NBA

Jerebko: "Dirk Nowitzki hat mir den Weg gezeigt"

Von Interview: Haruka Gruber
Jonas Jerebko (l.) wechselte 2009 aus Italien (Angelico Biella) in die NBA
© Getty

Kommender NBA-Star, Hauptdarsteller eines Kult-Videos und heimlicher Zwilling von Dolph Lundgren: Detroits Jonas Jerebko erlebte letztes Jahr eine traumhafte Rookie-Saison. Obwohl erst an Platz 39 gedraftet, ist der 23-jährige Forward bereits der Hoffnungsträger der kriselnden Pistons, außerdem setzte er sich als erster Schwede überhaupt in der NBA durch. Wären nur nicht die vielen Niederlagen gewesen. Jerebeko über Dirk Nowitzki, Köttbullar und das Rezept gegen die übermächtigen Miami Heat.

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SPOX: Dirk Nowitzki bereist in der Sommerpause die Welt - aber was erlebt ein kommender NBA-Star aus Schweden in der Offseason?

Jonas Jerebko: Mit abenteuerlichen Reisen kann ich leider nicht dienen. Ich war diesen Sommer ganz gemütlich in Schweden und habe ganz normale Dinge gemacht. Fischen gehen, sich mit Freunden treffen, Kinos besuchen und massig Köttbullar essen.

SPOX: Die Hackfleischbällchen, die man aus einer schwedischen Möbelhaus-Kette kennt?

Jerebko: Genau - wobei Ihr in Deutschland und auch die Leute in Detroit wahrscheinlich nicht wissen, wie gut sie in Schweden schmecken. (lacht) Wegen solchen Dingen genieße ich es, die freien Tage in gewohnter Umgebung zu verbringen.

SPOX: Ein Nachteil an Schweden: Als Weltklasse-Basketballer sind Sie ein Exot und können nicht wirklich trainieren.

Jerebko: Das ist in der Tat ein Problem. Während sich in den USA in fast jeder Großstadt wie Los Angeles oder Las Vegas die dort ansässigen NBA-Spieler zu Workouts verabreden, kann ich nur sehr begrenzt an meinem Spiel feilen, weil in Schweden die Breite fehlt. Daher habe ich es so arrangiert, dass ich in den Wochen in der Heimat einige Länderspiele bestreite und sonst komplett runterfahre, um dann früher als die anderen nach Detroit zurückzufliegen und die Preseason etwas vorzuziehen.

SPOX: Sie hätten ja auch mit Nowitzki trainieren können. Seine angeblich neue Freundin ist Schwedin und beide verbrachten den Sommerurlaub in Stockholm.

Jerebko: Das wusste ich gar nicht. (lacht) Aber danke für den Tipp, vielleicht kann mir Dirk nächsten Sommer zeigen, wie er einen solch fantastischen Sprungwurf hinbekommt.

SPOX: Sie sind beide weiß, stammen aus Europa und spielen eine ähnliche Position. Ist Nowitzki demnach Ihr Vorbild?

Jerebko: Wir unterscheiden uns vom Spielstil, mein Basketball ist mehr eine Mischung aus Tayshaun Prince und Andrei Kirilenko. Eine Prise Nowitzki würde jedoch nicht schaden. Ich habe in meinem Leben tausende von Würfen genommen, immer mit dem Ziel, dass der Wurf irgendwann so überragend fällt wie der von Dirk. Für jeden jungen Basketballer in Europa ist Dirk ein Idol. Er hat bewiesen, dass man es auch als großer Europäer zum NBA-Star schaffen kann - und zum Beispiel mir so den Weg aufgezeigt. Ich habe zu ihm aufgeblickt.

SPOX: Die Kehrseite der Popularität: Nowitzki kann sich privat kaum entfalten.

Jerebko: Wenn man ein solch großer Superstar ist, fällt es einem sicherlich schwer. Ich habe noch Glück, denn Basketball ist in Schweden nach wie vor eine Randsportart, auch wenn seit letztem Jahr die Aufmerksamkeit deutlich zugenommen hat. Aber ich kann nach wie vor problemlos einkaufen gehen. Die paar Autogramme stören mich nicht.

Der Untergang von Utopia: Warum Detroit so enttäuscht hat

SPOX: In Detroit haben Sie sich immerhin zum größten Publikumliebling entwickelt. Sind Sie überrascht?

