"Alonso und Schumi interessieren mich wenig"

SID
Kimi Räikkönen holte 2007 mit Ferrari den Weltmeister-Titel
© Getty

Ex-Formel-1-Pilot Kimi Räikkönen freut sich auf das Abenteuer Rallye. Im Interview erzählt der finnische Iceman von seiner Rallyefamilie und die Ziele für seine Premiere.

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Schon vor seinem ersten Start in der Rallye-WM hat der frühere Formel-1-Weltmeister Kimi Räikkönen die Königsklasse fast vergessen.

Der in der Formel 1 oft wortkarge Finne blüht im neuen Umfeld regelrecht auf und freut sich über den familiären Umgang in der Rallye-Szene. Vorerst für ein Jahr wird der 30 Jahre alte Iceman finanziert von Red Bull im Junior-Team von Citroen um WM-Punkte kämpfen und dabei im gleichen Auto wie Rekordweltmeister Sebastien Loeb (Frankreich) sitzen.

Im Interview spricht Räikkönen über das "freundlichere Umfeld" im Rallyesport, die "neue Herausforderung" und die Unterschiede zwischen Formel 1 und Rallye.

Frage: Sie wirken sehr entspannt. Haben Sie keine Bedenken, dass Ihr Debüt in der Rallye-WM schiefgehen könnte? Immerhin setzten Sie ihr Rallyeauto bei der Generalprobe gleich zweimal neben die Piste?

Kimi Räikkönen: Ich bin vielleicht nicht entspannt, aber mit mir im Reinen. Das war ich auch vorher, aber die Rallye-Welt ist ein ganz anderes, freundlicheres Umfeld als die Formel 1. Ich bin gerne hier und fühle mich sehr wohl. Was das Fahren betrifft: Rallye ist ein ganz anderes Thema als die Formel 1. Für mich ist fast alles neu. Natürlich werde ich weiter Fehler machen. Das ist ein Lernprozess. Klar schaut jeder hin, wenn einer wie ich im Graben landet. Aber das hat sich schnell. Es ist doch nichts anderes, als wenn man auf der Rundstrecke im Kiesbett steht.

Frage: Dennoch verwundert es, dass ein Formel-1-Weltmeister in den besten Jahren in einen so komplexen Sport wie die Rallye-WM wechselt. Haben Sie keine Angst zu scheitern?

Räikkönen: Überhaupt nicht. Das ist nicht die Art, wie ich eine Sache angehe. Ich freue mich auf eine neue Herausforderung, besonders auf diese. Rallye fahren ist einfach toll. Scheitern oder nicht ist für mich nicht das Thema.

Frage: Die Erwartungen an einen Formel-1-Piloten sind dennoch hoch.

Räikkönen: Nur von denen, die keine Ahnung haben. Nochmals: Im Rallyesport ist für mich fast alles neu. Zudem trete ich gegen die besten Fahrer der Welt an. Ich werde versuchen, schnell zu lernen, und hoffe, zügig vorne mitfahren zu können. Ich will einfach gut sein, bei dem was ich mache.

Frage: Was sind die wesentlichsten Unterschiede zwischen der Rallye-WM und der Formel 1?

Räikkönen: Zum einen das Umfeld. In der Rallye-WM fühlt man sich sofort wohl, das ist wie eine große Familie. Da spricht man viel mehr mit anderen Fahrern. Das gibt es in der Formel 1 so nicht. Das mag auch daran liegen, dass man bei einer Rallye gegen die Uhr fährt und nicht direkt gegen den Gegner.

Frage: Und beim Auto und Fahren?

Räikkönen: Da sind die Unterschiede noch größer. Allen voran sitzt im Rallyeauto ein Co-Pilot neben mir. Man ist also nicht alleine. Zum anderen kennt man auf der Rundstrecke jede Kurve. Ein Asphaltstück mit verschiedenen Radien, mal schmaler, mal breiter. Aber im Grunde ist es immer dasselbe, egal ob am Nürburgring oder in Suzuka. Bei der Rallye musst du auf unterschiedlichen Belägen fahren: Schnee, Eis, Schotter, Asphalt, mal trocken, mal nass, oder auch im Nebel. Zudem verändert sich die Strecke, gerade auf Schotter. Da kommst Du an eine Ecke, und die sieht nun ganz anders aus, als Du sie vor zwei Tagen bei der Streckenbesichtigung notiert hast. Das ist eine unglaubliche Herausforderung.

