Basketball-WM 2023 - Team USA und die Center-Problematik: Es ist keine US-Domäne mehr

Von Robert Arndt
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Die USA stehen im Halbfinale und spielen nun gegen Deutschland, doch die große Diskussion in den Staaten dreht sich vor allem um die Center-Position und den Mangel an dominanten Bigs. Bei der WM ist es Jaren Jackson Jr., der auf der Fünf ackert, immerhin Verteidiger des Jahres in der NBA. Was wären aber die Alternativen gewesen? Wer sind die besten Center aus den USA?

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Über Jahre beklagte man sich in der NBA, dass die goldene Ära der Center vorbei sei. Zwar dominierte Michael Jordan die Neunziger, doch geprägt wurde diese Zeit von den vielen Big Men wie Hakeem Olajuwon, Shaquille O'Neal, David Robinson, Alonzo Mourning, Dikembe Mutombo oder Patrick Ewing.

Als diese aber abtraten, entstand ein Vakuum - mit kleineren Ausnahmen wie Dwight Howard oder Yao Ming, wenn dieser denn fit war. Und nun? Die NBA ist kleiner geworden, es gibt mehr Skill und mehr Shooting, dennoch ist der MVP-Award seit Jahren in den Händen von Bigs.

Mit Nikola Jokic und Joel Embiid wurden dreimal in Folge Center zum Most Valuable Player ausgezeichnet, zuvor wurde Giannis Antetokounmpo Doppel-MVP, der ebenfalls hier und da Minuten auf der Fünf abreißt. Was sie alle gemeinsam haben? Sie sind nicht in den USA geboren, zumindest Embiid hat nun einen US-amerikanischen Pass und wird entsprechend von Sportdirektor Grant Hill umgarnt.

Team USA: Die Bigs bei der Basketball-WM

SpielerAlterGrößeTeam
Jaren Jackson Jr232,08 MeterMemphis Grizzlies
Paolo Banchero202,08 MeterOrlando Magic
Bobby Portis282,08 MeterMilwaukee Bucks
Walker Kessler222,16 MeterUtah Jazz

Und das nicht ohne Grund. 2019 verloren die USA bei der WM im Viertelfinale gegen Frankreich um Rudy Gobert, in der Zwischenrunde setzte es eine Pleite gegen Litauen mit dem physischen Jonas Valanciunas. Die USA setzen stattdessen auf kleine Lineups, unter anderem mit Paolo Banchero oder Bobby Portis als Fünfer, wenn Jaren Jackson Jr. sitzt, - auch aus Mangel an Alternativen.

Es ändert nichts am Umstand, dass die USA nicht nur gegen Deutschland favorisiert sind, dennoch ist es bemerkenswert, dass diese große Basketball-Nation auf der Fünf so wenig anzubieten hat. Wir blicken einmal auf die besten Center mit einem amerikanischen Pass, die im kommenden Sommer für die USA bei Olympia auflaufen könnten - für den Fall, dass Embiid nicht für die USA spielen wird.

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Platz 10: Mitchell Robinson (New York Knicks)

  • Alter: 25
  • Stats 22/23: 7,4 Punkte, 9,4 Rebounds und 1,8 Blocks bei 67,1 Prozent FG in 27,0 Minuten (59 Spiele)

Vor vier Jahren gehörte Robinson immerhin dem Select Team an, also jener Truppe, die in Las Vegas dem späteren WM-Team als Sparringspartner dient. Robinson ist der klassische Rollenspieler auf der Fünf - ein Center, der verteidigt, Rebounds einsammelt und im Angriff Lob-Anspiele verwertet.

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Platz 9: Wendell Carter Jr. (Orlando Magic)

  • Alter: 24
  • Stats 22/23: 15,2 Punkte, 8,7 Rebounds und 0,6 Blocks bei 52,5 Prozent FG und 35,6 Prozent Dreier in 29,6 Minuten (57 Spiele)

Carter Jr. war dagegen noch nie Teil von Team USA, entwickelte sich in Orlando aber zu einem flexiblen Big, der spielintelligent ist und auch über ein weiches Händchen verfügt. Dazu hat der Mitspieler von Franz Wagner ein Näschen für Rebounds und kann sowohl gegen Switches als auch Eins-gegen-Eins verteidigen. Gegen echte Kanten fehlt ihm dennoch ein wenig die Stärke.

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Platz 8: Robert Williams III (Boston Celtics)

  • Alter: 25
  • Stats 22/23: 8,0 Punkte, 8,3 Rebounds und 1,4 Blocks bei 74,7 Prozent FG in 23,5 Minuten (35 Spiele)

Auch der Timelord ist nicht der klassische Post-Verteidiger. Seine Stärken liegen defensiv beim Ringschutz, in Boston wird er meist auf dem Flügel geparkt, um dann am Ring auszuhelfen. Die Celtics vermieden es in der Vergangenheit, dass Williams zum Beispiel gegen einen Embiid verteidigen muss, auch ihm fehlt hier die Power.

Im Angriff ist Williams ein solider Passgeber, der Großteil seiner Offense besteht jedoch aus Offensiv-Rebounds und Dunks aus dem Pick'n'Roll, was auch seine absurde Feldwurfquote erklärt.

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Platz 7: Jarrett Allen (Cleveland Cavaliers)

  • Alter: 25
  • Stats 22/23: 14,3 Punkte, 9,8 Rebounds und 1,2 Blocks bei 64,4 Prozent FG in 32,6 Minuten (68 Spiele)

Auch Allen ist vornehmlich für Shotblocking und seinen Qualitäten als abrollender Center bekannt. Im internationalen Spiel ist das aber nur bedingt gefragt. Auch er war 2019 Teil des Select Teams vor der so enttäuschenden Weltmeisterschaft.