Jerebeko: Einerseits ja, wenn ich überlege, dass ich erst seit einem Jahr in der NBA spiele. Andererseits ist es wohl der Lohn der Arbeit, die ich abliefere. Ich spiele immer hart, immer mit hundert Prozent - und diese Energie überträgt sich auf das Publikum.

SPOX: Kennen Sie denn das Kult-Video über Sie von zwei offenbar etwas verliebten Pistons-Fans im Teenager-Alter, das im Internet zu finden ist?

Jerebko: Meine Familie in Schweden hat den Clip im Internet gesehen und ihn mir gezeigt. Es war ein Riesenspaß und wir haben uns köstlich amüsiert. Ich kann mich bei beiden nur für diese Arbeit bedanken, so etwas bedeutet mir sehr viel.

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SPOX: Mögen die beiden Mädchen eher Ihre Art des Basketballs oder doch mehr Ihr Dolph-Lundgren-Aussehen? Sie gelten als Frauen-Schwarm.

Jerebko: Erstens: Das mit Dolph Lundgren habe ich schon Millionen Mal gehört und zig verschiedene "Bei der Geburt getrennt"-Collagen zugemailt bekommen. Aber damit kann man mich nicht ärgern, ich finde ihn sogar ganz cool. Den vierten Teil von "Rocky" mit ihm habe ich bereits mehrfach gesehen. Und zweitens: Ich hoffe, die Mädels mögen beides an mir. (lacht)

SPOX: Der Eindruck täuscht nicht, dass Sie sich in Detroit sehr wohl fühlen, obwohl die Stadt langsam stirbt?

Jerebko: Die gesamte Welt hat eine falsche Sicht auf Detroit. Natürlich, nachts würde ich auch nicht in Detroit City spazieren gehen, ansonsten gibt es aber viele Klischees, die einfach nicht stimmen. Es gibt nicht an jeder Ecke Bruchbuden oder brennende Mülltonnen, um die sich Gangs versammeln. Einige Viertel am Stadtrand sind beispielsweise malerisch schön, mit vielen Grünanlagen. Detroit ist nicht so, wie alle denken.

SPOX: Hat es bei der Eingewöhnung auch geholfen, dass das NHL-Team Detroit Red Wings mit den Superstars Henrik Zetterberg und Nicklas Lidström sehr schwedisch geprägt sind?

Jerebko: Definitiv, wir Schweden halten überall zusammen. Manchmal werde ich von ihnen zu den Heimspielen eingeladen, manchmal besuchen sie mich im Palace und wir gehen abends zusammen essen.

SPOX: NBA-Shootingstar, Fan-Favorit, auf Augenhöhe mit schwedischen Eishockey-Legenden: Was kann in Ihrem Leben überhaupt besser werden?

Jerebko: Es stimmt, dass es für mich persönlich sehr gut läuft. Aber das alles bringt mir überhaupt nichts, wenn uns nächste Saison wieder nur 27 Siege gelingen. Kein Dunk oder Rebound kann das unbefriedigende Gefühl verdrängen, wenn man nach einer Niederlage in der Kabine sitzt.

SPOX: Die Aussichten sind jedoch trübe. Detroit wird vom verletzungsanfälligen Tracy MacGrady abgesehen wohl keinen namhaften Spieler verpflichten.

Jerebko: Genau das ist doch unsere größte Stärke. Letztes Jahr gab es viele Unruhen, weil sich so viele verletzt haben und generell alles neu war. Wir hatten neue Spieler, ein neues Coachingteam und neue Spielsysteme. Aber jetzt haben wir uns richtig kennen gelernt, von daher ist es genau die richtige Entscheidung, den Kern der Mannschaft beizubehalten und auf den Faktor "Team" zu setzen. Vor allem bin ich darüber glücklich, dass Rip Hamilton und Prince trotz aller Gerüchte behalten wurden. Sie werden es den Kritikern zeigen und eine starke Saison spielen, davon bin ich überzeugt.

SPOX: Reicht das jedoch, um übermächtig erscheinende Klubs wie die Miami Heat zu gefährden?

Jerebeko: Jeder spricht über die großen Drei mit LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh - aber wer weiß denn, wie sie als Mannschaft funktionieren? Es wird spannend zu verfolgen sein, wie schnell sie sich finden und wie sie mit dem Druck klarkommen. Wir hingegen sind bereits eingespielt - und von uns erwartet keiner etwas, weil es letzte Saison so schlecht lief. Dennoch sage ich voraus: Detroit wird die gesamte Liga überraschen!

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