NBA

Landrys Zähne im Ellenbogen

Von Philipp Dornhegge
Schon früh im Spiel schied Dirk Nowitzki verletzt aus. Der Superstar wurde schmerzlich vermisst
© Getty

In einem extrem facettenreichen Texas-Derby behielten die Houston Rockets mit 116:108 nach Verlängerung die Oberhand bei den Dallas Mavericks. Dirk Nowitzki verletzte sich am Arm.

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Wow, was für ein Spiel! Das 108:116 nach Verlängerung der Mavericks gegen die Rockets war derart abwechslungsreich, dass es Diskussionsstoff und Subplots für eine ganze NBA-Woche bot.

Trauriger Höhepunkt des Texas-Derby war die skurrile Verletzung von Dirk Nowitzki, der früh im zweiten Viertel zum Korb zog und mit Houstons sechstem Mann Carl Landry zusammenstieß.

Dabei schlug der Mavs-Superstar dem 26-Jährigen drei Zähne aus, die Nowitzki anschließend in einer halbstündigen OP aus dem Ellenbogen entfernt werden mussten.

Röntgenaufnahmen lassen Mavs-Fans aufatmen

Landry wurde umgehend in eine Zahnklinik gebracht, um den Schaden möglichst schnell zu reparieren. Die Wunde an Nowitzkis Arm musste mit drei Stichen genäht werden, Röntgenaufnahmen brachten immerhin noch vor Spielende die Gewissheit, dass nichts Schlimmeres passiert war.

Dennoch konnte Nowitzki nicht mehr ins Geschehen eingreifen. Und das ausgerechnet so kurz vor Weihnachten, in einem Heimspiel, bei dem seine Eltern zu Gast im American Airlines Center waren.

Dass das Team seinen Anführer schmerzlich vermisste, muss nicht extra erwähnt werden. Sein Fehlen war wohl der Schlüssel, warum den Mavs in der Overtime die Puste ausging - und die Nerven zeitweise blank lagen.

Barea gibt das Tempo vor

Dabei hatte alles so gut angefangen: J.J. Barea, der immer mehr zum Schnellstarter wird, kam auch gegen Houston am besten aus den Startblöcken und gab dem pfeilschnellen Rockets-Point-Guard Aaron Brooks (25 Punkte) gleich in den ersten Minuten etwas von seiner eigenen Medizin.

Erst ein unwiderstehlicher Zug zum Korb, dann der Dreier aus dem Pick-and-Roll heraus und ein klassisches Dreipunktspiel: Für die Mavs lief es anfangs deutlich besser als für den Gegner.

Früher als zuletzt musste Houstons Coach Rick Adelman auf Comebacker Tracy McGrady (2) zurückgreifen. T-Mac. Dessen zweite Amtshandlung: Ein Block gegen Nowitzki beim Jumper - das sieht man auch nicht so oft.

Überhaupt wirkte der ehemalige Topscorer der Liga schon deutlich beweglicher als in seinen ersten beiden Spielen gegen Detroit und Denver - auch wenn er wieder nur für sieben Minuten ran durfte.

Lowry macht das Spiel seines Lebens

Trotzdem hielt Dallas seinen texanischen Rivalen im ersten Viertel auf Abstand und ging mit einer 24:19-Führung in die erste Pause. Dabei soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass beide Teams gemeinsam zehn Turnovers verbuchten und einige gute Chancen in Korbnähe liegen ließen.

Im zweiten Viertel, unmittelbar nach dem Aus Nowitzkis, wendete sich das Blatt: Dallas befand sich in einer Schockstarre, ohne den Go-to-Guy wirkte das Spiel der Mavericks planlos und ungeordnet.

Houston dagegen zeigte, was es in diesem Jahr so stark macht. Das Team lässt sich von nichts aus der Bahn werfen und hat mit Kyle Lowry einer der besten Spielmacher-Backups, die man sich wünschen kann.

Während Brooks permanent Probleme mit Barea hatte, drehte Lowry den Spieß um und spielte den Puertoricaner schwindlig. Mit 26 Punkten, 10 Assists und 5 Steals machte Lowry das beste Spiel seiner Karriere. "Hoffentlich ist mit Carl alles in Ordnung. Wir brauchen ihn, denn er ist unser wichtigster Bankspieler", dachte der nach Spielende aber nur an den verletzten Teamkollegen.

Terry und Gooden enttäuschen

Zur Halbzeit befand sich Dallas plötzlich mit 41:49 im Hintertreffen, konnte sich angesichts erschreckender Feld- und Freiwurfquoten (31,9 und 61,5 Prozent) aber beinahe glücklich schätzen, dass es nicht noch schlimmer aussah.

Insbesondere die Bankspieler Drew Gooden und Jason Terry fanden in Hälfte eins praktisch nicht statt (gemeinsam 1 von 11 aus dem Feld in Hälfte eins, 7 von 20 insgesamt). Erst in der Pause erfuhren die Mavs, wie es um Nowitzki stand.

Die Tatsache, dass es ihm gut ging, schien das Team zu beflügeln. Jason Kidd übernahm die Rolle des Leaders vorbildlich, und erneut spielte Barea Brooks Knoten in die Beine, sodass Dallas den Rückstand Stück für Stück abknabberte.

