Tim Lobinger träumt von London 2012

SID
Leichtathletik, Lobinger
© DPA

Sindelfingen - Bei den deutschen Meisterschaften in Sindelfingen bastelte Tim Lobinger wieder einmal an seiner Erfolgsstory: Zum sechsten Mal gewann er den Hallen-Titel - zum 98. Mal in seiner Karriere überwand er mindestens 5,80 Meter.

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Vor ein paar Tagen noch schraubte der 35-jährige Stabhochspringer zu Hause in München ein neues Regal zusammen, um seine zweieinhalb Meter Trainingsbücher unterzubringen. Fein säuberlich hat er darin seit 21 Jahren jede schweißtreibende Einheit vermerkt.

Ob er nicht allmählich an seinen Abschied denke? "Das habe ich mir gestern Abend im Bett mal wieder überlegt. Irgendwann werde ich beschließen: Das war's. Aber ankündigen werde ich es nicht", sagte Lobinger.

Der Hallen-Weltmeister von 2003 lehnte sich bei der Pressekonferenz zurück und sprach grinsend von Olympia 2012: "Ich freue mich, mit London noch eine Chance auf schöne Spiele in der Nähe zu haben." Vielleicht, schränkte er ein, "erlebe ich das auch nur als Zuschauer".

"Stehe über den Dingen" 

Andererseits ist Lobinger ein derart leidenschaftlicher Höhenjäger, dass er es sich gut vorstellen kann, bei Wettkämpfen auch nur noch 5,30 Meter hoch zu springen und den Talenten Hilfestellung zu geben. "Ich stehe da mittlerweile über den Dingen, bin da auf einer anderen Ebene", sagte der extrovertierte Sportler.

Am Ende des Wettkampfs im Sindelfinger Glaspalast standen Lobinger und Danny Ecker, der mit ebenfalls 5,80 Zweiter wurde vor Fabian Schulze (5,65), auf der Stabhochsprungmatte zu einem Interview.

Danach stürzte sich Lobinger auf Ecker und riss ihn mit einem Juchzer um. Seit 1999 sind die beiden 126 Mal bei Meetings oder Meisterschaften gegeneinander angetreten. Bei der Hallen-WM vom 7. bis 9. März in Valencia können sie sich nun wieder das Zimmer teilen. "Ein bisschen kuscheln", meinte Schulze und stieß Lobinger den Ellbogen in die Rippen.

Der Leverkusener Ecker, eher ein Leisetreter, hatte schon zuvor in Stockholm den Kürzeren gegen Lautsprecher Lobinger gezogen. Nach dem Rückflug nach Deutschland blieb seine Sporttasche verschollen. Eckers Vater packte zu Hause in Leverkusen eine neue und brachte sie nach Sindelfingen.

Auf dem Weg zum Jubiläumssprung 

Er blieb allerdings so lange im Stau stecken, dass sich Sohn Danny im Glaspalast in Jeans warmlaufen musste. "Das war super nervig. Nachdem ich in Stockholm nur 5,50 Meter gesprungen bin und die Tasche nicht kam, wollte ich die Hallensaison schon beenden", meinte Ecker.

Am 25. Februar ist für den Hallen-Europameister und WM-Dritten von Osaka bereits wieder Abflug: Mit einer Delegation von Außenminister Frank-Walter Steinmeier reist er nach Indonesien, Vietnam und Singapur, um für die Leichtathletik- WM 2009 in Berlin zu werben.

Lobinger bestreitet in dieser Zeit noch das Sportfest in Chemnitz. Wenn er dort ebenfalls die 5,80 Meter packt, wäre der 100. Sprung über diese Weltklasse-Höhe in Valencia fällig. Dass Lobinger in diesem Winter wieder so hoch hinaus springt, war nicht unbedingt zu erwarten.

Am 1. Oktober war er an beiden Leisten operiert worden. Zwei dünne Gitter aus Titan "in doppelter Postkartengröße" stecken nun in seinem Unterleib und stabilisieren das Gewebe. Der deutsche Meister machte den Bauchnabel frei, zeigte die kaum noch sichtbaren Narben - und zog zufrieden von dannen.