Martin verpasst vierten Titel

SID
Tony Martin musste sich mit dem zweiten Platz begnügen
© getty

Die Zeitfahr-Dominanz von Tony Martin ist durchbrochen. Der Weltmeister der vergangenen drei Jahre musste sich bei der Straßenrad-WM im spanischen Ponferrada ausgerechnet seinem britischen Rivalen Bradley Wiggins geschlagen geben.

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Nach anspruchsvollen 47,1 Kilometern entschied der frühere Tour-de-France-Sieger das Einzelzeitfahren mit 26 Sekunden Vorsprung auf Martin für sich. Der gebürtige Cottbuser, der das Rennen in 56:51,75 Minuten beendete, unterlag Wiggins damit wie vor zwei Jahren bei Olympia in London. Dritter wurde der Niederländer Tom Dumoulin.

"Silber ist kein gutes Ergebnis. Ich wollte Gold, das ist eine große Enttäuschung. Ich habe es die letzten Tage schon gespürt, hatte ein mulmiges Gefühl", sagte Martin. Nach einem starken Start hatte er kontinuierlich Zeit auf den 34-jährigen Wiggins verloren, der zuvor als sein härtester Widersacher gehandelt worden war.

Obwohl der Quick-Step-Profi bis zum letzten Meter kämpfte und auch noch einmal aus dem Sattel ging, war die Niederlage nicht mehr zu verhindern. Nach zwei Goldmedaillen am Dienstag war es für den Bund Deutscher Radfahrer BDR das erste Silber in der Provinz Leon. "Ich bin noch etwas müde, weiß aber noch nicht, woher das kommt", sagte Martin.

Martin hochmotiviert

Bei perfekten äußeren Bedingungen war Martin hochmotiviert an den Start gegangen. Einmal atmete er noch kurz durch, dann begann der Anlauf zum Rekord - und der Top-Favorit ging sofort aus dem Sattel, um Tempo aufzunehmen. Gleichmäßig wirkte Martins Tritt, er schien so kraftvoll wie immer.

Der Wahl-Schweizer raste nahezu regungslos in der aerodynamischen Rennposition über den Kurs, die enorme Anstrengung war nur in seinen Gesichtszügen abzulesen, Körper und Beine arbeiteten wie ein Uhrwerk. Am ersten Messpunkt lag Martin an der Spitze - doch danach ließ er irgendwo Zeit liegen.

Am Fahrstil war die Differenz nicht abzulesen, doch vielleicht verkrampfte Martin ein wenig, als Wiggins sich nach 23,2 km erstmals vorbeigeschoben hatte. An diesem Kräfteverhältnis vermochte der 29-Jährige nichts mehr zu ändern.

"Nicht die besten Vorzeichen"

Der einzige große Zeitfahrerfolg, der Martin fehlt, ist der Olympiasieg. Für die Spiele in Rio 2016 ist dieser sein "ultimatives Ziel." Doch die Niederlage dürfte den Perfektionisten durchaus treffen. Nachwirkungen des mäßigen Auftakts im Mannschaftszeitfahren mit Quick Step waren zwar nicht offensichtlich, doch bereits am Sonntag war Martin mit seiner Tagesform nicht zufrieden gewesen. "Es sind nicht die besten Vorzeichen", hatte er gesagt.

Für Martin war besonders der Schlussabschnitt der Strecke ausschlaggebend. Am langen letzten Anstieg "kannst du ganz leicht 20 bis 30 Sekunden verspielen", hatte er gesagt. Eine geschickte Renneinteilung war aus seiner Sicht umso wichtiger - aber Wiggins hatte ebenfalls den richtigen Plan. Der Sky-Profi hatte schon zuvor angekündigt, stärker in Form als zu sein als bei seinem zweiten Platz vor Jahresfrist in Florenz, und er ließ Taten folgen.

Dem Dreikampf mit Martin und Wiggins hatte sich der Schweizer Fabian Cancellara gar nicht erst gestellt. Der 33-Jährige konzentriert sich stattdessen auf das WM-Straßenrennen am Sonntag. Die beiden anderen deutschen Starter spielten keine Rolle. Der 44 Jahre alte WM-Debütant Lars Teutenberg (Köln) belegte den 48. Platz, Nikias Arndt aus Buchholz erreichte Rang 22.

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