Alle für Evans, Evans für den Sieg

Von Torsten Adams
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© Imago

München - Jan Ullrich, Ivan Basso, Andreas Klöden und Vorjahressieger Alberto Contador: Aus den verschiedensten Gründen sind in diesem Jahr zahlreiche Favoriten auf den Gesamtsieg bei der Großen Schleife nicht am Start.

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Doch wer von den übrig gebliebenen Radprofis wird am 27. Juli in Paris ihre Positionen auf dem Podium einnehmen?

Im Favoriten-Ranking nimmt SPOX.com die aussichtsreichsten Klassementfahrer unter die Lupe und checkt ihre Fähigkeiten:

  Cadel Evans (Silence-Lotto): Der Konstante 
 

Kletterqualität: Sobald es bergauf geht, ist der Australier vorne. Lässt sich bei Angriffen am Berg nur selten aus der Ruhe bringen und fährt sein Tempo durch. Seit Jahren mit konstant guten Leistungen. Glänzte bereits bei den Frühjahrs-Rundfahrten und dem zweiten Platz bei der Dauphine. Scheint perfekt im Vorbereitungsplan zu liegen.

Zeitfahrstärke: Verbessert sich Jahr für Jahr im Zeitfahren. Er zählt mittlerweile zu den Top-Leuten in dieser Disziplin, auch wenn seine Technik und Position auf der Zeitfahrmaschine noch ausbaufähig sind. Betrachtet man die EZF-Ergebnisse der letzten Jahre, muss man Evans als besten Zeitfahrer der drei großen Tourfavoriten nennen. Hier könnte der 31-Jährige seinen Vorteil ausspielen.

Qualität des Teams: Alle für Evans, Evans für den Sieg. Silence-Lotto hat mit seinem Touraufgebot alles auf den Ex-Mountainbiker ausgerichtet. Außer Robbie McEwen arbeiten alle Teammitglieder für Evans. Mit Dario Cioni und vor allem Jaroslaw Popowitsch verfügt Evans am Berg über zwei Helfer allererster Güte. Nach dem Startverbot für Vorjahressieger Contador muss Evans als letztjähriger Tourzweiter als DER Topfavorit angesehen werden.

  Alejandro Valverde (C. d'Epargne): Der Allrounder
 

Kletterqualität: Aggressiver Fahrer mit Berg-, Sprint- und Puncher-Qualitäten. Versucht es in Anstiegen häufig mit Angriffen und Tempowechseln. Schlägt bei kurzen, knackigen Steigungen eine hohe Trittfrequenz a la Lance Armstrong an. Bei großen Rundfahrten aber immer wieder mit Schwierigkeiten, den Konkurrenten über drei Wochen konstant Paroli zu bieten. Der Gewinn der Dauphine in diesem Jahr war sein erster großer Rundfahrt-Erfolg. Stark, doch ist der Spanier schon zu früh in Form?

Zeitfahrstärke: Beim Kampf gegen die Uhr tut sich der Pro-Tour-Sieger von 2006 immer noch schwer. Überraschenderweise gewann der 28-Jährige bei der Dauphine dieses Jahr ein Zeitfahren. Trotzdem: Das lange Zeitfahren über 53 Kilometer nach Saint-Amand-Montrond könnte ihm zum Verhängnis werden.

Qualität des Teams: Caisse d'Epargne stellt ein erfahrenes Team, das ihren Kapitän in jeder Rennsituation aus dem Wind halten kann. Vor allem der Tour-Sieger 2006, Oscar Pereiro, ist für Valverde ein wichtiger Weggefährte, wenn es die steilen Rampen hinaufgeht. Pereiro enttäuschte jedoch in der Vorbereitung mit einem 61. Platz bei der Dauphine und scheint nicht topfit nach Frankreich anzureisen.

