Wer kann Serena stoppen?

Von Fabian Herbers
Serena Williams geht als große Favoritin in den Heim-Grand-Slam und will den 5. US-Open-Titel
© getty

Das letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres beginnt und SPOX hat wie jedes Jahr ein Auge auf die Favoriten geworfen: Wer ist der Topfavorit? Wer kann die Großen ärgern? Und was machen die Deutschen? Teil 1: Die Damen. Serena Williams überstrahlt (fast) alles und Sabine Lisicki zeigt sich wieder auf dem Tennisplatz. Das SPOX Power-Ranking 2013.

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1. Serena Williams

Wahrscheinlich hätte sie auch Wimbledon 2013 gewonnen, wäre da nicht eine gewisse Sabine Lisicki gewesen: Williams ist in der Form ihrer Karriere, unangefochtene Nummer 1 der WTA-Weltrangliste und absolute Top-Favoritin auf den Gewinn der US-Open. Bereits vier Mal hat sie ihren Heim-Grand-Slam schon gewonnen - der fünfte soll nun folgen. Mit dem Sieg in Toronto und einer überraschenden Dreisatz-Niederlage gegen Victoria Azarenka in Cincinnati reist Williams nach Flushing Meadows.

An einem normalen Tag braucht frau eine übermenschliche Leistung, um Williams aus dem Turnier zu werfen. Die Rechtshänderin will ihren Titel von 2012 unbedingt verteidigen und ihren insgesamt 17. Grand-Slam-Erfolg feiern - damit würde sie bis auf einen Titel an das Duo Chris Evert / Martina Navratilova heranrücken.

Es scheint nur eine zu geben, die die Power-Frau stoppen kann - dafür benötigt Vika Azarenka aber einen Sahnetag und die größere Fitness. Letztes erscheint bei einem Zwei-Wochen-Turnier nahezu unmöglich - und außerdem ist Serena nach Cincinnati gewarnt: Jetzt hat sie schon die letzten zwei Hard-Court-Finals gegen die Weißrussin verloren.

2. Victoria Azarenka

Victoria Azarenka hat ihre Knieverletzung, die sie sich in der zweiten Runde von Wimbledon zugezogen hatte und zur Aufgabe zwang, erstaunlich gut weggesteckt. Nach den Siegen bei den Australian Open 2012 und 2013 will Azarenka nun ihren dritten Major-Titel feiern. Letztes Jahr stand Vika in New York im Finale, scheiterte aber in einem denkwürdigen Finale mit 5:7 im dritten Durchgang an Serena Williams.

Gegen ein Rematch würde sie wohl keinen Protest einlegen, zumal die Generalprobe im Endspiel von Cincy optimal für die Weißrussin verlief: Im Tiebreak des dritten Satzes bewies sie gegen Serena die besseren Nerven und war am Ende erfolgreich - das könnte ein kleiner mentaler Durchbruch sein. Kann sie diesen Coup in Flushing Meadows wiederholen? Frühestens im Finale kommt es zum Clash der beiden besten Spielerinnen der Welt. Die Grand-Slam-Erfahrung spricht gegen die Nummer zwei der Welt, das Momentum hat sie aber auf ihrer Seite.

3. Agnieszka Radwanska

Es war ein unglaublicher Kampf, dieses Halbfinale gegen Sabine Lisicki in Wimbledon. Das Ende ist bekannt: Die Deutsche gewann und Agnieszka Radwanska, die zu dem Zeitpunkt für viele die Favoritin auf ihren ersten Grand-Slam-Titel war, schied enttäuscht aus. Doch seitdem scheint die Polin sehr fokussiert: In Stanford erreichte sie das Finale und verlor dort sehr unglücklich gegen Dominika Cibulkova.

Auch beim WTA-Turnier in Toronto spielte sie gut, Serena Williams war dann im Halbfinale einfach zu stark. In Cincinnati folgte der Schock: Im Viertelfinale gegen Li Na trat sie wegen eines Trauerfalls nicht an: "Mein Opa ist letzten Sonntag gestorben. Ich bin natürlich enttäuscht, dass ich bei meiner guten Form nicht weiterspielen kann. Es war eine schwierige Entscheidung, aber ich muss nach Hause zu meiner Familie", setzte Radwanska Prioritäten. Kann sie das bei den US Open ausblenden? Eins ist klar: Mit Radwanska ist einfach immer zu rechnen, gegen die "Heavy Hitters" wird es für sie aber schwer.

4. Li Na

Li Na hat rechtzeitig vor Beginn des Turniers in New York ihren Flow wieder gefunden. Die Chinesin überzeugte in Wimbledon mit guten Matches und scheiterte unglücklich an Agnieszka Radwanska. In Montreal war gegen Sorana Cirstea erst im Halbfinale Schluss, in Cincinnati überzeugte sie im Halbfinale gegen Serena auf der ganzen Linie. Überragend auf Hardcourt: die Power-Rückhand der 31-Jährigen - ihre gefährlichste Waffe!

Ihr bestes Ergebnis bei den US Open war das Viertelfinale 2009 - nun will die Chinesin mindestens eine Runde weiter kommen. In diesem Jahr stand die French-Open-Siegerin von 2011 bei den Australian Open schon einmal in einem Grand-Slam-Finale auf Hardcourt: Folgt nun das nächste?