Kurz vor Viertelende nahm Coach Rick Carlisle Kidd vom Feld, um ihn für den letzten Abschnitt zu schonen. Doch das sollte sich sofort rächen: Houston startete einen kleinen Lauf und mit Ablauf der Uhr war der alte Acht-Punkte-Abstand wieder hergestellt.

Mavericks - Rockets: Highlights des Spiels im Video bei ESPN

Mavs lassen ihrem Frust freien Lauf

Langsam machte sich Frust bei den Dallas-Spielern breit, dass es einfach nicht klappen wollte mit der Aufholjagd. Erst ließ sich Kidd auf ein überflüssiges Scharmützel mit dem starken Australier David Andersen (16 Punkte) ein, das ihm und Carlisle je ein technisches Foul einbrachte.

"Immerhin haben wir gekämpft", war Shawn Marion nach dem Spiel zuversichtlich für die kommenden Spiele. "Es war jede Menge los, ein hitziges Spiel. Wir hätten genauso gut gewinnen können."

Nach dieser Szene holten sich auch Josh Howard und Erick Dampier Verwarnungen ab, als sie einige Schiedsrichterentscheidungen etwas zu heftig kritisierten. Doch eins sei an dieser Stelle gesagt: Die Unparteiischen machten an diesem Abend einen absoluten Weltklasse-Job.

Bei all dem Feuer und den umstrittenen Szenen des Spiels waren es Ken Mauer, John Goble und Brian Forte, die permanent den Überblick behielten und alles richtig machten.

Schiedsrichter die Stars des Spiels

Sensationelle fünf Mal mussten sie sich unübersichtliche Szenen auf dem Videomonitor anschauen, jedes Mal trafen sie mit Bedacht ihre Entscheidungen und lagen stets richtig.

So auch in der Overtime: Nachdem die Rockets ihrem Gegner mit reihenweise unnötigen Fouls und Turnovers zum Comeback verholfen hatten und in der regulären Spielzeit die Partie fast noch vergeigt hätten, kam es in der Verlängerung zur nächsten Reiberei.

Diesmal waren Brooks und Mavs-Center Erick Dampier beteiligt, der beim Korbleger unsportlich gefoult wurde. Die Schiedsrichter gaben das Flagrant Foul, hatten aber sehr richtig erkannt, dass Dampier anschließend den Ellenbogen gegen Brooks ausfuhr. Konsequenz: Das zweite technische Foul und damit die Disqualifikation.

Das wiederum regte Carlisle dermaßen auf, dass auch der Coach sich sein zweites technisches Foul abholte und ebenfalls die Arena verlassen musste.

Cuban kündigt Einspruch an

Teambesitzer Mark Cuban kündigte bereits an, dass man gegen die Wertung des Spiels aufgrund "diverser falscher Regelauslegungen" vorgehen wolle.

Erstens hatte er im vierten Viertel ein Clear-Path-Foul, das gegen Jason Terry gepfiffen wurde, anders gesehen. Zweitens hatten die Mavs kurz vor Ende der regulären Spielzeit die Chance zum Sieg, bei eigenem Einwurf waren aber nur 0,4 Sekunden auf der Uhr statt 1,0.

Drittens sind Flagrant Fouls eigentlich nicht für einen Videobeweis zulässig, trotzdem nutzten die Schiedsrichter das Hilfsmittel in der Overtime. Dabei hatten die Schiedsrichter ursprünglich gar kein Flagrant Foul gepfiffen. Cuban wird sich darauf gefasst machen müssen, dass sein Einspruch scheitert.

Mit den daraus resultierenden Freiwürfen baute Houston die ohenhin schon erspielte leichte Führung aus und gewann das Spiel. Es war der 15. Sieg im 26. Spiel, eine Bilanz, die den Rockets vor der Saison kaum jemand zugetraut hatte.

Nowitzki für Spiel gegen Cavs fraglich

"Normalerweise gewinnen solche Spiele die Teams, die das Momentum auf ihrer Seite haben", freute sich Brooks über den Erfolg. "Aber wir haben uns nach dem schlechten vierten Viertel wieder zusammengerauft und in der Overtime zurückgeschlagen."

Es war in der Tat ein toller Sieg für uns", pflichtete Coach Rick Adelman bei. "Wir hatten zwischendurch Probleme, aber die Verlängerung war sehr gut, insofern ist alles bestens."

Für Dallas auf der anderen Seite ging eine Serie von fünf Siegen in Folge zu Ende. Die Mavs kassierten die achte Saisonniederlage. Schon am Sonntag haben sie jedoch die Chance, sich zu rehabilitieren: Dann sind LeBron James und die Cleveland Cavaliers zu Besuch.

Ob Nowitzki dann schon wieder mitwirken kann, ist derzeit noch offen. Zwar sagte Terry nach dem Spiel, dass sein Kumpel, so wie er ihn kenne, eher früher als später wieder auf dem Platz stünde, doch den Sonntag anzupeilen, scheint vielleicht etwas zu optimistisch.

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