"Im Ausland werden wir viel mehr respektiert"

Von Interview: Haruka Gruber
Bayern-Sportdirektor Pesic (r.) neben Schweinsteiger, dem prominentesten Fan seines Teams
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SPOX: Zu Berlin soll die Stimmung noch unterkühlter sein. Was daran liegen könnte, dass die Gerüchte nicht verstummen wollen, wonach die Bayern neben dem vertragslosen Yassin Idbihi auch Nationalmannschafts-Kapitän Heiko Schaffartzik verpflichten wollen. Schaffartzik ist bis 2014 gebunden, seine Beziehung zur Alba-Führung soll jedoch angespannt sein.

Pesic: Ob einzelne Spieler zufrieden sind oder nicht, wissen die Verantwortlichen am besten. Daher möchte ich mich zu den einzelnen Namen oder der Situation bei Alba am liebsten raushalten. Generell überrascht es mich, wie Berlin über uns spricht. Nicht falsch verstehen: Ich war zehn Jahre bei dem Verein und er liegt mir weiterhin sehr am Herzen. Umso überraschter bin ich von den andauernden Aussagen aus Berlin, die ich als ziemlich unsouverän empfinde. Vor allem die Kommentare über unser Konzept mit jungen deutschen Spielern. Wir entschlossen uns bewusst dagegen, deutsche Spieler nur auf die Bank zu setzen, um die Quote zu erfüllen. Viel wichtiger war es uns, im gemeinsamen Dialog einen Weg zu finden, bei dem Spieler und Verein gleichzeitig zufrieden sind. Deswegen leihten wir zum Beispiel Schwethelm und Bastian Doreth aus. Wir verfolgen eine andere Politik als Alba.

SPOX: Ist es im Sinne des deutschen Basketballs trotzdem denkbar, dass vor allem die Bayern und Bamberg als die beiden Top-Klubs eine Basis finden, um gemeinsam Themen voranzubringen?

Pesic: Nicht zu vergessen: Oldenburg, Berlin oder auch Ulm. Es muss unser Ziel sein! Um den Status quo zu erhalten, kann die Politik der kleinen Fürstentümer fortgeführt werden. Andererseits: Wenn die BBL tatsächlich bis 2020 zur besten Liga Europas werden soll und wir größere Ziele verfolgen wollen, müssen wir umdenken. Alle Vereine müssen an einem Strang ziehen und den Weg gemeinsam gehen, um das Produkt BBL weiterzuentwickeln. Auch wenn uns das einige in Abrede stellen: Wir haben grundsätzlich ein großes Interesse daran, nicht nur mit Bamberg, sondern mit allen BBL-Teams ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, wie wir als Liga den nächsten Step machen können. Zum Beispiel: Die TV-Quoten des Playoff-Halbfinals waren die besten aller Zeiten, daran müssen wir anknüpfen und solidarisch einen Weg finden, von dem nicht nur Bayern und Bamberg profitieren, sondern auch der Mitteldeutsche BC oder Ludwigsburg.

SPOX: Dennoch werden die Bayern von der deutschen Konkurrenz weiter beneidet ob der finanziellen Potenz. Dass das letztjährige Budget von 8 bis 9 Millionen Euro erhöht wird, ist sicher. Die Schätzungen reichen dabei von 11 bis sogar 17 Millionen Euro.

Pesic: In Deutschland laufen viele Experten herum, die über das Budget anderer Vereine spekulieren, um eine Entschuldigung zu haben, wenn es nicht klappt mit dem sportlichen Erfolg. Und wenn es klappt, stellt man sich hin und sagt, dass man den finanzstärksten Klub aller Zeiten in unserer Milchstraße, Galaxie oder besser noch Universum geschlagen hätte. Wir hingegen achten nicht drauf, weil es nur Zeit und Energie kostet - und am Ende nichts bringt. Wie viel gibt Bamberg für die Mannschaft aus? Wie viel Alba? Berlin hatte letzte Saison 9 Ausländer unter Vertrag - aber warum sollten wir uns damit länger beschäftigen? Dasselbe gilt für die Euroleague: Soll ich darüber nachdenken, dass der Spieleretat von Malaga 2 Millionen oder Galatasaray 4 Millionen höher ist? Partizan erreichte vor 4 Jahren das Euroleague-Final-Four, obwohl sie fünfmal weniger Geld hatten als die anderen. Geld ist wichtig, allerdings nicht das allesentscheidende.

SPOX: Bayern wird demnach kein Budget in Fabelbereichen zur Verfügung stehen?

Pesic: Vorweg: Wir sind mit unserem Budget sehr zufrieden. Wir versuchen, daraus das Maximum herauszuziehen, und ich glaube, dass wir mehr in die Infrastruktur investieren als jeder andere deutsche Verein. Die nächste Stufe muss im sportlichen Bereich kommen. Erst kontinuierlicher Erfolg gibt den Sponsoren die Sicherheit, langfristig in unser Projekt zu investieren. Daher haben wir es selbst in der Hand, das Budget zu erhöhen, indem wir sportlich überzeugen.

SPOX: Was heißt "die nächste Stufe im sportlichen Bereich"? Die deutsche Meisterschaft und das Erreichen der Euroleague-Top-16?

Pesic: In Deutschland wollen wir nach dem Viertelfinale und dem Halbfinale richtig angreifen. Wichtig dafür wäre ein besseres Abschneiden in der Regular Season. Und in der Euroleague bekamen wir Olympiakos als amtierenden Euroleague-Sieger, Siena, Galatasaray und Zielona Gora als italienischen, türkischen und polnischen Meister sowie Malaga zugelost. Eine sehr interessante und gleichzeitig nicht die schwerste Gruppe.

