Baur vollzieht den Wechsel endgültig

SID
Markus Baur verabschiedet sich als Spieler
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Heute vollzieht Markus Baur endgültigen seinen Abschied von der Nationalmannschaft. Für den Trainer des TBV Lemgo ist die Partie längst eine Reise in die Vergangenheit.

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Welchen Stellenwert die Nationalmannschaft für Markus Baur noch immer hat, wird deutlich wenn der 37-Jährige über die emotionale Ebene seines Abschiedsspiels spricht.

Baur ist nicht eben für seine Gefühlsausbrüche bekannt, doch beim Gedanken an die Partie am heutigen Mittwoch in Stuttgart wird er wehmütig: "Eigentlich bin ich nicht so der emotionale Typ. Aber ich glaube, das könnte sich dann ändern", meinte der Handball-Weltmeister mit Blick auf sein Abschiedsspiel in der seit Wochen ausverkauften Arena (20.00 Uhr).

Beim Spiel zwischen der deutschen Nationalmannschaft und einem All-Star-Team wird Baur seine Karriere als Spieler nach 228 Länderspielen (712 Tore) und dem WM-Titel 2007 als Krönung offiziell beenden.

Den Wechsel längst vollzogen

In der Zukunft ist der ehemalige Nationalmannschafts-Kapitän längst angekommen. Seit Januar 2008 trainiert Baur nach einem kurzen Abstecher als Spielertrainer in Winterthur/Schweiz mit Erfolg den Bundesligisten TBV Lemgo, für den er selbst sechs Jahre aktiv war.

Das letzte Länderspiel des begnadeten Regisseurs liegt schon knapp ein Jahr zurück, da Baur wegen seines neuen Jobs in Ostwestfalen auf eine Olympia-Teilnahme in Peking verzichtete.

Es blieb ihm deshalb Zeit genug, um den kniffligen Rollentausch zu vollziehen. "Vom Spieler Baur steckt nicht mehr viel im Trainer Baur. Ich hatte in meiner Zeit als Coach nie das Gefühl, aufs Feld rennen und mitmischen zu müssen", berichtet der ebenso eloquente wie launige Baur, der in der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) in vielfacher Hinsicht eine Lücke hinterließ.

"Er hat sich um den Handball verdient gemacht"

Während Heiner Brand seinen "verlängerten Arm", der nach Angaben des Bundestrainers verlässlich wie ein "Schweizer Uhrwerk" ist, auch nach zwölf Monaten noch immer schmerzlich vermisst, sind seine früheren Teamkollegen auf der Suche nach einem adäquaten Nachfolger für "Schussel" Baur.

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"Bei Markus ging im Alltag öfter mal was schief. Mal hat er sich mit einem Sonnenschirmständer den Fuß durchbohrt, dann hat er auf einer Bootstour erst sein Handy und dann sich selbst versenkt", erzählt Lemgos Nationalspieler Florian Kehrmann von der "dunklen" Seite seinen jetzigen Chefs, den selbst Bundespräsident Horst Köhler ("Markus Baur hat sich um den Handball in Deutschland verdient gemacht") jüngst würdigte.

Auch Baurs Wegbegleiter Stefan Kretzschmar konnte sich über den Langzeitstudenten und dreimaligen Familienvater manchmal nur wundern.

"So gewissenhaft Markus im Sport ist, so schusselig ist er im Alltag", meinte der Ex-Nationalspieler. Kretzschmar wird in Stuttgart neben Größen wie Henning Fritz, Daniel Stephan, Volker Zerbe, Olafur Stefanson, Lars Christiansen und Mirza Dzomba im All-Star-Team antreten.

Meinungsfreudiger Anführer

Baurs ausgeprägten Hang zur Perfektion auf dem Parkett bekam auch eine Autorität wie Brand zu spüren.

"Wir waren nicht immer einer Meinung. Aber dann haben wir uns zusammengesetzt, diskutiert und eine gemeinsame Lösung gefunden. Wir hatten schließlich immer das gleiche Ziel: Wir wollten erfolgreich sein", sagt Brand, der sich besonders gerne an den EM-Titel 2004 und den WM-Triumph drei Jahre später erinnert.

Für den Erfolgscoach war es kein Wunder, dass Baur ins Trainerfach gewechselt ist: "Markus hat schon als Spieler viele Ideen eingebracht und konnte die Partie lesen wie kaum ein anderer."

"Markus hat sich diese Partie verdient"

Brands Wertschätzung für seinen ehemaligen Kapitän, der bei der WM als Co-Kommentator für RTL dabei ist, belegt die Tatsache, dass er dem Abschiedsspiel nur neun Tage vor Beginn der WM in Kroatien (16. Januar bis 1. Februar) zugestimmt hat.

"Für jeden hätten wir das nicht gemacht", erklärte der 56-jährige Brand: "Markus hat sich diese Partie aber verdient. Und er hat mir versprochen, dass das keine Zirkusnummer wird, sondern dass meine Mannschaft richtig gefordert wird."

Brand hofft nach den glanzlosen Testspielsiegen am Wochenende gegen Griechenland auf eine weitere Leistungssteigerung des Weltmeisters im letzten Heimspiel vor der WM. Die WM-Generalprobe findet dann von Freitag bis Sonntag bei einem Turnier in Spanien statt.