NBA

Magic Johnson in Celtic-Grün

Von Philipp Dornhegge
Selbst Superman Dwight Howard kann nur staunen, wenn Bostons Rajon Rondo zum Korb schwebt
© Getty

Im Windschatten der Celtics-Stars hat sich Rajon Rondo zu einem erstklassigen Point Guard entwickelt. In den Playoffs ist der 23-Jährige plötzlich selbst der Lichtblick.

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Schauplatz TD Banknorth Garden in Boston, NBA-Playoffs 2009: Drei Minuten waren noch zu spielen im dritten Viertel der zweiten Partie gegen Orlando. Boston hatte den Ball, als Eddie House an der Freiwurflinie den freistehenden Rajon Rondo entdeckte.

House passte, Rondo nahm an und machte zwei lange Schritte. Mit Schwung sprang der 1,83-Mann ab und dunkte die Kugel mit voller Wucht an Dwight Howard und Rashard Lewis vorbei in den Korb.

Er war das vorläufige Ausrufezeichen hinter bislang formidable Playoffs von Rondo. Die Halle tobte, das Spiel war ohnehin schon gelaufen, die Rajon-Rondo-Show dagegen geht weiter.

21. Pick im NBA-Draft 2006

Mit 17,4 Punkten, 10 Rebounds, 9,8 Assists und 2,5 Steals ist der 23-Jährige einer der besten Spieler der Playoffs. Zahlen, bei denen einem Magic Johnson warm ums Herz werden dürfte.

Dabei war Rondo zu Beginn seiner Karriere die vermeintliche Schwachstelle der Celtics.

An Position 21 von der University of Kentucky gedraftet, deutete der gebürtig aus Louisville stammende Rondo sein Talent schon in der Preseason 2006 an, vor allem in der Defensive sah man schon in der Anfangszeit sein Talent.

In seinem ersten Jahr konnte er sich in aller Ruhe entwickeln, Boston spielte 2007 im Kampf um den Titel keine Rolle und wurde kaum beachtet. So schaffte Rondo klammheimlich den Sprung ins All-Rookie-Second-Team.

Coming-out in den Playoffs 2008

Doch in der darauffolgenden Saison, nachdem General Manager Danny Ainge mit Kevin Garnett und Ray Allen zwei Superstars verpflichtet hatte, die die Celtics gemeinsam mit Franchise-Player Paul Pierce ins gelobte Land führen sollten, kamen erste Zweifel auf, ob der junge Point Guard in der Lage sein würde, Bostons Spiel an der Seite von drei schillernden Persönlichkeiten zu lenken.

Rondo wurde trotzdem Starter, machte einen guten Job und erreichte mit den Celtics die beste Bilanz der Liga. Vor den Playoffs kamen dann erneut Diskussionen auf: Spätestens die Topteams aus Detroit, Cleveland oder Los Angeles würden die Schwachstelle erkennen und sie gnadenlos ausnutzen.

Es stellte sich jedoch heraus: Es gab keine Schwachstelle. Rondo machte einen nahezu fehlerfreien Job, strich im Schnitt rund 10 Punkte, 7 Assists und 4 Rebounds ein und hatte großen Anteil daran, dass die Celtics ihre 17. Meisterschaft gewinnen konnten.

Triple-Double im Schnitt ist möglich

In diesem Jahr verbesserte er sich erneut, in der Postseason gelang ihm der absolute Durchbruch.

Rondo ist schnell, ballsicher und abgeklärt. Er trifft die richtigen Entscheidungen, macht nichts, was er nicht kann und hat sich zur Triple-Double-Maschine entwickelt. Drei Stück sind es bisher, selbst ein Triple-Double im Schnitt ist möglich. In einer Playoff-Serie ist dieses Kunststück bisher zehnmal in der Geschichte der Liga vorgekommen, über die gesamten Playoffs hat das nur Jason Kidd 2007 geschafft, als die Nets in der zweiten Runde ausschieden.

Von einem Aufbauspieler erster Güte würde man vielleicht erwarten, dass er zweistellige Assistzahlen vorweisen kann. Aber wie kann man 18 Punkte im Schnitt haben mit einem Mitteldistanzwurf, der zeitweise genauso wackelt wie Shaquille O'Neals Freiwurf?

"Rajon ist unfassbar schnell, das macht ihn so unberechenbar", erklärt Coach Doc Rivers das Geheimnis. "Wenn er sich auf seine Geschwindigkeit verlässt, dann passieren gute Dinge für uns. Einen Rondo in Angriffslaune können unsere Gegner nicht aufhalten."

Rondo der beste Celtic der Saison

Und wieso gelingen einem 1,80-Meter-Bubi 10 Boards, mit denen er in der Top Ten der Rebound-Statistik liegt? "Er ist sehr athletisch und hat ein ungeheures Näschen dafür, wo der Ball hinfällt", sagt TV-Experte und Ex-Chicago-Bulls-Coach Doug Collins. "Mit seiner Antizipation macht Rondo fehlende Größe mehr als wett."

Die Liga begreift langsam, was für ein Juwel in Boston herangereift ist. Rondo ist in diesem Jahr der konstanteste Celtic, viele hatten ihm eine Nominierung für das All-Star-Team eher gegönnt als Pierce und Allen. Dafür wurden Rondos Leistungen unlängst mit einer Berufung ins All-Defensive-Second-Team und einer Einladung ins Sommer-Camp der US-Nationalmannschaft belohnt.

Zunächst hat er mit den Celtics aber noch einen Job zu erledigen. Ohne Kevin Garnett, ohne Leon Powe und mit zwei Stars in Pierce und Allen, die bisher sehr wechselhafte Leistungen gezeigt haben, hat Boston alle Chancen auf das erneute Erreichen des Conference Finals. In der Nacht auf Montag empfängt Boston die Orlando Magic zum entscheidenden siebten Spiel.

Und selbst wenn es gegen Orlando oder im Ost-Finale gegen LeBron James und die Cleveland Cavaliers das Aus folgen sollte: Dieses Jahr wird niemand behaupten, dass Rondo der Schwachpunkt des Teams war.

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