  Damiano Cunego (Lampre): Der Bergfloh
 

Kletterqualität: Schon bei seinem Giro-Sieg 2004 bewies "der kleine Prinz", dass er das Zeug hat, große Rundfahrten zu gewinnen. Durch sein geringes Gewicht liegen ihm vor allem lange Pässe mit hohen Steigungsprozenten. Der 26-Jährige ließ in diesem Jahr mit dem Giro sein Heimatrennen aus, um seine volle Konzentration der Tour zu widmen. Mit Erfolg: Seine Formkurve zeigte bei der Schweiz-Rundfahrt deutlich nach oben.

Zeitfahrstärke: Trotz intensiven Feilens an seiner Zeitfahrposition: unter den drei Top-Favoriten der schwächste Zeitfahrer. Beim Bergzeitfahren der Tour de Suisse gelang ihm ein vierter Platz. In Frankreich muss sich der Italiener dagegen auf insgesamt 83 Kilometer flacher Strecke beweisen. Seine Statur bringt ihm in dieser Disziplin sicherlich keine Vorteile.

Qualität des Teams: Die Tour ist für das Team Lampre nach dem Giro der zweite Saisonhöhepunkt. Und dementsprechend liest sich das Aufgebot: Mit Sylwester Szmyd, Paolo Tiralongo und Marco Marzano stehen Cunego gleich drei sehr starke Bergfahrer zur Seite. Damit ist die Equipe taktisch in einer perfekten Situation, um andere Top-Favoriten mürbe zu fahren.

  Denis Mentschow (Rabobank): Der Akribische
 

Kletterqualität: Der zweifache Vuelta-Sieger gehört ohne Zweifel zu den Top-Bergfahrern. Zwar ist er kein Bergfloh, aber durch seine extreme Kraft auf dem Pedal schafft er es immer wieder, Angriffe auch an schweren Anstiegen zu parieren. Fuhr seit seinem fünften Platz beim Giro kein Rennen mehr, um sich akribisch in den Alpen und den Pyrenäen auf die Tour vorzubereiten.

Zeitfahrstärke: Zusammen mit Evans als Top-Zeitfahrer auf eine Stufe zu stellen. Will der Russe die Tour gewinnen, muss er seinen Konkurrenten um Gelb bei den beiden Chronos deutliche Rückstände einschenken. Das Profil dieser Etappen begünstigt den 30-Jährigen: Auf relativ flachem Terrain kann er seine Rouleur-Qualitäten voll ausspielen.

Qualität des Teams: Mit dem Ausfall von Thomas Dekker muss der Rabobank-Leader auf den stärksten seiner Domestiken verzichten. Mentschow rechnete vor allem in den schweren Schlussanstiegen mit dessen Unterstützung. Für Dekker in die Bresche springen sollen nun die aufstrebenden Pieter Weening und Laurens Ten Dam. Mit Robert Gesink bleibt ein weiterer starker Bergfahrer zu Hause. Fazit: Wird bei den schweren Bergetappen früh auf sich allein gestellt sein.

  Haimar Zubeldia (Euskaltel): Der Routinier
 

Kletterqualität: Der Euskaltel-Kapitän fährt bereits seine achte Tour de France und schloss sie drei Mal unter den besten Zehn ab. Einen Podiumsplatz bei einer großen Rundfahrt kann er nicht aufweisen, jedoch fuhr der Spanier bei den Bergetappen immer wieder Top-Ten-Platzierungen ein. Wie in jedem Jahr zeigte Zubeldia in der Vorbereitung zur Tour, dass er eine starke Bergform aufbaut.

Zeitfahrstärke: Zubeldia gilt als guter Berg- und Zeitfahrer und aufgrund dessen als Vorzeige-Rundfahrer. Jedoch musste er bei der Dauphine im Zeitfahren auf Valverde deutlich reißen lassen. Knüpft der 31-Jährige an die Zeitfahrqualitäten in den vergangenen Jahren an, wird er auf die anderen Favoriten aber keine erhebliche Zeit einbüßen.

Qualität des Teams: Das Team ist bekannt für seine starken Bergfahrer. Mit Mikel Astarloza, Samuel Sanchez, Amets Txurruka und dem Neueinkauf Egoi Martinez hat Zubeldia das am Berg stärkste Team hinter sich. Jeder der vier genannten könnte Zubeldia durchaus auch als Kapitän ablösen.