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Baker Mayfield bei den Tampa Bay Buccaneers: Erst Top-Pick, dann Absturz - und jetzt Tom Bradys Erbe

Von Niklas Staiger
NFL, Tampa Bay Buccaneers, Baker Mayfield
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Vom First-Overall-Pick im NFL Draft 2018 über die entlassungsbedingte Free Agency bis hin zum Nachfolger von Tom Brady und Top-Leistungen bei den Tampa Bay Buccaneers: Die Karriere von Quarterback Baker Mayfield gleicht einer Achterbahnfahrt. Und aktuell geht es steil bergauf.

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Die Tampa Bay Buccaneers haben drei ihrer ersten vier Saisonspiele gewonnen und treffen im Spitzenspiel von Week 6 auf die Detroit Lions (4-1). Dabei hatte man von den Bucs eigentlich erwartet, dass sie nach dem Karriereende von Superstar Tom Brady wieder in der Versenkung verschwinden würden. Schließlich hatten sie doch in der Saison 2022 selbst mit Brady am Ende einen negativen Record (8-9), ein großer Rebuild deutete sich an.

Doch die Bucs spielen richtig gut - und ein Grund dafür ist der neue Starting Quarterback und frischgebackene Team-Kapitän Baker Mayfield. Tampa verpflichtete ihn nach einer schwierigen Zeit, und obwohl lange offen blieb, ob der mittlerweile 28-Jährige überhaupt für die Bucs starten würde, hat er sich den Stammplatz erkämpft - und zu Topleistungen zurückgefunden.

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Baker Mayfields Achterbahnfahrt: Erst ganz oben, dann ganz unten

Dass Mayfield seine Karriere so würde wiederbeleben können, war vor einem Jahr noch nicht abzusehen. Die Cleveland Browns hatten ihn 2018 an erster Stelle gedraftet, im dritten Jahr schaffte er dort den endgültigen Durchbruch (30 TDs, 9 Interceptions) und führte das Team in der Wild-Card-Runde der Playoffs 2020 zum ersten Playoff-Sieg der Franchise seit 1994. Baker war ein Star, mit Werbespots und allem drum und ran.

In der folgenden Saison ging es aber ebenso schnell bergab: Nach einer schweren Schulterverletzung in Week 2 spielte er die Saison mehr schlecht als recht zu Ende - und die Browns sahen im umstrittenen Deshaun Watson die bessere Option. Dieser wurde per Trade aus Houston geholt, Mayfield kurz vor der Spielzeit 2022 zu den Carolina Panthers getradet. "Ich verstehe das immer noch nicht", sagte er kürzlich bei ESPN: "2021 habe ich praktisch mit einer zerstörten Schulter gespielt, nach der OP wollte ich wieder angreifen. Sie hatten andere Pläne."

Es folgte eine "verrückte Achterbahnfahrt", um es mit Mayfield zu sagen: Bei den Panthers lief überhaupt nichts zusammen. Nach sechs miserablen Spielen (1-5) wurde er vom Team Anfang Dezember 2022 entlassen, angesichts seiner Leistungen auch nicht zu Unrecht. Doch bei den Los Angeles Rams brauchte man nach einer wahren Verletzungsseuche in diesem Moment unbedingt einen QB - und so versuchte man es mit Baker. Der unterschrieb und führte das Team nur zwei Tage später zu einem sensationellem Comeback-Sieg über die Las Vegas Raiders.

Eine Zukunft hatte Mayfield auch nach guten Leistungen in L.A. nicht, schließlich gab es da noch Matthew Stafford. Aber, so betonte er am Saisonende: "Ich weiß, dass ich ein Starting Quarterback bin." Zwei Monate später griffen die Bucs zu, sein viertes Team innerhalb von 16 Monaten - und der Rest ist Geschichte. "Ich glaube daran, dass alles aus einem bestimmten Grund passiert", betonte Mayfield. "Die Zeit hat meinen Blick auf die Dinge verändert."

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Baker Mayfield: Diese Rolle spielt Head Coach Todd Bowles

Bereits zum NFL-Draft im April 2018 hatte es Gespräche zwischen Mayfield und dem heutigen Bucs-Head-Coach Todd Bowles gegeben. Als das Top-Talent für viele überraschend an erster Stelle von den Browns gedraftet wurde, war Bowles nämlich Head Coach der New York Jets, die sich an dritter Stelle dann für QB Sam Darnold entschieden. Entsprechend hatten Bowles und die Jets ihre Hausaufgaben bei Mayfield gemacht - und es gab im Pre-Draft-Prozess einige Gerüchte, wonach die Jets gerne Mayfield verpflichtet hätten.

