Mit dem besten Spieler des Turniers will Spanien nach 2011 und 2009 den nächsten Coup landen. Gegner Litauen hat es durchaus überraschend bis ins Finale (ab 19 Uhr im LIVETICKER) geschafft. SPOX macht den Check und stellt die einzelnen Kontrahenten gegenüber. Kann der Außenseiter trotz individueller Nachteile die rote Furie stoppen?
Point Guard: Sergio Llull vs. Mantas Kalnietis
Schwächen sucht man beim 27-Jährigen dabei vergeblich: Defensiv verteidigt er am Mann auf hohem Niveau und ist eine Pest im Passweg. Offensiv kann er als Schütze (auch, wenn seine 25,7-prozentige Dreierquote nicht die Fähigkeit Llulls widerspiegelt) das Spiel auseinanderziehen und dem Frontcourt Platz verschaffen. Brauchen die Spanier in einer Schwächephase andere Impulse von ihm, kann er auch diese liefern, denn sein Drive zum Korb und seine Vorzeige-Athletik komplettieren das Waffenarsenal des Allrounders.
Mantas Kalnietis (10,3 Punkte, 40,4% FG, 8,0 Assists): Es war kein einfaches Jahr für den Spielmacher von Lokomotive Krasnodar. Im vergangenen Sommer kugelte er sich die Schulter aus, seine Reha und die anschließende Saison verliefen quälend. Aber: Pünktlich zur EM hat der 29-Jährige wieder zu seiner Form gefunden und konnte bis dato überzeugen.
Obwohl der 1,95-Meter-Mann sein Handwerk als Shooting Guard erlernte, führt er das Turnier mit 8 Assists pro Spiel an. Er profitiert dabei auch von seiner Länge, dank der er über seine Gegner im Backcourt hinwegsehen und -passen kann. Allerdings leistete er sich auch 3,8 Ballverluste pro Spiel, was im Halbfinale gegen Serbien (8 Stück) gut und gerne den Sieg hätte kosten können. Dafür ist er in der Lage, sich jederzeit einen eigenen Wurf zu kreieren, was gegen die aggressiv verteidigenden Spanier Gold wert sein kann.
Fazit: Vorteil Spanien
Shooting Guard: Pau Ribas vs. Renaldas Seibutis
Der 1,90-Meter-Guard kann auf der Eins sowie Zwei spielen und verfügt über ein hohes Spielverständnis, seine Fehlerquote ist äußerst gering. Probleme hat er allerdings beim Kreieren des eigenen Abschlusses, seine fehlende Athletik wird ihm in dieser Hinsicht zum Verhängnis. Besorgniserregend ist dieses Defizit aber keinesfalls, da der Kader der Roten Furie auch so mit genügend Slashern gespickt ist.
Renaldas Seibutis (7,1 Punkte, 2,9 Assists): Seibutis passt genau in das Schema des Spielers, der von den Mitspielern geliebt und von den Gegnern gehasst wird. Denn: Er ist ein Verteidiger erster Klasse und kann sich problemlos die Positionen eins bis drei zur Brust nehmen. Mit seinen langen Armen und der vorbildlichen Fußarbeit agiert er wie eine Klette am Mann, ohne jedoch übers Ziel hinauszuschießen und in Foulprobleme zu geraten.
Doch auch Offensiv hat der Swingman von Zalgiris Kaunas seinen Wert. Gegen Serbien streute er beispielsweise 13 Punkte ein, indem er den Korb attackierte und durch geschickten Einsatz seines Körpers in wichtigen Phasen an die Freiwurflinie ging.
Fazit: Unentschieden
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Small Forward: Rudy Fernandez vs. Jonas Maciulis
Immerhin: Fernandez gehört nach wie vor zu den besten Spielern Europas, wenn es darum geht, Fouls zu ziehen. Gegen Frankreich versenkte er alle seine vier Freiwürfe in Phasen, in denen das Spiel auf der Kippe stand. Um gegen die beinhart verteidigenden Litauer zum Faktor zu werden, muss Fernandez eine ganze Schippe drauflegen.
Jonas Maciulis (14,5 Punkte, 59,1% FG, 6,6 Rebounds, 2,0 Steals): Der Forward von Real Madrid ist die eierlegende Wollmilchsau in Person. Er punktet am Korb, aus der Distanz, nach Assists und aus dem Dribbling - und verteidigt nebenbei auf einem mehr als guten Niveau. Eine Demonstration der Stärke lieferte er im Achtelfinale gegen Georgien ab: 34 Punkte, 11 von 13 aus dem Feld, 3 von 4 von Downtown und dazu 8 von 9 von der Freiwurflinie.
Dazu schrieb er sich 4 Steals und 2 Blocks in den Statistik-Bogen. Keine Frage: Ohne den bulligen Forward stünde Litauen nicht in diesem Finale. Er ist der Schlüsselspieler seines Teams. Wenn er liefert, ist alles möglich.
Fazit: Vorteil Litauen
Power Forward: Nikola Mirotic vs. Paulius Jankunas
Der gebürtige Montenegriner verfügt über ein weiches Händchen bis hinter die Dreierlinie und kann auch aus dem Post heraus punkten, schafft es wegen seiner fehlenden Masse aber meistens nicht bis zum Korb. Das muss er auch nicht - denn die Stärken des 24-Jährigen werden von seinen Mitspielern bestens eingesetzt. Probleme könnte es wegen seines "Gewichtsproblems" am anderen Ende des Feldes geben, vor allem, wenn es gegen die enorm physisch daherkommenden Litauer geht.