Gegen Agnieszka Radwanska im Viertelfinale winkt ein Duell auf höchstem Niveau, die Chinesin hat zuvor jedoch mit Laura Robson eines der Toptalente vor der Nase (3. Runde).

Kann alle ärgern: Sloane Stephens

Die große Hoffnung des amerikanischen Damentennis hat ein starkes Jahr hinter sich und erreichte in Melbourne - wo sie Serena Williams ausschaltete - ihr erstes Grand-Slam-Halbfinale. Auch in Wimbledon stand die Runde der letzten acht zu Buche, bevor sie an Champion Marion Bartoli scheiterte. Die Top 20 der Weltrangliste hat sie als Nummer 15 längst geknackt, die Top Ten sind wohl nur eine Frage der Zeit.

Mit einem guten Aufschlag und jeder Menge Grundlinienpower ist das Spiel der 20-Jährigen maßgeschneidert für den DecoTurf-Belag der US Open. Bleibt die Frage, ob die 20-Jährige, die nie um ein gutes Zitat verlegen ist und sich über die Medien auch schon mal öffentlich mit Serena anlegt, mit dem riesigen Medienrummel in der Heimat zurechtkommt. Bitter für die Fans: Spätestens im Viertelfinale ist Schluss für Stephens oder Williams - dann würden sie nämlich aufeinandertreffen.

Von der Rolle: Angelique Kerber

Es läuft derzeit einfach nicht bei Deutschlands bester Tennisspielerin. Die Nummer neun der Welt hat von den letzten elf Partien fünf verloren und kam nach Wimbledon nur in Washington und in Cincinnati jeweils in die dritte Runde, ansonsten war sogar schon früher Schluss. Lediglich gegen Melanie Oudin in D.C. war die Leistung wirklich ansprechend.

Es ist nicht das Grand-Slam-Jahr der Angelique Kerber - die schlechte Leistung gegen Kaia Kanepi in Wimbledon setzte dem Ganzen die Krone auf. Vielleicht kommen die US Open da gerade recht: 2011 ging dort ihr Stern auf, sie kämpfte sich aus dem Nichts bis in Halbfinale und hält sich seitdem in der Weltspitze. Momentan kann Kerber bei den ganz Großen aber nicht Schritt halten, und selbst bei vermeintlich leichten Losen tut sich die Deutsche schwer, weil sie einfach viel zu passiv spielt. Gegen Lucie Hradecka in der ersten Runde muss es einfach reichen, danach findet sie hoffentlich ihr Mojo wieder.

Darling im Blickpunkt: Sabine Lisicki

Sabine Lisicki versetzte ganz Deutschland in eine neue Tennis-Ekstase, fast wie zu besten Boris-Becker-Zeiten. Aber eben nur fast. Nach dem Tränen-Finale in Wimbledon lastet auf Lisicki großer Druck. Zunächst war Pause angesagt. Lisicki eilte von Shooting zu Shooting und ließ ihren größten Erfolg wirken. Erst in Cincinnati stieg die Deutsche wieder ein und schied gleich gegen eine starke Jelena Jankovic aus, in New Haven gewann sie nur eine Partie. Matchpraxis? Fehlanzeige.

Die große Frage: Welche Sabine Lisicki werden wir bei den US Open sehen? Mit diesem Aufschlag kann sie alle schlagen, mit diesem Kopf aber auch gegen fast alle verlieren. Das Finale gegen die mittlerweile zurückgetretene Bartoli konnte sie sich noch nicht anschauen - "es tut mir noch zu weh". Noch genießt sie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, aber die will natürlich auch wieder Erfolge sehen. Emotionen in allen Ehren, aber in New York muss sie vor allem erst einmal cool bleiben.

Chancen der anderen DTB-Mädels

Andrea Petkovic - das war Licht und Schatten. Überraschender Finaleinzug beim ersten WTA-Turnier in Nürnberg, dann die Pleite in Wimbledon mit dem Zweitrundenaus gegen Stephens. Nach einem weiteren unglücklichen Auftritt in Bad Gastein folgte wieder ein gutes Turnier in Washington DC, wieder scheiterte Petko erst im Finale, diesmal an Magdalena Rybarikova. In Cincinnati war schon wieder nach dem zweiten Match Schluss. Für erfolgreiche US Open muss wieder die Konstanz her.

Mona Barthel kann ihre gute Form aus der Frühsaison 2013 momentan nicht bestätigen. Zuletzt setzte es eine Niederlage in Cincinnati gegen Serena Williams. Trotzdem: Die Frau mit dem Einser-Abitur wartet noch auf ihren großen Durchbruch, da gehören Phasen ohne Erfolg dazu.

Bei Julia Görges funktioniert momentan einfach nichts. Seit den Australien Open im Januar schied Görges bis auf Charleston (Aus in Runde drei) entweder in der ersten oder in der zweiten Runde aus. Für Flushing Meadows besteht anhand der nicht vorhandenen Form nur wenig Hoffnung.

Annika Beck und Dinah Pfizenmaier stehen 2013 im Hauptfeld der US Open und hoffen auf den einen oder anderen Erfolg in New York. Die Devise lautet Erfahrung sammeln und für kleinere, positive Nachrichten sorgen, die der DTB auch braucht. Pizenmaier wird bereits in der ersten Runde im Rampenlicht stehen: Ihre Gegnerin heißt Victoria Azarenka.

Die aktuelle WTA-Weltrangliste