Im Interview mit SPOX spricht der 68-Jährige, der mit Boston zwischen 1963 und 1976 achtmal Meister wurde, über die Aussichten der Celtics in der am 28. Oktober startenden Saison, Kevin Garnetts Vorbildfunktion und den Geist des verstorbenen Red Auerbach.
SPOX: Nach Bostons Titelgewinn war von der Rückkehr des "Celtics Pride" die Rede. Was genau ist denn der Kelten-Stolz?
John Havlicek: Es gibt viele Facetten des "Celtics Pride". Einerseits ging es darum, dass das Team mit dem Finalsieg ganz Boston elektrisiert hat. Jeder war glücklich, so einen Erfolg nach über 20 Jahren wieder erleben zu dürfen. Jeder war stolz auf diese Mannschaft, die schneller als erwartet so erfolgreich war.
SPOX: Und andererseits?
Havlicek: Andererseits sind die Celtics ein Klub, der einer gewissen Tradition verpflichtet ist. Es gehört zum "Celtics Pride", das jede Celtics-Mannschaft als Team auftritt, uneigennützig ist, alles dem Erfolg unterordnet. Und diese Eigenschaften wurden letztes Jahr beispielhaft vorgelebt.
SPOX: Es klingt, als ob Sie mächtig stolz sind auf die aktuelle Celtics-Generation.
Havlicek: Auf jeden Fall. Die Mannschaft ist als Underdog in die Saison gegangen und hat am Ende jeden Skeptiker überzeugt. Keiner hat erwartet, dass sich die Mannschaft so schnell findet und so erfolgreich sein wird. Aber die Spieler haben an einem Strang gezogen und das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verloren. Ich bin sehr stolz, Teil der Celtics zu sein.
SPOX: Seit sechs Jahren gelingt es keinem Meister mehr, den Titel verteidigen. Schaffen das die Celtics?
Havlicek: Es wird sehr schwer. Wenn man sich in der Liga umschaut, haben objektiv gesehen die Lakers den besten Kader. Der wieder genesene Andrew Bynum könnte sich als das fehlende Puzzlestück erweisen. Und Boston wird diese Saison natürlich ganz anders wahrgenommen. Jeder Gegner ist besonders motiviert, den Meister zu schlagen.
SPOX: Die Phrase stimmt also, dass die Titelverteidigung schwerer ist als der erste Titelgewinn?
Havlicek: Ja - und ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich habe in 16 Jahren als NBA-Profi 8 NBA-Meisterschaften gewonnen und dabei hautnah erfahren, welcher Druck auf einen lastet. Um einen großartigen Erfolg zu wiederholen, erfordert es ein Höchstmaß an Konzentration und Fokussierung auf das Wesentliche. Boston steht vor einem Drahtseilakt.
SPOX: Droht die Gefahr, dass sich Kevin Garnett nach seinem ersehnten Titelgewinn etwas zurücklehnt - und eben nicht mehr das Höchstmaß an Konzentration und Fokussierung aufbringt?
Havlicek: Definitiv nicht. Wer Kevin kennt, weiß, dass er umso motivierter in die Saison reingehen wird. Wie bereits erwähnt: Es ist leicht, eine Meisterschaft zu gewinnen. Aber die zweite Meisterschaft ist immer schwieriger. Und auf solche Herausforderungen steht ein Kevin Garnett. Er ist ein Vorbild.
SPOX: Kein Vorbild, sondern vielmehr ein Problemfall war die Karriere über Darius Miles, den die Celtics überraschend unter Vertrag nahmen, bevor sie ihn schlussendlich doch entließen. Die richtige Entscheidung?
Havlicek: Ich kenne Miles nicht persönlich. Aber ich wäre mir sicher gewesen, dass sich auch ein angeblicher Problemfall in Boston ins Kollektiv eingegliedert hätte. Denn wenn man zu den Celtics kommt, atmet man automatisch den Geist des Klubs ein.
SPOX: Klingt reichlich spirituell.
Havlicek: Aber das erklärt die Faszination, die die Celtics ausüben. Zum Beispiel Red Auerbach...
SPOX: ... die vor zwei Jahren verstorbene Trainer-Legende...
Havlicek: ... weilt auf einer gewissen Weise noch immer unter uns. Er war der Architekt und die Seele der Celtics-Dynastie. Er führte Boston dahin, wo es hingehört. Und die Präsenz von einer solch herausragenden Person ist nach wie vor zu spüren. Das macht die Boston Celtics aus.
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