Wilde Horden, dufte Stimmung

Von Alexander Mey
Wie Deutschland holten auch die Briten nichts am 1. Tag - gute Laune hat man trotzdem
© Getty

Der Olympia-Start der Deutschen war gar nichts. Das muss auch SPOX-Redakteur Alexander Mey im direkten Vergleich mit Usbekistan eingestehen. Also sucht er anderen Grund zur Freude - und wird fündig.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Tag 1 der Olympischen Spiele ist vorbei. Und machen wir uns nichts vor: Sportlich war er aus deutscher Sicht der ultimative Reinfall. Drei realistische Medaillenchancen, dreimal Griff ins Klo. Wobei ich Radsprinter Andre Greipel nichts das Geringste vorwerfen will.

Er war beim Straßenrennen im Sprint des Hauptfeldes mit allen Favoriten der Schnellste, dumm nur, dass eben dieses Hauptfeld mit allen Favoriten eine große Gruppe erst hat wegfahren lassen, um sich dann vergeblich zu mühen, sie wieder einzuholen. Da brachten selbst die britischen Tour-Helden Bradley Wiggins und Chris Froome nichts mehr.

Horror: Ein Schwimmabend ohne deutsche Beteiligung

Aber über das Debakel im Schwimmen kann man nicht einfach den Mantel des Schweigens legen, auch wenn man es gerne tun würde. Ich war bei den Finals in der Halle - ließ sich wegen reservierter Tickets nicht vermeiden.

Die Stimmung war an sich sehr gut, aber als Deutscher ertappt man sich schon dabei, die 400 m Freistil der Männer und die 4 x 100 m Freistil-Staffel der Frauen ziemlich unbeteiligt über sich ergehen zu lassen, wenn Paul Biedermann und die Mädels um Britta Steffen fehlen, weil sie im Vorlauf zu schlecht waren.

Und überhaupt: Ein Schwimmabend mit acht Rennen ohne einen einzigen deutschen Namen auf der Starterliste? Soll das die neue deutsche Schwimmherrlichkeit sein?

Im Medaillenspiegel hinter Usbekistan

Im Medaillenspiegel liegen wir jetzt hinter Usbekistan. Ich weiß, dass dieser Vergleich nach nur einem Tag mit zwölf Entscheidungen unfair ist, aber ich kann ihn mir trotzdem nicht verkneifen.

Die Pressekonferenz im Deutschen Haus am Sonntag ist übrigens abgesagt. Der Grund: Offiziell heißt sie "Pressekonferenz mit den Medaillengewinnern des Vortags". Merken Sie was?

Olympia und London: Das passt perfekt

Nun aber Schluss damit, schließlich bin ich am Ende des Tages doch auch Fan und gehe fest davon aus, dass die folgenden 15 Olympiatage besser werden.

Reden wir also über etwas sehr Erfreuliches - die Stimmung. Schon als ich aus dem Flieger ausgestiegen bin und von einer Horde Volunteers mit einem strahlenden Lächeln und mindestens zwei Zentnern Hilfsbereitschaft empfangen wurde, hatte ich den Verdacht, dass das was werden kann mit Olympia in London. Die tolle Eröffnungsfeier hat den Verdacht erhärtet.

Nun lege ich mich fest: Olympia und London passen perfekt zusammen. Nach allem, was ich bisher gesehen habe, haben die Veranstalter mit ihrer Aussage, es seien 95 Prozent aller Tickets verkauft, nicht gelogen.

Längste Schlange seit Veröffentlichung des iPads

Ich war morgens um 9 Uhr beim Schießen (noch so eine vage Medaillenhoffnung - Ausgang bekannt). Das Areal liegt irgendwo im hintersten Winkel von London. Über eine Stunde Fahrt. Und trotzdem war die Qualifikations-Halle brechend voll und vor der Final-Halle (ja, das ist ein Unterschied) stand die längste Schlange seit der Veröffentlichung des letzten iPads.

Das gleiche Bild im Beachvolleyball-Stadion. Das Ambiente auf der Horse Guards Parade mitten im historischen und königlichen Kern Londons ist ohnehin schon überragend. Dazu aber noch vormittags fast volle Ränge mit ausgesprochen gut gelaunten Fans und Laola am laufenden Band - das macht die Sache auch für gestandene Profis wie Julius Brink und Jonas Reckermann (Medaillenhoffnungen - aber lassen wir das jetzt) zu einem Highlight ihrer Karriere.

Volunteers: Herzlich, aber manchmal planlos

Abends in der Schwimmhalle das gleiche Bild. Fast volle Ränge, tolle Stimmung - und auch wieder diese Horden von Volunteers. Die haben bei aller Begeisterung ein einziges Manko: Manchmal sind sie ziemlich planlos.

Da schickt dich der eine zum anderen, weil er selbst den Weg zum Presseeingang nicht weiß. Der andere schickt dich wieder zurück. Ein Dritter lässt dich - aus Versehen natürlich - erstmal schön im Kreis herum laufen.

Das ist manchmal nervig, aber man kann es auch so sehen: Man läuft sehr viel und treibt dadurch selbst ein bisschen Sport. Das ist bei dem ständigen Zuschauer-Dasein mal ein sehr angenehmer Ausgleich.

In diesem Sinne mache ich mich auch an Tag 2 wieder auf den Weg und suche die erste deutsche Medaille. Vielleicht finde ich ja etwas...