Paulius Jankunas (9,8 Punkte, 3,8 Rebounds): In der Regel ist für Jankunas bei den Litauern keine große Rolle in der Rotation vorgesehen, nach den Absagen von Donatas Motiejunas und Linas Kleiza war er jedoch plötzlich der einzige nominelle Power Forward im Team. Seine Leistungen schwankten von Spiel zu Spiel, auf seine 22-Punkte-Gala zum Auftakt gegen die Ukraine folgten einige schwächere Auftritte.
Wie gefühlt jeder Litauer besitzt Jankunas gut ausgebildete Fundamentals und ist auch von draußen gefährlich, mit nur 2,05 Meter kann er seine Moves im Lowpost aber nicht immer ausspielen. Defensiv kann er dieses Defizit dank seiner guten Rumpfstabilität ausgleichen - ein Schlüsselfaktor wird er aber offensiv wie defensiv nicht werden.
Fazit: Vorteil Spanien
Center: Pau Gasol vs. Jonas Valanciunas
Auch am defensiven Brett ist Gasol eine Macht. Neben seinen 8,4 Rebounds blockt er 2,3 Würfe pro Partie, mehr als jeder andere Spieler in diesem Turnier. Das Alter ist Gasol nicht anzusehen: Er scheut keinen Kontakt, setzt seinen Körper ein und hängt seinen Gegenspielern Foul um Foul an. Gegen Frankreich stand er 18 Mal an der Linie bei 16 Treffern. Dieser Mann hat eine Mission.
Jonas Valanciunas (16,9 Punkte, 60,3% FG, 8,3 Rebounds): Der Star des litauischen Teams lieferte beim Überraschungs-Erfolg im Viertelfinale über Italien ein Statement ab. 26 Punkte, 11/13 aus dem Feld und 15 Rebounds - Zahlen von fast gasol'schem Ausmaß. Der 2,10 Meter große Toronto Raptor ist ein klassisch ausgebildeter Center mit starken Postmoves und weichem Händchen auch aus der Halbdistanz.
Es gibt aber ein nicht unerhebliches Problem: Defensiv wirkt Valanciunas hin und wieder recht behäbig und gerät gegen flinke Center gerne mal in Foulprobleme. Gerade gegen einen Gasol könnte dieses Defizit zum entscheidenden Nachteil werden, denn viele Spieler mit den Körpermaßen eines Valanciunas hat Head Coach Jonas Kazlauskas nicht zur Verfügung.
Fazit: Vorteil Spanien
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Die Bank
Spanien: Mit Euroleague-Sieger Sergio Rodriguez sitzt ein verkappter Starter auf der Bank, der 25,1 Minuten pro Spiel abreißt. Mit ihm erfährt der Backcourt keinerlei Qualitätsverlust, im Gegenteil: Seine Mischung aus Playmaking und Scoring bietet die optimale Belebung.
Mit Felipe Reyes kommt hochwertige Entlastung für die Big Men, der erfahrene Routinier hilft offensiv wie defensiv weiter, ohne dabei groß aufzufallen. Mit Victor Claver hat Head Coach Scariolo einen variabel einsetzbaren Forward zur Verfügung, der bis auf seine fehlende Athletik kaum nennenswerte Schwächen aufweist.
Litauen: Mit Mindaugas Kuzminskas hatte Litauen gegen Serbien einen unverhofften Helden, der mit 13 Punkten und 9 Rebounds neben Valanciunas zum Matchwinner wurde. Auch defensiv kann er ein Team führen und mitziehen. Dahinter wird's allerdings dünn.
Center Kavaliauskas sieht zwar gefährlich aus, agiert offensiv aber wenig effektiv. Zudem fehlt es ihm an Länge und an Präsenz unter dem Brett. Milankis hat das Potential, als Sleeper dann von draußen heiß zu laufen, wenn keiner damit rechnet - er ist aber darauf angewiesen, dass andere für ihn kreieren.
Fazit: Vorteil Spanien
Die Head Coaches: Sergio Scariolo vs. Jonas Kazlaukas
Jonas Kazlaukas: Der 60-Jährige gilt schon seit einiger Zeit als einer der besten Trainer Europas. Er hat weltweit verschiedene Spielstile verinnerlicht, trainierte bereits die Auswahl Chinas und Griechenlands. Er kann aufgrund dieser Erfahrungen schnell auf den Gegner reagieren und diesen vor Probleme stellen - vor allem sein Defensivkonstrukt ist berüchtigt.
Fazit: Unentschieden
Prognose
Auch wenn die Spanier auf nahezu jeder Position besser und tiefer besetzt sind: Niemand sollte davon ausgehen, dass der Favorit in diesem Finale leichtes Spiel haben wird. Denn auch gegen Serbien und Italien war das Team vom Baltikum individuell unterlegen, konnte sich dank eines überragenden Defensiv-Konzepts aber durchsetzen.
Darauf wird es nun auch gegen Spanien ankommen. Denn wenn die Offensive um Gasol erst einmal ihren Rhythmus findet, ist ihnen schwer beizukommen. Nicht umsonst haben sie mit durchschnittlich 85,1 Punkten die zweitbeste Ausbeute des Turniers. Zudem spricht für die Spanier ihre Stärke im Fastbreak, die gegen eher langsame Litauer noch mehr zum Tragen kommen könnte - vor allem, da sich diese über 14 Ballverluste pro Spiel erlauben.
Fazit: Sieg Spanien
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Der Spielplan der EuroBasket
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