Lance Armstrongs Traum von der Rückkehr auf den Tour-Thron ist in der Höhenluft von Andorra geplatzt. Stattdessen hat sein Teamkollege Contador die Radsport-Welt wieder zurechtgerückt.
Kurz vor dem Ziel auf 2240 Metern Höhe ging Contador aus dem Sattel und flog an seinen Mitstreitern vorbei - auch an Armstrong.
Der Amerikaner hatte für die Attacke des Spaniers aber wenig Verständnis: "Unser abgesprochener Plan war anders. Ich habe aber nicht erwartet, dass er sich an den Plan hält. Daher war es keine Überraschung, dass er weggefahren ist", reagierte Armstrong beleidigt.
Team-Strategie: Zusammenbleiben
Astana-Teamchef Johan Bruyneel bestätigte die am Morgen ausgegebene Order: "Wir wollten die Attacken der anderen abwarten und, egal was passiert, zusammenbleiben." Offensichtlicher kann der Zwist zwischen Armstrong und Contador nicht mehr werden.
Die Rechtfertigungsversuche des Spaniers hörten sich nach dem Rennen folgendermaßen an: "Es war nicht geplant, aber ich dachte, dass es eine gute Gelegenheit war, Zeit auf meine Gegner Cadel Evans und Andy Schleck herauszuholen."
Contador genervt
Das ist Contador auch gelungen. 21 Sekunden fuhr der 26-Jährige auf die Favoritengruppe heraus, mit der auch Armstrong ins Ziel kam.
Der siebenfache Toursieger liegt in der Gesamtwertung nun zwei Sekunden hinter seinem teaminternen Rivalen, der auf die Fragen nach der Kapitänsrolle bei Astana sichtlich genervt reagierte: "So langsam habe ich keine Lust mehr über die Kapitänsfrage bei Astana zu sprechen. Lassen wir uns einfach sehen, was die nächsten Tage bringen", so Contador.
Gelbes Trikot: So steht's in der Gesamtwertung
Feillu räumt Tagessieg und das Bergtrikot ab
Den Tagessieg mitsamt des Bergtrikots holte sich er französische Tour-Debütant Brice Feillu, der das beste Stehvermögen einer neunköpfigen Ausreißergruppe besaß.
Neuer Träger des Gelben Trikots ist der Italiener Rinaldo Nocentini, der der Ausreißergruppe angehörte und Vierter wurde.
Der AG2R-Fahrer übernahm die Führung vom Schweizer Zeitfahr-Olympiasieger Fabian Cancellara, der erwartungsgemäß seinen Triumphzug im Maillot Jaune beenden musste.
Wo ist Armstrongs Stakkato-Tritt?
Das Duell Armstrong vs. Contador ging drei Kilometer vor dem Ziel in die entscheidende Phase, als der Spanier eine Attacke setzte und keiner der Topfavoriten mehr folgen konnte.
Wie besessen trat der 37-jährige Armstrong zwar in die Pedale, konnte das Rad der Zeit aber nicht zurückdrehen. Sein einst so gefürchteter Stakkato-Tritt lief längst nicht so geschmeidig wie früher.
Armstrong kam mit den anderen Rivalen 3:47 Minuten hinter Feillu und 21 Sekunden hinter Contador ins Ziel. Für den Tagessieg und das Gelbe Trikot reichte es freilich auch für Contador nicht.
Fröhlinger hat auch ein weinendes Auge
Dafür war die neunköpfige Spitzengruppe, die bereits nach acht Kilometern ausgerissen war und einen zwischenzeitlichen Vorsprung von 14:20 Minuten herausgefahren hatte, zu weit enteilt.
Johannes Fröhlinger gehörte dieser Gruppe an und erreichte einen beachtlichen dritten Platz. "Das ist ein tolles Ergebnis. Aber ich sehe das auch ein bisschen mit einem weinenden Auge, denn ich hatte die Chance auf den Sieg. Es ist trotzdem einer der schönsten Tage meiner Karriere", sagte Fröhlinger.
Gerdemann: "Das ist nicht mein Ding"
Zusammen mit Armstrong kamen auch Andreas Klöden und Tony Martin in Arcalis an. Martin verteidigte damit auf der ersten Pyrenäen-Etappe erfolgreich das Weiße Trikot des besten Nachwuchsprofis.
Weißes Trikot: So steht's in der Nachwuchswertung
Linus Gerdemann verlor 4:48 Minuten auf Tagessieger Feillu und belegte Platz 41. "Ich habe mich gut gefühlt und war bis zur Attacke von Cadel Evans mit dabei, doch sein Angriff war eine extreme Tempoverschärfung. Das ist nicht mein Ding", sagte Gerdemann, war aber dennoch zufrieden mit dem Abschneiden auf der ersten Bergetappe.
Die Trikotträger nach der heutigen Etappe:
Gesamtwertung: Rinaldo Nocentini (ALM)
Sprinter: Mark Cavendish (THR)
Bergwertung: Brice Feillu (AGR)
Bester Jungprofi: Tony Martin (THR)