Diese Entscheidung wurde Bowles damals abgenommen. Doch die gute Beziehung der beiden überdauerte.

"Es war eine Menge harter Arbeit, die Grundsteine für die heutige Zusammenarbeit zu legen", erklärte Baker Mayfield bei einer Pressekonferenz. Er lobte die Unterstützung, die er vom Team auf seinem Weg zurück erfahren hatte: "Seit ich hierhergekommen bin, wurde mir von Anfang an gesagt, ich solle einfach ich selbst sein. Wenn man dir vertraut und an deine Stärke glaubt, ist alles möglich. Sie haben mich hier von Anfang an sehr gut aufgenommen."

Dabei möchte Bowles das Skillset von Mayfield bestmöglich nutzen: Die Grundlagen, die dazu führten, dass dieser ihm 2018 mit dem ersten Pick weggeschnappt wurde. "Es passt einfach zu seinem Spiel und erinnert daran, wie er am College gespielt hat", betonte er: "Ein paar Rollouts, ein paar Bootlegs und ein paar Dropbacks. Er ist nicht beeinträchtigt, er kann den Football werfen, egal ob aus der Pocket, tief, und so weiter. Er ist ein guter Quarterback. Aber er versteht auch diese Offense und sie passt zu ihm."

Mayfield sei "erwachsen geworden", sagte Bowles: "Es hat auch mit dem richtigen Zeitpunkt zu tun. Es war perfekt für uns. Als Führungsspieler war er perfekt für uns. Ich glaube, Mayfield und wir als Team passen perfekt zusammen."

Baker Mayfield: Seine Stationen und Statistiken in der NFL

SaisonTeamSpieleStartsCompl.Att.Compl. %YardsTDsINTs

2018

Cleveland Browns

141331048663,83.7252714
2019Cleveland Browns1616317

534

59,43.8272221
2020Cleveland Browns1616305

486

62,83.563268
2021Cleveland Browns1414253

418

60,53.0101713
2022Carolina Panthers76119

206

57,81.31366
2022LA Rams5482

129

63,685042
2023Tampa Bay Buccaneers4487

125

69,688272
NFL, Tampa Bay Buccaneers, Baker Mayfield
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Baker Mayfield und die Tampa Bay Buccaneers: Der perfekte Fit?

Gegen die Lions trifft Mayfield mit Quarterback Jared Goff auf einen weiteren ehemaligen First-Overall-Pick, der an neuer Arbeitsstelle erfolgreich ist: "Jared ist ein Genie - und das kommt von jemandem, der ebenfalls einen frischen Start gebraucht hat. Ich denke, er spielt richtig gut. Man kann seine Führungsqualitäten sehen und all die Gründe, warum er ursprünglich so hoch gedraftet wurde - jetzt kann er das zeigen", lobte Mayfield.

"Nicht jeder passt überall perfekt rein", analysierte er: "Ich denke, sein Selbstvertrauen hat sich über die Zeit wieder aufgebaut. Eigentlich hat er nämlich alles, was man braucht."

Damit fasste Mayfield auch seine eigene Situation perfekt zusammen, denn er spielt bei den Bucs die bisher beste Saison seiner Karriere: Er bringt knapp 70 Prozent der Pässe an den Mann, rund sechs Prozent seiner Pässe sind Touchdowns und nur 1,6 Prozent enden als Interceptions. Mit 882 Yards, sieben Touchdowns und nur zwei Interceptions liegt Mayfield derzeit bei einem Passer-Rating von 101,5 - allesamt Karriere-Bestwerte für den Texaner.

Besonders von Druck lässt sich Mayfield aktuell nicht mehr überraschen: Wenn der gegnerische Pass Rush ihn in Bedrängnis brachte, kamen bislang 23 von 35 Pässen an - für 334 Yards, drei Touchdowns und das ligaweit beste Passer Rating von 125,2. Auch bei Third Downs ist in dieser Hinsicht der beste Quarterback der aktuellen NFL-Saison (Passer-Rating 140,7).

