Rahimow als letzter Deutscher raus

SID
Rahimow, Boxen, Olympia
© Getty

Peking - Die deutschen Boxer haben beim olympischen Turnier in Peking eine historische Pleite erlitten.

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Rustam Rahimow aus Velbert scheiterte in der ersten Runde des Bantamgewichtes bis 54 kg am 19-jährigen Usbeken Hoorshid Toijbajew mit 2:11 Punkten. 

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Damit schied auch der letzte Faustkämpfer des deutschen Quartetts bereits in der ersten Runde aus. In den vergangenen 80 Jahren hatten deutsche Boxer stets mindestens eine Medaille bei Olympischen Spielen gewonnen.

Rahimow, Bronzemedaillengewinner von Athen, konnte sein Potenzial nie ausschöpfen und wurde vom Usbeken förmlich vorgeführt.

Konsequenzen angekündigt

Die größte Pleite in der Geschichte des deutschen Amateurboxens wird einschneidende Maßnahmen zur Folge haben. Das kündigte Bundestrainer Adolf Angrick unmittelbar nach dem Ausscheiden des Bantamgewichtlers an. Er konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. "So wollte ich nicht abtreten", sagte der 64-Jährige.

"Wir müssen genau analysieren und unsere Konsequenzen ziehen", sagte er nach der indiskutablen 2:11-Niederlage von Rahimow gegen den 19-jährigen Usbeken Hoorshid Toijbajew.

Der Olympia-Dritte von Athen wollte den großen Coup landen, hatte aber trotz seiner Routine keine Chance gegen den jungen Kontrahenten und ließ Kämpferqualitäten und technische Vielseitigkeit vermissen. Damit reihte er sich nahtlos ein in die Auftritte von Konstantin Buga (Berlin) und Wilhelm Gratschow (Gifhorn). Lediglich der Darmstädter Jack Culcay-Keth lieferte einen überzeugenden Kampf ab, verlor nach einem Unentschieden unglücklich durch Jury-Urteil.

Nachwuchs besser fördern

"Es wird keine Zauberformel für ein neues Boxen geben, aber wir müssen zu den Erfolgen von früher zurückkehren", sagte Angrick. Er verwies auf die fehlende Breite in Deutschland.

"50 Prozent von den jungen Leuten sind ins Profilager abgewandert. Man braucht aber acht bis neun Jahre, um einen Boxer auszubilden. Da ist die Decke dann sehr dünn", erklärte Angrick.

Er forderte dazu auf, den Nachwuchs besser zu fördern. "Wir müssen uns etwas einfallen lassen, wie wir junge Leute am olympischen Sport begeistern können. Das schließt das deutsche Sportsystem generell mit ein. Wer eine Sicherheit - und dazu zählen Beruf und Einkommen - hat, wechselt nicht unbedingt ins Profilager. Das zeigen Nationen wie Italien und Großbritannien. In Deutschland fehlt die gesellschaftliche Anerkennung für sportliche Höchstleistungen und das schon bei Nachwuchsathleten", kritisierte der Berliner.

Kritik von Erfolgscoach Wolke

Auch der zu Hause gebliebene Sportdirektor Helmut Ranze zeigte sich enttäuscht. "Wer vier Olympiasieger erwartet hatte, war kein Realist. Aber diese extreme Form des frühzeitigen Scheiterns aller enttäuschte schon", sagte Ranze. Er wollte ohne eine genaue Analyse noch keine Schlüsse ziehen.

"Fest steht aber, dass wir von unten beginnend wieder eine Pyramide aufbauen müssen, die diesen Namen auch verdient. Es dürfen uns nicht zu früh die Spitzen wegbrechen. Und da spielt Geld, das wir derzeit nicht haben, eine große Rolle", sagte Ranze.

In das gleiche Horn stieß Manfred Wolke. Der Olympiasieger von 1968 und langjährige Trainer von Henry Maske sagte dem "Tagesspiegel Online", bei den Amateuren müsse wieder eine andere Leistungsebene geschaffen werden.

"Es sind ja kaum noch Boxer da, und wir haben ein riesiges Nachwuchsproblem", meinte Wolke und betonte: "Wir brauchen wieder eine grundlegende, fundierte Ausbildung für die Sportler und eine klare Leitung und Lenkung von Verbandsseite. Es muss jetzt rauchen im Boxverband."