Französische Farbenspiele

Von Bastian Strobl
Gepunktet, Grün, Gelb, Weiß: Wer bestimmt die Farbenspiele der Tour de France 2011
© Getty
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Grünes Trikot: Die Sprintwertung

Die Punktewertung wurde einer kleinen Revolution unterzogen. In diesem Jahr wird pro Etappe nur noch ein Zwischensprint ausgetragen. Der wird dafür enorm aufgewertet, der Sieger erhält 20 Punkte, der 15. bekommt zumindest noch ein Pünktchen. Der Grund: Die Sprinter sollen gefälligst auch während der Etappe ihr Können zeigen. Auch bei einer Etappenankunft hat sich einiges getan: Auf Flachetappen bekommt der Sieger nun 45 statt 35 Punkte, bei mittelschweren Etappen 30 statt 25, bei Bergetappen wie gehabt 20. Ein Nachteil für die klassischen Sprinter im Kampf um das Grüne Trikot? SPOX stellt die Schnellsten der Schnellen vor:

Mark Cavendish (26, GBR / HTC-Highroad): Der Überflieger

Seit der letzten Tour und seinen fünf Etappensiegen hat sich nicht viel getan. Der Brite gehört immer noch zu den am meistgehassten Fahrern im Feld. Warum? Vielleicht ist es seine Arroganz, vielleicht sein extrovertiertes Benehmen. Oder einfach der Fakt, dass der 26-Jährige von der Isle of Man immer noch der schnellste Fahrer im Feld ist. Nach einem typisch ruhigen Winter setzte Cavendish mit seinem Sieg beim Flandern-Klassiker Scheldeprijs eine erste Duftmarke.

Nach dem enttäuschenden Ausstieg bei Paris-Roubaix bekamen die Zuschauer beim Giro d'Italia dann wieder Cav at his best: Zwei Etappensiege, wilde Diskussionen mit Alessandro Petacchi und der Vorwurf, der Columbia-Fahrer hätte sich bei einem Anstieg von seinem Teamwagen ziehen lassen. Auch wenn er die Generalprobe bei der Tour de Suisse gehörig versemmelte, ist er laut eigenem Bekunden "in der besten Verfassung seit zwei Jahren". Weiterer Bonus: Hat mit der menschlichen Lokomotive Mark Renshaw den wohl besten Anfahrer der Welt in seinem Team.

SPOX-Prognose: Die Siege auf den Flachetappen gehen auch in diesem Jahr nur über Cav. Auch wenn ihn die neuen Regeln und die wenigen reinen Flachetappen nicht gerade bevorteilen, ist er der Favorit auf Grün.

 

Andre Greipel (28, GER / Omega Pharma-Lotto): Der Debütant

Er fährt seine erste Tour - und er will Cavendish in die Suppe spucken. Nachdem Greipel im letzten Jahr noch im selben Team wie Cav fuhr und trotz eines Traum-Frühjahrs nicht zur Tour dürfte, hat sich die Situation verändert: Greipel fährt nun für Omega Pharma-Lotto und darf auf eigene Faust sprinten. Mit fünf Saisonsiegen hat er sogar einen mehr als Cavendish. Allerdings hat auch er wie sein großer Widersacher eine Tour de Suisse zum Vergessen hinter sich.

Dennoch: Das große Ziel bleibt ein Etappensieg bei seiner ersten Tour de France. Wird mit 28 Jahren ja auch langsam Zeit. Das Grüne Trikot hat er wegen der neuen Regeln dagegen abgeschrieben. "Man kann nicht zweimal am Tag einen vollen Sprint fahren", sagte Greipel: "Ich denke, die Ausreißer haben gute Chancen, das Grüne Trikot zu holen."

SPOX-Prognose: Greipel holt sich trotz seiner Unerfahrenheit schon in der ersten Woche seinen lang ersehnten Etappensieg. Ab dann ist im Kampf um Grün alles drin. Ohne Druck fährt er bis zur Champs Elysees, wo er sein Meisterstück machen könnte.

Thor Hushovd (33, NOR / Garmin-Cervelo): Der Weltmeister

Präsentierte sich bei der Teamvorstellung als Thor, der Donnergott - inklusive langer Mähne und einem überdimensionalen Hammer. Das zeigt: Das Selbstvertrauen des Weltmeisters ist da. Könnte vom neuen Sprint-Reglement profitieren, da er auch bei schweren Etappen in Fluchtgruppen mitgehen und die Zwischensprints für sich entscheiden kann.

Hat zudem in Tyler Farrar einen Weltklasse-Sprinter an seiner Seite. Hinter seiner Form steht jedoch ein Fragezeichen. Der Amerikaner zeigte sich schwer betroffen vom Tod seines Freundes Wouter Weylandt beim Giro. Hat er das tragische Schicksal mental bereits verarbeitet und kann er Hushovd in den Sprint beiseite stehen?

SPOX-Prognose: In flachen Massensprints ist er Cav und Greipel unterlegen. Wird aber dank der neuen Wertung viele Punkte bei den Zwischensprints einheimsen. Mit seiner Erfahrung - und Farrar als kongenialem Sprintpartner - immer ein potenzieller Grün-Kandidat.

 

Alessandro Petacchi (37, ITA / Lampre): Der Titelverteidiger

Während seine Altersgenossen Freire und McEwen erst gar nicht in Frankreich an den Start gehen, lässt sich Alessandro Petacchi die Grande Boucle nicht entgehen. Immerhin sicherte er sich im letzten Jahr mit elf Punkten Vorsprung das Grüne Trikot. Beim Giro zeigte er mit einem Etappensieg und insgesamt fünf Podiumsplätzen, dass mit ihm auch im fortgeschrittenen Sprintalter noch zu rechnen ist.

Die Frage bleibt dennoch: Kann er seinen Vorjahrestriumph wirklich noch mal wiederholen? Gerade die für einen Sprinter elementar wichtige Spritzigkeit lässt langsam aber sicher nach.

SPOX-Prognose: Für einen Etappensieg ist der Oldie unter den schnellen Männern immer gut, gerade in der ersten Woche, wenn die Beine noch frisch sind. Eine Verteidigung des Grünen Trikots wäre aber nicht nur wegen der Regeländerung eine kleine Überraschung.

 

Tom Boonen (30, BEL / Quick Step): Der Klassikerspezialist

Auch Tom Boonen gehört langsam aber sicher zu den Sprint-Rentnern. Nicht mehr viel ist übrig vom 2007er Boonen, der zwei Etappen und die Punktewertung bei der Tour gewinnen konnte. Seit seinem Kokain-Missbrauch im Jahr 2008 entwickelte sich der Belgier immer mehr vom reinen Sprinter zu einem Klassikerspezialist.

Nachdem er im Vorjahr nicht an der Tour teilnahm, brennt der Belgier auf seine Rückkehr auf die große Bühne. Da kommt ihm die Regeländerung natürlich gerade Recht. Und für die Massensprints hat Quick Step ja auch noch Gerald Ciolek, der sich in diesem Jahr allerdings noch in keine Siegerlisten eintragen konnte.

SPOX-Prognose: Boonen kommt wie Hushovd gut über die Berge und könnte es auf die Zwischensprints abgesehen haben. Im Kampf um das Grüne Trikot wird das aber nicht reichen. Ein Etappensieg ist für den Ex-Weltmeister aber allemal drin.

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