SPOX: Noch unbeantwortet bei den Bayern ist die Frage, wer die sechs Kader-Plätze einnimmt, die laut der Positiv-Quote der BBL für die deutschen Spieler reserviert sind. Robin Benzing, Lucca Staiger, Paul Zipser, Steffen Hamann und voraussichtlich Doreth sind eingeplant. Was passiert mit Jan Jagla und Demond Greene?

Pesic: Wir werden nie Probleme mit der Quote bekommen, weil fast alle deutschen Basketballer Interesse haben, bei uns zu spielen. Ich müsste mich schon sehr irren, wenn wir irgendwann einmal Probleme bekommen, die Quote zu erfüllen. Bezüglich Jagla und Greene wird in absehbarer Zeit eine definitive Entscheidung fallen.

SPOX: Die Tendenz?

Pesic: Wir als Verein wissen genau, was die Stärken und Schwächen von Jagla und Greene sind. Und wir wissen genau, was wir wollen. Die große Frage: Was will der Spieler? Es wird sich in den nächsten Tagen herauskristallisieren.

Nach Benzing: Auch Steffen Hamann verlängert beim FC Bayern

SPOX: Sie sorgten für eine der überraschenden Personalien des Sommers, als Sie Philipp Schwethelm nach der Leihe zu Ulm nicht zurückholten, sondern Lucca Staiger unter Vertrag nahmen. Es sind zwei unterschiedliche Flügelspieler-Typen - aber vom Leistungsniveau sehr ähnlich.

Pesic: Tatsächlich sind es verschiedene Spielertypen. Lucca bringt konstante Firepower von außen mit, das hatte uns im Vorjahr gefehlt. Außerdem verfügt er über weiteres Potenzial und hat gute Erfahrungen mit unserem Trainer im vergangenen Sommer gemacht. In Ludwigsburg hinterließ er körperlich und mental einen sehr guten Eindruck. Parallel habe ich mit Philipp einige Male gesprochen. Er bekam bereits letzte Saison 25 Minuten im Schnitt und jetzt öffnet sich eine noch größere Rolle, weil Ulm nicht mit Steven Esterkamp verlängert. Diese Rolle hätten wir ihm so nicht garantieren können. Für jeden, der Eins und Eins zusammenzählen kann, ist die Staiger-Schwethelm-Entscheidung absolut logisch.

SPOX: Wie geht es mit Bogdan Radosavljevic weiter? Sie bezeichneten Ihn als das größte Center-Talent Europas - doch der Eindruck bleibt, dass er in München stagniert. Mit der U-20-Nationalmannschaft überzeugt er hingegen in der EM-Vorbereitung.

Pesic: Bodgan ist ein spezielles Thema: Für mich ist er immer noch der talentierteste deutsche Spieler unter 21 Jahren. Und letztes Jahr brachten ihn zwei, drei Verletzungen aus dem Rhythmus. Dennoch ist es so, dass er ein Umfeld braucht, wo er spielen kann. Wo das sein wird, müssen wir sehen.

SPOX: Ein Rätsel ist auch Ausnahmetalent Paul Zipser. Wegen einer Sprunggelenksverletzung trainierte der 19-Jährige mehr, als er spielte.

Pesic: Spielerisch mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Wenn er fit ist, hat er schon diese Saison alle Chancen, in der Rotation zu stehen. Was im Sommer gelöst werden muss, sind die körperlichen Probleme. Er sollte erst einmal richtig gesund werden, dann sehen wir weiter.

SPOX: In den USA begann am Sonntag die Summer League. Werden Sie Elias Harris und Tim Ohlbrecht besonders beobachten?

Pesic: Elias ist ein unglaublich interessanter Spieler, der trotz anderer Angebote vorbildlich vier Jahre auf dem College blieb und sehr gute Leistungen ablieferte. Jetzt spielt er die Summer League und schaut, was passiert. Sollte es mit der NBA nicht funktionieren, ist er immer interessant für uns. Wenn er verfügbar ist, werden wir uns sicherlich mit ihm unterhalten.

SPOX: Ohlbrecht?

Pesic: Soweit ich weiß, besitzt er einen Vertrag in Houston. Zumal wir auf seiner Position vermutlich keinen Bedarf haben werden.

SPOX: War etwas an den Gerüchten dran, dass Sie mit Dennis Schröders Agenten Ademola Okulaja verhandelten, bevor er von Atlanta im Draft an 17 gezogen wurde?

Pesic: Ich habe einige Male mit Ademola telefoniert, wobei wir wegen Dennis nie konkret in Kontakt standen. Viele meiner Freunde sind NBA-Scouts und fragten mich nach Dennis. Daher war es mir ziemlich früh klar, dass Dennis hoch gepickt wird, wenn er im Draft bleibt. Daher ist die Situation wie bei Elias: Was will er? In der NBA sind die Verantwortlichen besonders auf der Aufbauposition darauf erpicht, kein großes Risiko einzugehen. Daher wird es spannend zu sehen, wie Dennis in der Summer League abschneidet.

SPOX: Sehen Sie eine kleine Chance auf Schröder?

Pesic: Wenn wir bis dahin keine Lösung auf der Point-Guard-Position gefunden haben, können wir gerne darüber sprechen. Aber ich bezweifele das.

Die Euroleague-Qualifikation mit Oldenburg im Überblick