Frage: Vor Ihrem WM-Debüt haben Sie rund 500 Kilometer mit Ihrem neuen Dienstwagen zurückgelegt - einem Citroen C4, wie ihn auch Weltmeister Sebastien Loeb steuert. Was bereitet Ihnen noch am meisten Schwierigkeiten?

Räikkönen: Vieles. Am meisten der Umgang mit dem Aufschrieb. Schnell fahren können viele, aber Kurven detailliert zu notieren und das im Wettbewerb auch umzusetzen, ist sehr schwer. Das braucht seine Zeit. Da werde ich leider auch weiter Fehler machen. Dann ertappe ich mich dabei, dass ich zwei oder dreimal auf die Bremse steige statt eben nur einmal. Es sind viele kleine Dinge, an denen ich arbeiten muss und werde.

Frage: Dennoch gehen Sie zuversichtlich in den WM-Auftakt in Schweden?

Räikkönen: Warum auch nicht? Ich habe mich gut vorbereitet und freue mich, dass es losgeht. Natürlich verspüre ich einen gewissen Druck, aber das gehört dazu. Auf Schnee zu fahren ist jedoch das schwierigste. Weniger wegen des Grips oder dem Bremsen. Das Problem liegt vielmehr darin, dass man nur schwer die Linie erkennt. Kommt man nur einen Tick zu weit nach außen, rutscht man schon raus. Auf Schotter tue ich mich leichter. Und auf Asphalt kann ich sicher am meisten von meinem Wissen einbringen was Bremsen, Einlenken und so weiter betrifft. Gut, dass die Asphaltläufe erst in der zweiten Saisonhälfte anstehen.

Frage: Was sind Ihre Ziele?

Räikkönen: Sollte ich keine gröberen Schnitzer einbauen, hoffe ich, schon zu Saisonbeginn in die WM-Punkteränge zu fahren. Später, wenn ich mehr Erfahrung habe, werde ich versuchen, aufs Podium zu kommen. Aber klar, am liebsten will ich gewinnen. Nur werden da Andere was dagegen haben. Aber die sind auch im Vorteil. Einige sind nicht nur sehr gut, sondern kennen die WM-Rallyes seit Jahren.

Frage: Wie geht es nach dieser Saison weiter? Haben Sie einen längerfristigen Vertrag mit Red Bull?

Räikkönen: Nein, ich habe nur einen Einjahresvertrag und weiß auch nicht, was ich im kommenden Jahr machen werde. Ich konzentriere mich erst einmal auf diese Saison in der Rallye-WM. Das ist eine Herausforderung, die mir gefällt. Den Rallye-WM-Titel schätze ich von der fahrerischen Leistung viel höher ein als jenen in der Formel 1. Es würde mich schon reizen, den anzugehen. Aber jetzt darüber nachzudenken, macht keinen Sinn.

Frage: Vermissen Sie die Formel 1?

Räikkönen: Nein, warum? Natürlich gibt es Personen auch aus der Formel 1, mit denen ich weiter Kontakt habe, aber nun aus einem anderen Umfeld.

Frage: Verfolgen Sie die Formel 1? Interessieren Sie aktuelle Testfahrten?

Räikkönen: Nein, was andere machen, hat mich nie sehr interessiert. Ich weiß, was in der Zeitung steht, aber ich würde nie ins Internet gehen und die Testzeiten anderer Fahrer nachschauen.

Frage: Demnach interessiert es Sie auch wenig, was Ihr Nachfolger Fernando Alonso im Ferrari macht oder wie das Comeback von Michael Schumacher verläuft?

Räikkönen: Genau, es interessiert mich beides wenig. Alonso und Schumacher machen ihr Ding, ich meins. Ich schaue auf mich und freue mich, dass ich nun das machen kann, was mir Spass macht: Rallye fahren.

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