Luftverschmutzung bedroht Spiele in Peking

SID

Peking - Die starke Luftverschmutzung in Peking bedroht die Olympischen Spiele 2008 und beunruhigt zunehmend die Herren der Ringe.

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Weniger als zehn Monate vor den Sommerspielen "dürfte die Zeit davonlaufen", um daran noch etwas zu ändern, warnte Jacques Rogge in einem Redetext zum Auftakt der 7. Weltkonferenz über Sport und Umwelt in Peking, doch ließ der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees diese Passage aus Rücksicht auf die chinesischen Gastgeber im Saal doch lieber aus.

Er mahnte aber erneut, dass die Athleten "saubere und gesunde Bedingungen für das Training und die Wettkämpfe brauchen". Zum Schutz der Gesundheit der Athleten könnten Wettkämpfe verschoben werden, falls die Luftqualität zu schlecht sein sollte.

Die schlechte Luft in Peking entwickelt sich zur größten Sorge. Hat es die Hauptstadt bei früheren Besuchen der IOC- Koordinierungskommission häufig auf wundersame Weise geschafft, rechtzeitig für blauen Himmel zu sorgen, lag der Luftindex ausgerechnet während der Umweltkonferenz bei über 140 Punkten. Pekingern mit Herz- oder Atemwegserkrankungen musste empfohlen werden, "Anstrengungen und Aktivitäten im Freien zu verringern".

So wie in dieser Woche übersteigen selbst die offiziell zugegebenen Schadstoffwerte, an denen viele Pekinger ohnehin ihre Zweifel haben, regelmäßig die Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Weit über den Grenzwerten

"Die starke Nutzung von Kohle und die wachsende Zahl der Motorfahrzeuge hat zu den langsamen Fortschritten bei der Verbesserung der Luftqualität beigetragen", stellt ein Bericht des UN-Umweltprogramms UNEP fest. Was die Pekinger als alltäglichen Staub auf Autos kennen und in ihre Lungen atmen, nennt der UNEP-Bericht "besonders beunruhigend".

Der Feinstaub liege "bei weitem" über den WHO-Grenzwerten und sei "äußerst schädlich für die öffentliche Gesundheit". Seit sechs Jahren liege der jährliche Mittelwert der gefährlichen Partikel unverändert bei 141 bis 166 Mikrogramm pro Kubikmeter, obwohl die WHO höchstens 20 Mikrogramm zulässt.

Bei der Vergabe der Sommerspiele vor sieben Jahren hat sich Peking allerdings nicht verpflichtet, bestimmte Luftwerte zu garantieren. Die Stadtregierung hat aber durchaus große Anstrengungen unternommen, was das IOC und UN-Umweltprogramm lobend anerkennen.

Doch niemand hat das schnelle Wachstum des Verkehrs, der Wirtschaft, Industrie und Bevölkerung der Metropole auf nunmehr 17 Millionen Menschen vorhersehen können. Der UN-Bericht sagt deswegen voraus, dass die Zeit bis Olympia nicht reiche, um den Smog zu vertreiben. "Verbesserungen der Luftqualität können nicht in kurzer Zeit erreicht werden", sagte UN-Programmdirektor für Sport und Umwelt, Eric Falt.

Verschiebung von Veranstaltungen möglich

Ein Versuch mit einem viertägigen Fahrverbot für mehr als ein Drittel aller Autos war eher enttäuschend. Die Schadstoffe waren gerade einmal um 10 bis 20 Prozent zurückgegangen. Solche drastischen Verkehrsbeschränkungen sollen während der Sommerspiele, in der Trainingsphase davor und den Paralympischen Spielen danach gelten. Dass auch Fabriken die Produktion herunterfahren oder einstellen, ist noch keineswegs ausgemacht, weil die Entschädigung ungeklärt ist.

So sieht IOC-Präsident Rogge heute schon voraus, dass die Luftqualität vor allem für Ausdauersportarten wie Marathon oder Radrennen nicht unbedingt an jedem Tag ausreichen werden. "Aus diesem Grund könnte es sein, dass wir einige Veranstaltungen verschieben müssen, damit die Gesundheit der Sportler peinlich genau geschützt wird."

Dafür sollen WHO-Standards angelegt werden, die sich auf chinesische Schadstoffangaben stützen. Unabhängige Messungen wird es nicht geben. Auch werden die Ozonwerte völlig unter den Tisch gekehrt. Der Schadstoff wird in Peking gar nicht gemessen, obwohl er gerade unter sommerlichen Bedingungen wie im August stark ansteigt.