Kiel weist Vorwürfe zurück

SID
Ein erkaufter Titel? 2007 gewann der THW Kiel die Champions League
© Getty

Der drohende Bestechungsskandal um Bundesligist THW Kiel hat den Handball-Verband HBL in einen Schockzustand versetzt. Geschäftsführer Bohmann kündigte Nachforschungen an.

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Der deutsche Rekordmeister THW Kiel hat die gegen ihn erhobenen Bestechungsvorwürfe zurückgewiesen und damit den Ligaverband HBL zufriedengestellt.

"Uwe Schwenker hat erklärt, dass der THW Kiel keine Spiele manipuliert hat. Die von Dieter Matheis erbetene Erklärung hat Schwenker abgegeben. Damit sind die aufgeworfenen Fragen geklärt", sagte HBL-Präsident Reiner Witte nach einer Sondersitzung von Mitgliedern des Präsidiums und Aufsichtsrates der HBL am Montagabend in Hamburg: "Belastbare Tatsachen liegen nicht vor."

"Die Sache ist für mich geklärt"

Kiels Manager Schwenker hatte in der Sitzung alle Vorwürfe, der THW habe das Champions-League-Finale 2007 gegen den Bundesliga-Konkurrenten SG Flensburg-Handewitt und möglicherweise seit 2000 noch weitere Spiele manipuliert, zurückgewiesen.

"Ich kann für den THW und mich selbst erklären, dass an den Manipulationsvorwürfen nichts dran ist. In der Sitzung hat es auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben. Damit ist die Sache für mich geklärt", sagte Schwenker.

Matheis hatte Schwenker um Aufklärung gebeten

Auslöser dafür, dass die Vorwürfe aufgekommen sind, war ein Schreiben von HBL-Aufsichtsratsmitglied Dieter Matheis, zugleich Gesellschafter des Kieler Liga-Konkurrenten Rhein-Neckar Löwen, an Schwenker, in dem dieser um Aufklärung der Sache gebeten hatte.

"Ich habe von diesen Gerüchten in einer Gesellschaftersitzung der Rhein-Neckar Löwen gehört und mich dazu entschlossen, Uwe Schwenker um Aufklärung zu bitten. Ich nehme das Wort von Uwe Schwenker zur Kenntnis und gehe davon aus, dass er mir die Wahrheit gesagt hat", sagte Matheis.

HBL-Geschäftsführer Bohmann kündigt Nachforschungen an

Zuvor hatte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann angekündigt, den Verdachtsmomenten schnellstmöglich nachzugehen. Dabei ist die Rede von Manipulationen beim Finalrückspiel der Königsklasse am 29. April 2007 unter der Leitung des polnischen Schiedsrichter-Duos Miroslaw Baum und Marek Goralczyk.

Die damals unterlegenen Flensburger reagierten vorerst zurückhaltend. "Ich kann und mag mir nicht vorstellen, dass der THW damals in solch einer Weise operiert hat", sagte SG-Manager Fynn Holpert.

Auch damals beteiligte Spieler wollten dem Bestechungsverdacht keine zusätzliche Nahrung geben. "Das war ein 50:50-Spiel, das wir genauso gut hätten gewinnen können. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da etwas dran ist", meinte Flensburgs dänischer Nationalspieler Lars Christiansen.

Strittig war allerdings beim Kieler 29:27-Sieg zumindest eine Szene: SG-Spieler Joachim Boldsen hatte nach einem Foul am Kieler Christian Zeitz bereits nach 15 Minuten die Rote Karte gesehen, was durchaus unterschiedlich bewertet worden war. Christiansen empfand die Entscheidung damals jedenfalls als "nicht fair".

"Es heißt, dass der THW seit 2000 Spiele beinflusst haben soll"

Unterdessen wurde bekannt, dass sich der Manipulations-Verdacht nicht allein auf das Champions-League-Finale vor zwei Jahren beschränken soll. "Es heißt, dass der THW seit 2000 Spiele beeinflusst haben soll", sagte der HBL-Aufsichtsratsvorsitzende Manfred Werner: "Ob das dann zwei oder noch mehr sind, und um welche genau es sich handelt, weiß ich nicht."

Auslöser dafür, dass die Vorwürfe nun aufgekommen sind, ist derweil offenbar ein Schreiben von HBL-Aufsichtsratsmitglied Dieter Matheis an Schwenker, in dem dieser um Aufklärung der Sache gebeten hat.

Matheis, zugleich Gesellschafter des Kieler Liga-Konkurrenten Rhein-Neckar Löwen und ehemaliger Finanzvorstand von Löwen-Sponsor SAP, hatte dies bestätigt: "Das stimmt, es gibt ein entsprechendes Schreiben."

Serdarusic dementiert Selbstanzeige

Zudem soll es zu dem Fall eine Selbstanzeige geben. Gerüchte, diese stamme vom früheren THW-Coach Noka Serdarusic, wurden von dem 58-Jährigen jedoch dementiert. Serdarusic hatte am vergangenen Mittwoch wegen gesundheitlicher Probleme sein Engagement bei den Rhein-Neckar Löwen für die kommende Saison überraschend abgesagt.

Streit hatte es zwischen dem THW und den Löwen in den vergangenen Wochen um Welthandballer Nikola Karabatic gegeben, dessen Wechsel zu den Mannheimern am Kieler Veto gescheitert war.

Die polnischen Schiedsrichter waren in der Vergangenheit schon einmal mit Manipulations-Vorwürfen konfrontiert worden. Anlass war ihre Spielleitung beim olympischen Frauen-Finale 2004 in Athen, das Dänemark gegen Südkorea mit 38:36 nach Siebenmeterwerfen gewonnen hatte.

Der frühere Geschäftsführer des Weltverbandes (IHF), Frank Birkefeld, witterte damals eine unlautere Einflussnahme: "Dänemark konnte dieses Spiel einfach nicht verlieren, weil Südkorea nicht gewinnen durfte."

Die Tabelle der Handball-Bundesliga