Dabei bringt er viele neue Elemente ins Spiel der Bucs, die Tom Brady, so gut er auch war, einfach nicht mehr anzubieten hatte. Immer wieder ist Mayfield zu Fuß unterwegs und verlängert Plays oder rettet sie durch einen Quarterback-Lauf. Dabei ist er kein echter "Dual-Threat-Quarterback" wie Lamar Jackson und Co., aber er kann in Ausnahmefällen Entlastung schaffen. Mit 23 Läufen in vier Partien kommt er schon fast an die Saisonwerte von Brady (30, 28 und 29 Läufe) ran und dürfte dessen in seinen drei Spielzeiten bei den Bucs knacken (87).

Damit bringt er einen Faktor ins Spiel, der sehr gut zu den Buccaneers und dem neuen Offensive Coordinator Dave Canales passt: Der hatte bei den Seattle Seahawks (2010-2022 in verschiedenen Rollen) mit Russell Wilson und zuletzt Geno Smith auf ähnliche Weise agiert.

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Baker Mayfield als Anführer der Tampa Bay Buccaneers

Abgesehen von Mayfield und den Coaches gibt es aber auch sehr gute Beziehungen innerhalb des Teams. Die Buccaneers sind in entscheidenden Positionen besser aufgestellt, als es Mayfields Teams je waren. Mit Mike Evans und Chris Godwin hat er zwei Wide Receiver auf Top-Niveau zur Verfügung, die mit ihm voll zusammenarbeiten und sich gegenseitig coachen. Eine "Mic'd up"-Szene aus dem Spiel gegen die Saints zeigt beispielsweise Godwin und Mayfield, wie sie sich zusammen ein Play auf dem Tablet anschauen, die Fehler analysieren und sich den Rücken stärken.

"Er ist ein echter Kämpfer. Er tut alles, was nötig ist, damit das Team gewinnt", lobte ihn Veteran-Receiver Evans nach dem 20:17-Auftaktsieg gegen die Minnesota Vikings. Auch Safety und Co-Kapitän Antoine Winfield Jr. hat sich bereits im ersten Saisonspiel von Mayfield mitreißen lassen: "Als er einem Typen den Stiff-Arm gegeben und danach auch noch Trash Talk ausgepackt hat, da dachte ich 'Oh yeah, genau das will ich sehen. Das da ist meine Art von Quarterback!' So etwas braucht man im Team, das spornt alle an."

Dass Bowles auf dem Platz Ähnlichkeiten zu Mayfields Zeit auf dem College sieht, überrascht nicht: Nach einem Wechsel von Texas Tech zu den Oklahoma Sooners war der dort in drei Spielzeiten aufgeblüht und hatte 2017 nach einer Saison mit 43-Touchdown-Pässen und nur 6 Interceptions die Heisman Trophy gewonnen. Wie damals macht Mayfield aktuell wenige Fehler: Die prozentual geworfenen Interceptions hat er im Vergleich zu seiner Zeit in Cleveland fast halbiert. Dabei vertraut Mayfield seinen Top-Receivern und wirft auch riskante Bälle, wenn er das Gefühl hat, dass es angebracht ist.

Was nicht heißt, dass er keinerlei Fehler macht: Beim Spiel gegen New Orleans in Week 4 baute er vor der Pause durch einen Pick unnötig Spannung auf, weil er in der Saints-Redzone nicht nur auf Godwin in Triple-Coverage zielte, sondern diesen auch noch massiv unterwarf. Doch was danach passierte, zeigte die aktuelle Stimmungslage bei den Bucs: Die Defense machte Druck, forcierte einen Fumble und holte sich den Ball zurück, sodass Mayfield noch vor der Pause (beim Turnover waren zuvor noch 41 Sekunden auf der Uhr) den anvisierten Touchdown zum 14:3 erspielen konnte.

Bei den Buccaneers fühlt es sich derzeit nicht so an, als hätte das Karriereende von Tom Brady einen riesigen Krater hinterlassen. Sein Abschied wird vielmehr als Ansporn gesehen, noch härter als Team zusammenzuarbeiten und sich in jeglicher Hinsicht zu unterstützen. Dabei hat Mayfield Mitspieler, auf die er sich verlassen kann. Er hat Coaches, die ihm das Vertrauen schenken und ein Team, das ihn als Anführer, aber auch als Mitspieler schätzt. Die Buccaneers und er sind bislang einfach ein perfektes Match.

Archiv der NFL-Legendenserie: Die besten Spieler aller Zeiten.

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