gute Mannschaft zusammengehalten, die sich weiterentwickeln wird. Und wir haben Spieler dazu geholt, die qualitativ klar eine Verbesserung darstellen. Wenn man das zusammenzählt, kommt dabei heraus, dass man die Ziele höher stecken muss. Wir wollen die Meisterschaft angreifen. Ob es reicht, werden wir sehen. Die Liga ist insgesamt in der Breite stärker geworden, so viel Qualität gab es noch nie. Das freut uns und das ist gut für die Liga. Wir wollen ganz oben dabei sein.

SPOX: Uli Hoeneß hat gesagt, dass er von der Droge Basketball infiziert ist. Woran merken Sie sein Feuer für den Basketball?

Pesic: Er kümmert sich. Ob das im Sponsoring ist, oder im sportlichen Bereich. Es gab noch keine einzige Situation, in der er mal keine Zeit für Basketball-Themen hatte. Wenn man ihn anruft, ist er immer da. Er interessiert sich sehr und fragt immer nach, wie die Verhandlungen laufen, wie weit wir sind, was die Jungs machen. Es ist sehr angenehm.

SPOX: Uli Hoeneß hat auch in Aussicht gestellt, dass noch "more to come" ist. Heißt: In Zukunft soll auch in Europa angegriffen werden...

Pesic: Zunächst müssen wir aber unsere Hausaufgaben machen. Und die heißen BBL.

SPOX: Sie haben einmal gesagt, dass von den Top-3-Verdienern der BBL sicher niemand beim FC Bayern spielt. Glauben Sie, dass das immer noch so ist?

Pesic: Ich weiß es nicht. Damit beschäftige ich mich nicht. Vielleicht lag ich da falsch, vielleicht nicht. Ich freue mich aber, wenn Vereine wie Bamberg oder Artland Geld in die Hand nehmen, um in die Mannschaft zu investieren.

SPOX: Die Pesic/Bauermann-Wunschliste ist laut Uli Hoeneß mehr oder weniger vollständig erfüllt worden. Wie kann man sich den Prozess zwischen dem Coach und Ihnen vorstellen, bis sie ihre Wunschliste aufgestellt haben?

Pesic: Ich war ja schon seit über einem halben Jahr unterwegs, habe Spieler beobachtet, Meinungen eingeholt und Erfahrungen ausgetauscht. Wir wussten sehr schnell, was wir wollen und waren uns da auch in allen Punkten einig. Der Prozess der Meinungsbildung ist extrem interessant. Es macht Spaß, diesen Prozess zu durchlaufen, man lernt sehr viel daraus.

SPOX: Wenn man Sie darüber sprechen hört, merkt man, dass Sie Ihren Traumjob ausüben. Richtig?

Pesic: Ja, absolut. Beim FC Bayern arbeiten zu dürfen, ist ein Traumjob. Im deutschen Sport gibt es nichts Größeres. Ich bin unglaublich zufrieden. Wir haben ein sehr junges Team zusammen, das sehr enthusiastisch ist. Es macht großen Spaß, mit allen Leuten hier zusammen zu arbeiten. Mich hat auch nie etwas anderes interessiert. Ich wollte nie Trainer werden. Ich habe immer gehofft, diese Chance beim FC Bayern zu bekommen. Ich bin sehr, sehr glücklich damit.

SPOX: Ihr Sportmarketing-Studium haben Sie in Venedig absolviert. Schön...

Pesic: (lacht) Nein, so schön war es nicht. Klar, es ist immer schön, in Italien zu sein, aber von der Stadt sieht man nicht viel, wenn man studieren und Vorträge halten muss.

SOPX: Bevor Sie Ihren Weg in Richtung Management einschlugen, haben Sie in Ihrer aktiven Karriere unter anderem sechs Mal mit Alba Berlin die deutsche Meisterschaft gewonnen. Im Ausland waren Sie in Thessaloniki und Rom. Was ist aus der aktiven Zeit hängen geblieben?

Pesic: Am meisten der Enthusiasmus für Basketball. Überall wo ich war, haben die Leute für Basketball gelebt. Basketball war überall populär. Ich hätte es am Anfang nicht für möglich gehalten, dass das auch in München mal in dem Maße möglich sein würde. Jetzt müssen wir diese Begeisterung halten und weiter ausbauen.

SPOX: Sie verfolgen sicher auch ganz genau, was in der Nationalmannschaft unter Ihrem Vater Svetislav passiert. Es gab zuletzt einige ganz interessante Äußerungen, zum Beispiel von Heiko Schaffartzik, der von einer "180 Grad Drehung" von Bauermann zu Pesic sprach. Oder davon, dass man in der Defense jetzt "agieren und nicht reagieren" würde. Ihre Meinung dazu?

Pesic: Die Jungs von der Nationalmannschaft sollten wissen, dass die Qualifikation für die EM noch nicht geschafft ist. Sie fängt gerade erst an. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie glauben, sie hätten sich schon qualifiziert. Mein Rat wäre, dass sie sich mehr aufs Training und die Spiele konzentrieren, als irgendwelche Dinge zu kommentieren. Nichtsdestotrotz respektiere ich seine Meinung. Aber wie gesagt: Wenn ich die Äußerungen in der Presse lese, denke ich immer, dass sie glauben, sie wären schon qualifiziert. Es fängt aber erst an...

SPOX: In einem Monat jährt sich die WM-Bronzemedaille von 2002 zum zehnten Mal. Es war ein irres Turnier damals in Indianapolis. Am Ende wurde es dank MVP Dirk Nowitzki Bronze, aber es wäre sogar mehr drin gewesen...

Pesic: Im Halbfinale haben wir 40 oder 50 Sekunden vor Schluss gegen Argentinien geführt. Es war sportlich gesehen das schönste Erlebnis, das ich je hatte. Ich versuche, zum gesamten Team von damals den Kontakt zu halten. Es war ein sehr prägendes Erlebnis und steht bei mir persönlich auch höher in der Rangliste als unser EM-Silber 2005.

Der BBL-Spielplan der neuen Saison

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung
Werbung
Werbung