Österreich: "Ladys stehlen Männern die Show"

SID
Elisabeth Görgl holte Gold für Österreich in der Abfahrt
© Getty

Bei den österreichischen Ski-Frauen läuft es vor allem dank Elisabeth Görgl in Garmisch-Partenkirchen glänzend. Die erfolgsverwöhnten Männer blieben bei der WM bisher hinter den hohen Erwartungen zurück. Die österreichische Ski-Welt steht kopf.

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Sie feiern ihre Gold-Lissy als "Kaiserin von Garmisch", haben bei den Frauen bereits dreimal Gold geholt - doch die ganz große Euphorie mag in der Ski-Nation Österreich trotzdem nicht so recht aufkommen.

Schuld daran haben die Männer, die bisher weit hinter den hohen Erwartungen zurückgeblieben sind und in Garmisch-Partenkirchen immer noch auf ihren ersten WM-Titel warten.

Reichelts Silber nur schwacher Trost

Eine Silber-Medaille von Hannes Reichelt im Super-G ist in der erfolgsverwöhnten Alpenrepublik nur ein schwacher Trost, vierte Plätze von Romed Baumann und Benjamin Raich schon eine nationale Katastrophe.

Vor allem der Misserfolg in der "Königsdisziplin" Abfahrt hat tiefe Spuren hinterlassen. Es passte aber auch ins traurige Bild, dass Raich am Dienstag bei der Super-Kombination als große Gold-Hoffnung ins Rennen gegangen war - und zum wiederholten Male in seiner Karriere mit Blech zufrieden sein musste. "Benni reicht's", titelte die "Kronen-Zeitung". Sie hätte aber genauso gut schreiben können: "Uns reicht's."

Die Stimmung im Lande schwankt derzeit zwischen Stolz auf die erfolgreichen Ski-Frauen um Görgl und ganz viel Frust über die schwächelnden Männer. "WM-Ladys stehlen Männern die Ski-Show. Görgl und Co. top, Herren schwach", schrieb die Zeitung "Österreich" über eine "peinliche Klatsche" in der Kombi.

"Ich find's ja fast witzig"

"Natürlich ist ein vierter Platz nicht das, was wir uns vorstellen. Wir sind hier angetreten mit dem Ziel, in jedem Bewerb eine Medaille zu machen. Da wäre ich falsch, wenn ich sagen würde, dass es mich nicht stört", sagte Hans Pum, Sportdirektor des Österrreichischen Ski-Verbandes (ÖSV).

"Ich find's ja fast witzig", sagte der österreichische Männer-Cheftrainer Mathias Berthold zu den aufgeregten Diskussionen in den heimischen Medien: "Die sind alle nervös, aber die Burschen sind es gewohnt, dass man auf sie einhaut."

Aber auch der um Gelassenheit bemühte Berthold weiß, welche Bedeutung gerade die Abfahrt in Österreich hat. Da kommt es eben einem Debakel gleich, wenn ein Baumann auf der Kandahar Vierter, ein Michael Walchhofer gar nur Siebter wird.

Das wäre vergleichbar mit einem deutschen Vorrundenaus bei der Fußball-EM oder -WM - in Deutschland gäbe es einen Aufschrei der Entrüstung.

Österreich spekuliert: Zehn Jahre ohne Gold

In Österreich rechneten die Medien sogar vor, dass man durch die Schmach von Garmisch-Partenkirchen nun sage und schreibe mindestens zehn Jahre ohne Gold in der Männer-Abfahrt bleiben wird.

2003 hatte Walchhofer in St. Moritz zuletzt gewonnen, erst 2013 bei der Heim-WM bietet sich den Österreichern die nächste Chance auf Wiedergutmachung in ihrer Lieblings-Disziplin, die Helden wie Franz Klammer hervorgebracht hat.

Selbst "Golden Görgl" musste in so einer Situation Aufbauhilfe für die angeschlagenen Teamkollegen leisten: "Wir Mädels machen unsere Arbeit gut, aber unsere Männer machen das auch."

Am Mittwoch im Team-Wettbewerb haben nun beide Geschlechter zusammen die große Chance auf eine Gold-Medaille. Bei den Männern wäre es nur ein erster kleiner Schritt aus der Misere, denn so richtig ernst genommen wird der Team-Wettbewerb in Österreich, "das eigens wegen der Männer-Abfahrt erfunden worden ist", wie die "Süddeutsche Zeitung" süffisant anmerkte, in der öffentlichen Wahrnehmung (noch) nicht.

Noch zwei Chancen für die Herren

Am Freitag im Riesenslalom und am Sonntag zum WM-Abschluss im Slalom bleiben dann aber noch zwei Möglichkeiten, den ersehnten Einzeltitel bei den Männern einzufahren. Erneut Raich, Philipp Schörghofer oder Reinfried Herbst tragen die Last.

Für Berthold, im vergangenen Winter noch erfolgreich für den Deutschen Skiverband (DSV) tätig, spricht immerhin, dass er die verletzungsbedingten Ausfälle von Hans Grugger, Mario Scheiber, Georg Streitberger und Marcel Hirscher nicht groß zum Thema macht.

Dies wäre für ihn zum einen eine Ausrede, zum anderen hält er sein gebeuteltes Team immer noch für stark genug. Er sagt nur, "dass es vielleicht sein kann, dass der eine oder andere unterbewusst mit weniger Risiko fährt".

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