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Platz 6: Nic Claxton (Brooklyn Nets)

  • Alter: 24
  • Stats 22/23: 12,6 Punkte, 9,2 Rebounds und 2,5 Blocks bei 70,5 Prozent FG in 29,9 Minuten (76 Spiele)

Für das System von Steve Kerr bei dieser WM würde vermutlich auch Claxton sehr gut passen, insbesondere mit den vielen Switches. Es gibt nur wenige Bigs in der NBA, die darin so gut sind wie der Nets-Center, der allerdings offensiv sehr limitiert ist und massive Schwierigkeiten von der Freiwurflinie hat.

Dazu kommt, dass auch er sehr leicht gebaut ist und die gegen die FIBA-Bullen wohl nicht die beste Figur machen würde.

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Platz 5: Myles Turner (Indiana Pacers)

  • Alter: 27
  • Stats 22/23: 18,0 Punkte, 7,5 Rebounds und 2,3 Blocks bei 54,8 Prozent FG und 37,3 Prozent Dreier in 29,4 Minuten (62 Spiele)

Turner bekam bei der WM 2019 in China seine Chance als Starter, wirklich nutzen konnte er sie nicht. Der Pacers-Big ist eher ein Stretch Center, der mit seinem Wurf für Gefahr sorgen kann - ähnlich wie JJJ - am hinteren Ende fehlt aber etwas Flexibilität.

Klar, Turner ist ein toller Shotblocker, dafür hat er Defizite beim Rebound und ist nicht mehr als ein durchschnittlicher Verteidiger im Post. Seine Stärken kamen auf dem FIBA-Court nie wie gewünscht zur Entfaltung.

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Platz 4: Brook Lopez (Milwaukee Bucks)

  • Alter: 35
  • Stats 22/23: 15,9 Punkte, 6,7 Rebounds und 2,5 Blocks bei 53,1 Prozent FG und 37,4 Prozent Dreier in 30,4 Minuten (78 Spiele)

In der Theorie sollte Lopez perfekt für das FIBA-Spiel sein, davon war 2019 in China aber wenig zu sehen. Lopez ist lang, kann im Drop verteidigen und in der Zone warten, dazu hat er einen annehmbaren Wurf und verfügt sogar - die Älteren unter uns werden sich erinnern - über ein exzellentes Spiel aus dem Post.

Da Lopez im kommenden Jahr aber bereits 36 Jahre alt sein wird, dürfte er keine Rolle in den Planungen von Team USA spielen.

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Platz 3: Jaren Jackson Jr. (Memphis Grizzlies)

  • Alter: 23
  • Stats 22/23: 18,6 Punkte, 6,8 Rebounds und 3,0 Blocks bei 50,6 Prozent FG und 35,5 Prozent Dreier in 28,4 Minuten (63 Spiele)

Nach dem Litauen-Spiel prasselte jede Menge Kritik auf Jackson Jr. ein. Foulprobleme, nur ein Rebound in zwei Partien - die Zahlen sprachen nicht für den Grizzlies-Big. Auf der anderen Seite: Mit JJJ auf dem Feld dominierten die USA bislang jeden Gegner, der Verteidiger des Jahres verschreckt mit seiner Präsenz unter dem Korb seine Gegenspieler reihenweise.

Rebounding ist natürlich ein Problem, gleiches gilt für seine Fouls, wo er viel zu billig sich immer wieder selbst in Nöte bringt (Offensiv-Fouls, Reach-Ins). Das ist ärgerlich, weil er damit selbst immer wieder seinen Rhythmus bricht, obwohl die USA ihn so dringend braucht.

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Platz 2: Bam Adebayo (Miami Heat)

  • Alter: 26
  • Stats 22/23: 20,4 Punkte, 9,2 Rebounds und 3,2 Assists bei 54,0 Prozent FG in 34,6 Minuten (75 Spiele)

Heute ist das kaum noch nachvollziehbar, aber Gregg Popovich strich Adebayo vor vier Jahren tatsächlich aus dem Aufgebot, um mit Turner, Lopez und Mason Plumlee (!) zur WM zu fahren. Zwei Jahre später war Bam bei Olympia dann gesetzt und spielte beim Gewinn der Goldmedaille eine gewichtige Rolle.

Gegen einen Nikola Jokic sah zwar auch der Heat-Star in den NBA Finals kaum einen Stich, doch wer kann das schon von sich behaupten? Übrigens: Adebayo hatte auch ein Angebot vom nigerianischen Verband, wählte schließlich aber doch die USA - trotz der Enttäuschung von 2019.

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Platz 1: Anthony Davis (Los Angeles Lakers)

  • Alter: 30
  • Stats 22/23: 25,9 Punkte, 12,5 Rebounds und 2,0 Blocks bei 56,3 Prozent FG und 25,7 Prozent Dreier (56 Spiele)

AD wäre natürlich die Deluxe-Lösung für die USA, die vergangenen Playoffs haben gezeigt, dass es auf diesem Niveau keinen besseren Verteidiger als den Lakers-Center gibt, der dazu offensiv ebenfalls unfassbar talentiert ist.

Doch spielt Davis noch einmal für Team USA? 2012 war er als College-Spieler bei Olympia, zwei Jahre später war er bei der Weltmeisterschaft der Starting Center (vor Andre Drummond und DeMarcus Cousins). Das war es dann aber auch schon mit der Karriere bei Team USA. Aufgrund seiner Verletzungshistorie ist es aber schwer vorstellbar, dass Davis noch einmal spielen wird.

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