Balco-Gründer will auspacken

SID
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© Getty

Lausanne - Bei einem Treffen mit dem Präsidenten der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), Richard Pound, will Victor Conte, der ehemalige Chef des dubiosen Balco-Doping-Labors in Kalifornien, auspacken.

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Der Amerikaner will in New York detaillierte Informationen "über zügelloses Doping im Spitzensport" präsentieren. Britische und US-Medien zitierten aus einer entsprechenden E-Mail Contes, der wegen Verbreitung von Dopingmitteln und Geldwäsche schon vier Monate im Gefängnis gesessen hat.

Zu seinen prominentesten Kunden hatten die US-Sprinter und geständigen Doping-Betrüger Tim Montgomery und Marion Jones gezählt. Aus Contes "Hexenküche" kam das künstliche Steroid THG - Codename "the clear".

"Es ist im Interesse aller, dass Licht in die Balco-Affäre kommt", sagte Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), in Lausanne. Der Jurist leitet die Disziplinarkommission im Fall Jones. Pound werde nach dem Treffen sicher eine Bewertung abgeben, "und das werden wir uns dann ansehen. Conte ist derjenige, der wissen muss, was passiert ist", meinte Bach.

Experten sind misstrauisch

Die Wandlung vom geständigen Betrüger zum Kronzeugen macht Experten misstrauisch, doch Conte hat angeblich vor, Pound sein "spezielles Wissen über frühere und aktuelle olympische Spitzenathleten, Trainer und Lieferanten, die weltweit in Dopingaffären verstrickt waren", preiszugeben. Außerdem will er enthüllen, wie Dopingtests "leicht umgangen" werden können.

Der Kanadier Pound amtiert noch bis Ende des Jahres als WADA-Chef; sein Nachfolger ist der Australier John Fahey.

5000 gedopte Olympioniken

"Es ist fast eine Ironie, aber gerade meine ärmlichen Entscheidungen und Fehler der Vergangenheit qualifizieren mich in einzigartiger Weise dafür, jetzt einen Beitrag zu leisten", erklärte jener Mann, der als Drahtzieher der Balco-Affäre im Mittelpunkt eines der größten Dopingskandale im Sport stand. Doping sei in den olympischen Sportarten verbreitet "wie eine Seuche", wird Conte von "Times Online" zitiert. "Rund 5000 Athleten" sollen bei den Sommerspielen 2000 in Sydney illegale Substanzen genutzt haben, behauptet der langjährige Doping-"Versorger".

Wenn er der WADA nicht nur Namen nennt, sondern auch Beweise und Dokumente vorlegt, könnte das dem Kampf gegen Doping Auftrieb geben. Die IOC-Exekutive hat auf ihrer Sitzung in Lausanne Folge-Entscheidungen im Fall Jones gerade deshalb vertagt, weil Bachs Disziplinarkommission noch Einblick in weitere Balco-Unterlagen nehmen will.

"Nachrücker" werden gesucht

Vor allem geht es um die "Nachrücker" auf die olympischen Medaillenplätze, die Jones nach ihrem Doping-Geständnis räumen muss. Ob ihre acht Staffel-Kolleginnen ebenfalls mit "Medaillenentzug" bestraft werden, soll erst später entschieden werden. Die IOC-Exekutive will der 32 Jahre alten Amerikanerin die fünf Sydney-Plaketten am 12. Dezember offiziell aberkennen.

Pikant: Im 100-Meter-Lauf würde dann die griechische Sprinterin Ekaterini Thanou auf den Gold-Platz nachrücken; nach dem Dopingskandal bei den Olympischen Spielen in Athen war sie für zwei Jahre suspendiert. "Einige der Konkurrentinnen von Jones könnten ebenfalls leistungssteigernde Mittel benutzt haben", behauptet Conte. Nun muss er Beweise liefern.