Für Milram fällt der letzte Vorhang

SID
Das Team Milram bei der Vorstellung im Januar diesen Jahres
© Getty

Das Team Milram bestreitet am Samstag mit der Lombardei-Rundfahrt sein letztes großes Rennen in Europa. Im nächsten Jahr wird es damit kein erstklassiges Rad-Team mehr aus Deutschland geben, doch Manager Gerry van Gerwen gibt die Hoffnung nicht auf.

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Im "Rennen der fallenden Blätter" fällt für das Team Milram der letzte Vorhang. Wenn die Profis in den auffälligen Kuhfleckentrikots am Samstag bei der Lombardei-Rundfahrt über die Ziellinie rollen, verabschiedet sich das einzige deutsche ProTour-Team von der großen europäischen Bühne.

Auch wenn Teamchef Gerry van Gerwen seinen Optimismus nie verloren hat, einen neuen Hauptsponsor hat er nicht gefunden - und Deutschland wird 20 Jahre nach der Gründung des Teams Telekom wieder zum Nebendarsteller im Radsport.

In der Dortmunder Zentrale des Milram-Teams steigt am Sonntag die große Abschiedsparty. "Da machen wir eine Feier. Alle Mechaniker und alle Pfleger werdern da sein, wir gehen Gokart fahren und grillen danach", sagte van Gerwen.

Mit den Fahrern wird es keine Feier geben. Einige von ihnen nehmen bereits Verpflichtungen für ihre neuen Teams wahr, andere machen sich auf den Weg nach Fernost, wo Milram am 24. Oktober beim unbedeutenden Japan Cup das endgültig letzte Rennen bestreiten wird.

Neue Jobs für altes Personal

Auch wenn das Team fünf Jahre nach seiner Gründung wieder von der Bildfläche verschwindet, muss sich nahezu kein Angestellter Sorgen um die Zukunft machen. "Viele Fahrer und auch ein Großteil des Personals haben bereits einen neuen Job", sagte van Gerwen.

Das Material - also Teambus, LKW, Begleitfahrzeuge, Räder, Kleidung - will der Niederländer aber nicht rausrücken. Einen großen Schlussverkauf wie beim Team Gerolsteiner vor zwei Jahren wird es nicht geben. "Von der Kleidung ist ohnehin fast nichts mehr da. Für den Fuhrpark gibt es zwar Kaufinteressenten, aber ich möchte eher vermieten", sagte der 57-Jährige.

Damit lässt sich der noch immer unverzagt nach einem Geldgeber suchende Ex-Profi auch die Hintertür für eine Rückkehr offen. Er kämpfe weiter für 2012 und habe sich für die kommende Tour de France wieder ein Ultimatum gesetzt. Dann will van Gerwen bekannt geben, ob er einen Sponsor gefunden hat oder ob er wohl endgültig aufgibt.

Dass sich ein Engagement im Radsport trotz der zahlreichen Dopingfälle immer noch lohnt, beweisen die Zahlen von Milram. Etwa acht Millionen Euro zahlte das Bremer Unternehmen Nordmilch pro Jahr an van Gerwen und erhielt im Gegenzug jährlich Mediagegenwerte zwischen 50 und 60 Millionen Euro. Zudem wurde die Bekanntheit der Marke auf über 90 Prozent gesteigert.

Suche nach Sponsoren dauert an

Van Gerwen hat sich in der vergangenen Woche mit seinem Management-Team zusammengesetzt, um neue Strategien zu erörtern, wie man noch besser an potenzielle Sponsoren herantreten kann. Der Fokus liegt dabei auf Deutschland.

"Es ist das wichtigste Land für eine neue Mannschaft. Es ist das Kernland Europas mit vielen Unternehmen, jedes seriöse ausländische Unternehmen macht Geschäfte in Deutschland", sagte van Gerwen.

Mit der Milram-Ausstattung will es van Gerwen interessierten Firmen ermöglichen, ihre Mitarbeiter für einen Tag das Leben eines Profis leben zu lassen. Die Aktion soll womöglich im Rahmen der deutschen Eintagesrennen Rund um Köln und Rund um den Finanzplatz (früher Henninger Turm) oder bei der Tour de France stattfinden.

Für den Abschied von den großen europäischen Rennen wünscht sich van Gerwen ähnlich starke Leistungen seiner Fahrer wie schon in den vergangenen Wochen, als mehrere Top-10-Platzierungen heraussprangen."Fabian Wegmann ist unser Mann. Ich hoffe, dass seine Form noch gut ist", sagte van Gerwen.

Als großer Favorit auf den Sieg bei der Lombardei-Rundfahrt, die neben Mailand-San Remo, Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix und Lüttich-Bastogne-Lüttich zu den fünf Monumenten des Radsports zählt, gilt jedoch der Belgier Philippe Gilbert.

Der künftige Teamkollege von Andre Greipel geht als Vorjahressieger an den Start.

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