"Natürlich geht es ohne Ecclestone"

Von Dietmar Lüer
Bernie Ecclestone ist weiterhin der starke Mann in der Formel 1
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Nico Rosberg: Ewiger Zweiter? Fehlt ihm das fahrerische Können oder hat er einfach nicht den Killerinstinkt, um Weltmeister zu werden - immerhin sitzt er im mit Abstand schnellsten Auto.

robson2951989: Rosbergs fehlende Klasse, Fahrer xy (Ricciardo, Vettel, Kimi, Bottas, Hülkenberg, Alonso, hab ich wen vergessen?) würde es ja so viel besser machen ... darf man leider alles immer wieder hören oder lesen. Gegen einen Hamilton in Topform hätte so ziemlich jeder Fahrer im Feld seine Probleme, Hamilton ist auf diesem Niveau, wenn es um die WM geht, einfach deutlich erfahrener und abgebrühter als Rosberg, der bis zum letzten Jahr höchstens im vorderen Mittelfeld rumkurven konnte, weil er nie passendes Material hatte.

Hamilton und seinen Fähigkeiten kommt dieser "Krieg der Sterne" eher entgegen, Rosberg konnte sich immer recht gut durchs Feld manövrieren (nicht überholen, sondern "aus allem raushalten"), Punkte sammeln, hier und da mal ein Highlight setzen, vielleicht vergleichbar mit Button. Wenn beide Teamkollegen aber ein dermaßen überlegenes Auto haben, kommt das nicht wirklich zum Tragen. Strategie und Setup wären für ihn Möglichkeiten, etwas auszurichten - wenn nicht alle Daten für den jeweiligen Teamkollegen offen liegen würden. Dazu gibt es klare Vorgaben über Pitstops, Verbot von Undercuts, es ist sogar festgelegt, wer in der Quali den letzten "Schuss" bekommt (aus Mercedes-Sicht alles verständlich!). Im Duell Mann gegen Mann muss für Rosberg alles, wirklich alles passen gegen Hamilton, sonst wird er eben Zweiter. Damit ist er aber nicht allein. Ich sehe ihn nach wie vor als Fahrer der "erweiterten Spitze".

HIP: Hamilton ist zur Zeit DER Fahrer, den es zu schlagen gilt und das gilt auch oder sogar vor allem für Rosberg. Der Brite will gewinnen und das um jeden Preis, dazu ist ihm kein Manöver zu schade, auf der Strecke, wie auch verbal. Er meckert, stänkert und nimmt keinerlei Rücksicht auf sein Umfeld. Dies gepaart mit seinem unglaublichen Talent macht ihn zu dem Fahrer, der augenscheinlich das beste Gesamtpaket hat, um Weltmeister 2015 zu werden und somit auch zu bleiben.

Rosberg fehlt definitiv diese Skrupellosigkeit und diese Rücksichtslosigkeit, um dauerhaft Siege einzufahren. Dies ist nur möglich - wie Robson schon erwähnte - wenn alles passt oder Hamilton einen Fehler macht. Da liegt auch das Dilemma des Deutschen: Er sitzt zwar im schnellsten Auto, fährt jedoch gegen den aktuell schnellsten Fahrer, der auch gleichzeitig sein Teamkollege ist, dadurch kann er eigentlich nur verlieren - wenn wir bei Platz zwei überhaupt von verlieren sprechen können. Rosberg wirkt nicht immer so fokussiert wie sein Kontrahent, ist augenscheinlich schnell genervt und unkonzentriert, wenn es nicht so läuft wie er möchte. Solange Hamilton auf diesem Niveau fährt, wird er auch den Nimbus des ewigen Zweiten behalten, wie jeder andere Fahrer im Feld, der mit dem Mann von der Insel in einem Team fahren würde. Vettel wäre wohl der Einzige, der ihm das Wasser auf Augenhöhe reichen könnte.

Turbulence: Rosberg als ewigen Zweiten zu bezeichnen, ist für mich unangemessen. Um sich ein Bild von seiner Leistung zu machen, muss man schon weiter zurückblicken, als es die meisten Leute bei ihren voreiligen Beurteilungen tun. Als Beispiel führe ich einmal die Saison 2013 an: Rosberg holte 171 Punkte und schied dreimal aus, während Hamilton nur einmal ausfiel und nur 18 Punkte mehr holte. Während Rosbergs Ausfällen holte er insgesamt 50 Punkte, Rosberg holte bei Hamiltons Ausfall in Japan vier Punkte. Auch wenn man dadurch nicht pauschal sagen kann, dass Rosberg dadurch punktemäßig weit vor Hamilton hätte landen können, so kann man doch sehen, dass er mindestens auf dem gleichen Niveau wie Hamilton war, wenn nicht sogar noch ein bisschen besser.

2014 war für ihn dann eine ganz neue Situation. Da wäre einmal das Auto, das zum ersten Mal in seiner Karriere sieg- und WM-fähig ist, und dadurch dann auch zweitens der Kampf um die WM. Hamilton hat diese Situation schon mehrmals erlebt. Insgesamt hatte er bis dahin schon dreimal bis zum letzten Rennen noch die Chance, Weltmeister zu werden (2007, 2008 und 2010). Diese Erfahrung nutzte er optimal, er machte kaum Fehler und war beinahe unschlagbar. Rosberg konnte ihn nur in den Qualifyings regelmäßig schlagen. Hätte Rosberg auch dieses Jahr die letztjährige Qualifying-Performance, ich könnte wetten, er hätte schon mehr Rennen gewonnen. Das Qualifying entscheidet bei Mercedes über alles, und auch wenn immer behauptet wird, dass frei gefahren werden darf, das ist bei weitem nicht so. Ob Rosberg bei freier Fahrt an Hamilton vorbei kommen würde, steht auf einem anderen Blatt. Die Pace hat er auf jeden Fall. Und selbst wenn Hamilton die WM dieses Jahr wieder souverän gewinnt, einen Fahrer mit Rosbergs Klasse darf man niemals als ewige Nummer zwei abwinken.

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