"Ich werde oft falsch verstanden"

Von Interview: Philipp Dornhegge
Paderborns Chris Ensminger stellt Alba Berlin offensiv wie defensiv vor einige Probleme
© imago

Für die Paderborn Baskets ist die Sensation zum Greifen nah: Der Underdog hat das übermächtige Alba Berlin in der ersten Playoff-Runde in ein fünftes Spiel gezwungen (20.15 Uhr im LIVESCORE).

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Einer der Schlüsselspieler am Donnerstagabend ist Routinier Chris Ensminger. Der 35-Jährige punktet, reboundet und verteidigt wie zu seinen besten Zeiten.

Im Interview mit SPOX verrät der Amerikaner, wie er sich auch im fortgeschrittenen Alter noch fit hält, dass er keine Freiwurfschwäche hat und warum er auf dem Platz keine Drecksau ist.

SPOX: Herr Ensminger, das kleine Paderborn hat in den Playoffs zwei Spiele gegen Alba Berlin gewonnen. Für mich ist das ein Wunder! Und für Sie?

Chris Ensminger: Ein Wunder würde ich das nicht nennen. Wir sind jetzt zum Ende der Saison richtig gut drauf. Klar haben wir in der Saison und im Pokal dreimal gegen Berlin verloren, aber die Playoffs sind etwas ganz anderes. Wir glauben an uns, obwohl uns niemand etwas zugetraut hat.

SPOX: Sie sind trotz ihrer 35 Jahre wieder einer der stärksten Spieler der Playoffs. Wie halten Sie sich so fit?

Ensminger: Körperstabilisierung, Yoga, Pilates - diese Dinge mache ich, um beweglich zu bleiben. In meinem Alter ist das das ganze Geheimnis. 35 ist für mich nur eine Zahl, ich fühle mich noch genauso wie vor sechs, sieben Jahren.

SPOX: Für viele gelten Sie als knallharter Verteidiger, manche bezeichnen Sie sogar als Drecksau. Ein Lob oder Kritik, gegen die Sie sich wehren wollen?

Ensminger: Jeder hat seine eigene Meinung. Wenn man unter dem Korb agiert, dann kommt es auch zu Körperkontakt. Wenn man gegen Teams häufig gespielt hat, dann stecken sie dich in irgendeine Schublade. Aber ich werde oft falsch verstanden: Ich will eben gewinnen und spiele so hart wie es geht. Da passiert schon mal was, aber nichts davon ist Absicht.

SPOX: Was macht Ihnen eigentlich mehr Spaß: Punkte zu erzielen oder andere vom Scoren abzuhalten?

Ensminger: Ich bin schon stolz auf meine Defense. Wenn jemand gegen mich punktet, dann nehme ich das sehr persönlich. Aber die Tatsache, dass ich auch im Angriff etwas zum Erfolg beitragen kann, freut mich natürlich.

SPOX: Für Ihr altes Team Bamberg lief es ja nicht so gut in der regulären Saison. Bereuen es die Baskets, dass sie Sie haben gehen lassen?

Ensminger: Das müssen Sie die fragen. Ich weiß es nicht. Klar lief es anfangs nicht gut, aber mittlerweile klappt es ja auch wieder besser. Und jetzt stehen sie plötzlich im Halbfinale.

SPOX: Muss man nach dem 1-3 vielleicht sagen, dass Göttingen zu grün war für die meisterschaftserfahrenen Bamberger?

Ensminger: Vor allem fehlt es dem Team an Tiefe. Sie hatten zwei Ausfälle, die sie einfach nicht kompensieren konnten. In einer Best-of-Five-Serie spielt man alle zwei Tage. Das ist schon eine ungewöhnliche Belastung im Vergleich zur Saison, wo man nur einmal pro Woche spielt. Ihnen ist einfach die Luft ausgegangen.

SPOX: Unerfahrenheit gibt es bei Paderborn dank Ihnen nicht. War das einer der Gründe, warum Sie geholt wurden?

Ensminger: Ich denke schon. Zudem hatte ich schon meine Erfahrung mit Coach Douglas Spradley. Ich kenne ihn, er kennt mich, das passte einfach. Paderborn brauchte unbedingt einen Center und sie haben mir die Chance gegeben, eine wichtige Rolle zu spielen. Dafür bin ich dankbar.

SPOX: Wollen Sie also in Paderborn bleiben?

Ensminger: Ich weiß nicht. Zunächst spielen wir die Saison zu Ende. Danach schaue ich mir ganz genau an, wohin sich der Verein entwickelt. Was sie erreichen wollen und mit welchen Spielern sie planen, wird für meine Entscheidung ausschlaggebend sein.

SPOX: In den anderen beiden Duellen gewann Bonn gegen Ulm mit 3-0 und Oldenburg gegen Frankfurt mit 3-1. Haben diese Serien den erwarteten Verlauf genommen?

Ensminger: Ja. Oldenburg war sehr konstant das ganze Jahr über, bei Frankfurt ging es auf und ab. Bonn ist ein sehr erfahrenes Team, aber ich hatte ehrlich gesagt damit gerechnet, dass Ulm zumindest zuhause gewinnen würde.

SPOX: Schauen Sie schon auf die zweite Runde oder sogar das Finale? Vielleicht ein Duell gegen Ihre alten Kollegen?

Ensminger: Unser nächster Gegner wäre ja dann erstmal Bonn, aber selbst daran können wir noch nicht denken. Wir konzentrieren uns voll auf Berlin.

SPOX: Wie bereiten Sie sich persönlich auf diese Spiele vor?

Ensminger: Wir haben ja gegen jede Mannschaft schon oft genug gespielt. Die meisten Gegner kenne ich genauso gut wie meine Mitspieler und weiß ziemlich genau, wie die spielen. Dazu schaue ich trotzdem noch ein bisschen Video.

SPOX: Ihre Statistiken geben Ihnen sicher recht: 11,2 Punkte und 9,1 Rebounds sind gut. Allerdings treffen Sie nur 56 Prozent ihrer Freiwürfe. Sind Sie der Shaquille O'Neal der BBL?

Ensminger: Wenn Sie wollen, können Sie mich so nennen (lacht). Aber ich glaube nicht, dass das der Realität entspricht. Mal gehen die Dinger rein, mal nicht. Aber wenn es drauf ankommt, dann treffe ich, das habe ich in der Vergangenheit oft genug bewiesen. Manche Spieler brauchen einfach diesen Druck, und ich blühe in diesen Situationen auf.

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