Mikitenko kritisiert neue Weltrekordregelung

SID
In gemischten Marathons soll bei den Frauen künftig nur noch von Weltbestzeiten gesprochen werden
© Getty

"Ein Witz", "unfair", "unmöglich": Vor dem Berlin-Marathon am Sonntag laufen die weltbesten Frauen auf der 42,195-km-Distanz Sturm gegen die neue Weltrekordregelung des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF.

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Der am Donnerstag massiv geübten Kritik von Weltrekordlerin Paula Radcliffe (Großbritannien) und der über zwei Jahre weltbesten Marathonläuferin Irina Mikitenko (Gelnhausen) könnten bald auch juristische Konsequenzen folgen.

"Als ich das erste Mal davon gehört habe, habe ich gedacht, das ist ein Spaß. Das ist ein Witz. Ich finde es unmöglich, dass man sieben oder acht Jahre später die Zeiten nachträglich annullieren kann", sagte Irina Mikitenko (39) drei Tage vor dem 38. Berlin-Marathon.

Zusammen mit Radcliffe ist die gebürtige Kasachin Favoritin bei den Frauen. Bei den Männern will der Äthiopier Haile Gebrselassie auf seiner Weltrekordstrecke von 2008 im Idealfall seine Bestmarke von 2:03:59 Stunden angreifen. Harten Widerstand angekündigt hat Kenias Vorjahressieger Patrick Makau.

In gemischten Rennen nur Weltbestzeiten

Die IAAF hatte bei der WM im August in Daegu/Südkorea beschlossen, dass Marathonzeiten von Frauen künftig nur noch als "Weltrekord" bezeichnet werden, wenn sie in Rennen ohne Männer erzielt wurden. In gemischten Rennen erzielte Zeiten sollen ab 1. Januar 2012 nur noch als "Weltbestzeiten" gelten.

Auch Radcliffe zeigt sich ärgerlich über die IAAF: "Das ist verrückt", sagte Radcliffe: "Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir als Athleten mit der IAAF reden. Ich weiß, dass damit alle unzufrieden sind." Bereits am Mittwoch hatte die Britin den Vorstoß als "unfair" bezeichnet.

Weltrekord von 2003 müsste annulliert werden

Würde die IAAF die neue Regelung konsequent umsetzen, könnte Radcliffe wohl auch ihren Weltrekord von 2:15:25 Stunden nicht mehr behalten. Diesen hatte sie 2003 in London in einem gemischten Rennen erzielt. Bestmarke wären dann die 2005 ebenfalls in London in einem Frauen-Rennen erzielten 2:17:42.

"Es könnte juristische Probleme geben, falls der Weltverband IAAF den Weltrekord aberkennen würde. Die Leistungen sind unter den damals geltenden Regeln völlig legitim erzielt worden", sagte DLV-Präsident Clemens Prokop, hauptberuflich Amtsgerichts-Direktor in Regensburg.

Mikitenko und Prokop geben zu bedenken, dass die Neuregelung Auswirkungen auf den Männerbereich haben müsste. Prokop: "Wenn man Weltrekorde von Frauen nur noch in separaten Rennen anerkennen würde, müsste man auch den Männern Tempomacher untersagen." Mikitenko: "Und man müsste auch die mit Tempomachern aufgestellten Weltrekorde ab 800 m annulieren."

Kritik von vielen Seiten

Erste Kritik war laut geworden durch die Vereinigung der fünf bedeutendsten Marathons weltweit, die World Marathon Majors (WMM), und die AIMS, den Zusammenschluss der rund 300 internationalen Marathonläufe (Association of International Marathons). Beide stellen sich gegen die IAAF und kündigen an, die bisherige Regel beibehalten zu wollen.

"Reine Frauenrennen gibt es nur noch bei internationalen Großereignissen und bei zwei Rennen in Japan. Getrennte Rekordlisten, das ist ein unrealistisches Konzept", sagte Thomas Steffens, Pressesprecher des Berlin-Marathons: Auch er kündigt an: "Wir werden weiterhin in unserer Statistik von Weltrekorden reden."

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