"Sabine Lisicki gewinnt Wimbledon!"

Von Florian Regelmann
Sabine Lisicki ist ein Jahr nach ihrer Top-Platzierung nur noch die Nummer 47 der Welt
© getty

Sabine Lisicki ist in den letzten Wochen in eine kleine Krise gerutscht. Vor dem Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart erklärt die 23-Jährige, an welchen großen Zielen sie weiter festhält, von welcher Schlagzeile sie träumt und wer für sie eine Inspiration ist.

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Es ist jetzt fast ein ganzes Jahr her, als Sabine Lisicki so stark war wie nie zuvor. Am 21. Mai 2012 spuckte sie der WTA-Computer auf Rang 12 der Welt aus - ihre bis heute höchste Weltranglistenposition.

Der Einzug in die Top 10 schien nur eine Frage der Zeit. Besonders wer Lisicki jedes Jahr in Wimbledon beobachtet, ist sich sicher, die nach Angelique Kerber zweite deutsche Weltklasse-Spielerin zu sehen. Eine Spielerin, der grundsätzlich auch ein Grand-Slam-Sieg zuzutrauen ist.

Viertelfinale 2009, Halbfinale 2011, Viertelfinale 2012 - Lisicki liebt den Centre Court in Wimbledon wie keinen anderen Tennisplatz auf diesem Planeten. Das merkt man auch im Gespräch mit SPOX. Welche Schlagzeile sie einmal gerne über sich lesen würde? Na klar, es hat sich nichts geändert.

Lieblingsschlagzeile und der schönste Sieg

"Sabine Lisicki gewinnt Wimbledon!", kommt als Antwort wie aus der Pistole geschossen. Und Lisicki setzt dabei ihr strahlendstes Lächeln auf. Ihr schönster Sieg ihrer Karriere? Klar, auch der geschah im All England Club.

"Mein Match gegen Li Na in Wimbledon 2011 war etwas ganz Besonderes. Zwei Matchbälle abzuwehren, zurückzukommen und die gerade frisch gekürte French-Open-Siegerin 8:6 im dritten Satz zu schlagen, auf dem Centre Court von Wimbledon - das war unglaublich. Daran werde ich mich immer erinnern", berichtet Lisicki.

Das große Problem der 23-Jährigen lautet, vereinfacht gesagt: Wimbledon, wo sie fast so viele Matches (13:4) gewonnen hat wie bei den anderen drei Grand-Slam-Turnieren zusammen (15:14), ist nur einmal im Jahr.

Durchwachsen bis enttäuschend

Die Saison 2013 ist bis jetzt allenfalls als durchwachsen zu beschreiben. Setzt man höhere Maßstäbe an, und man sollte sie beim Potenzial Lisickis ansetzen, könnte man auch von einer Enttäuschung sprechen. Bei den Australian Open war beispielsweise schon in Runde eins Schluss, wenngleich gegen keine schlechte Gegnerin (Caroline Wozniacki).

Auf der positiven Seite stehen zwei Final-Teilnahmen in Pattaya City und Memphis. Während ihr in den USA eine Krankheit einen Strich durch die Rechnung machte, verpasste sie gerade in Thailand nur ganz knapp ihren 4. Titel auf der WTA Tour, als sie sich Maria Kirilenko im dritten Satz 6:7 geschlagen geben musste.

"Matches, die du 6:7 im Dritten verlierst, sind immer am härtesten wegzustecken, weil man sich Chancen kreierte, das Match zu gewinnen und diese nicht nutzen konnte. Aber ich analysiere meine Matches immer und ziehe das Positive heraus, um es beim nächsten Mal besser zu machen", so Lisicki.

Pattaya und Memphis zum Trotz: Die Form ist weg

Lisicki weiß selbst am besten, dass ganz nette Erfolge bei kleineren Events wie in Pattaya City und Memphis nicht ausreichen. Die Deutsche ist nicht umsonst aus den Top 40 gefallen. Die Form stimmte in den vergangenen Wochen überhaupt nicht mehr.

In Miami verlor Lisicki in Runde eins ein enges Match gegen die Rumänin Simona Halep, in Charleston scheiterte sie in Runde zwei wieder in einem engen Match an der US-Qualifikantin Mallory Burdette (Nr. 99 der Welt). Und zuletzt gab es in Kattowitz einen vorläufigen Tiefpunkt, als sie in Runde eins recht sang- und klanglos gegen die rumänische Qualifikantin Alexandra Cadantu (Nr. 117 der Welt) ausschied.

So kam es auch wenig überraschend, dass sich Fed-Cup-Chefin Barbara Rittner am Wochenende für Mona Barthel als zweite Einzelspielerin gegen Serbien entschied. Und nicht für Lisicki.

Lisickis Spiel fehlt die Balance

Deren Kritiker werden in schlechten Phasen anführen, dass sie nach wie vor nicht in der Lage ist, eine bessere Balance in ihr Spiel zu bringen. Getreu dem Motto: Bum-Bum-Bine bleibt eben Bum-Bum-Bine.

"Ich war mein ganzes Leben eine aggressive Spielerin. Das werde ich nicht ändern, aber es gibt natürlich immer Dinge, die man verbessern kann. Ich lerne immer mehr, meine Kraft besser einzusetzen", bleibt Lisicki optimistisch.

Sieht man nur die nackten Ergebnisse, hat sich noch keine Verbesserung eingestellt. Bei ihrer Melbourne-Niederlage gegen Wozniacki unterliefen ihr beispeisweise 57 Unforced Errors, wodurch sie dann auch eine 3:0-Führung im Entscheidungssatz verspielte.

Apropos Wozniacki. Die Dänin trennte sich 2012 nach nur zweimonatiger Zusammenarbeit von Coach Ricardo Sanchez. Der Spanier, der in der Szene nicht den besten Ruf genießt, ist seit einiger Zeit Lisickis Trainer. Noch hat sich der gewünschte Erfolg nicht eingestellt.

Hohe Ziele und ein Vorbild

Lisicki lässt sich aber davon nicht unterkriegen, wie sie SPOX erzählt: "Tennis ist meine Leidenschaft. Mein Traum und mein Ziel waren immer, die Nummer eins der Welt zu werden und einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Ich bin immer noch jung und habe viele, viele Jahre vor mir, um diese Ziele auch zu erreichen. Ich bin ziemlich sicher, dass ich die nächsten sieben oder acht Jahre noch spielen werde."

Schlechte Phasen können Lisicki generell nicht mehr aus der Ruhe bringen. Dafür hat sie aufgrund von Verletzungen schon zu schwere Zeiten durchlebt und erfolgreich überstanden. Als Inspiration dient er dabei auch immer das Vorbild eines großen Österreichers: Hermann Maier.

"Es ist inspirierend, wie er sich damals nach seinem schrecklichen Motorradunfall zurückgekämpft hat und wieder Weltmeister wurde. Ich finde es generell immer wieder fantastisch, wenn Menschen fighten und zurückkommen. Und zwar stärker als vorher!"

In Stuttgart könnte es für Lisicki in der zweiten Runde zu einem Duell mit Samantha Stosur kommen, vorher muss sie aber eine Qualifikantin aus dem Weg räumen. Ein positives Resultat wäre für Lisicki, die in Stuttgart keine Weltranglistenpunkte zu verteidigen hat, Gold wert im Hinblick auf die kommenden Wochen.

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