WM

Sinsheim ist ganz nah

SID
Für Felix Brych ist die WM in Brasilien die erste Endrunde seiner Karriere
© getty

Die FIFA hat ihm längst verziehen, doch das Phantomtor von Stefan Kießling begleitet Schiedsrichter Felix Brych auch zur WM. Sinsheim liegt gut 9600 Kilometer entfernt, und doch ist das Städtchen im Kraichgau für Felix Brych in Rio de Janeiro plötzlich wieder ganz nah.

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"Ich habe dadurch viel gelernt", sagt der einzige deutsche Schiedsrichter bei der WM in Brasilien im Gespräch mit dem SID über jenes Phantomtor von Stefan Kießling, das er im vergangenen Oktober eben in Sinsheim anerkannt hatte. Die Tage und Wochen nach dieser Fehlentscheidung seien hart gewesen, "aber das hat mich stärker gemacht", sagt Brych - und bereit für die WM.

Aus Brych spricht Stolz darüber, dass er es nach Brasilien geschafft hat - trotz dieses schwarzen Freitags in Sinsheim, der Fußball-Deutschland wochenlang in Atem hielt. Der Weltverband ist davon überzeugt, dass der sympathische Jurist aus München seine Lehren aus dem Vorfall gezogen hat. Die FIFA nominierte Brych mit dessen Assistenten Mark Borsch und Stefan Lupp, die ebenfalls in Sinsheim dabei waren, mit 24 weiteren Dreier-Gespannen, die 31 Ländern repäsentieren.

"Schiedsrichter machen Fehler"

Schiedsrichter-Chef Massimo Busacca, einst selbst renommierter Referee, zuckt nur mit den Schultern, wenn er über Brychs Fauxpas spricht. "Schiedsrichter machen Fehler", sagt er im Gespräch mit dem SID, außerdem sei die Situation so schwierig gewesen, "dass jeder diesen Fehler hätte machen können, auch ich." Profis würde verziehen, wenn sie mal das Tor nicht treffen, meint Busacca, das müsse auch für Brych gelten. "Felix Brych macht auch weiter, weil der Fehler nicht so groß war", betont der Schweizer.

Bei seinen Gesprächen mit Busacca sei Sinsheim "überhaupt nicht thematisiert" worden, sagt Brych. Schließlich gibt es genug andere, wichtigere Themen. Da wäre etwa die Hitze. Brych, das wird bei einer öffentlichen Einheit im Schiedsrichter-Trainingslager im "Centro de Futebol Zico" von Rio sofort klar, kommt damit klar. Der 38-Jährige steht nach zwei Stunden Training bei 27 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit ohne eine Schweißperle auf der Stirn locker-lässig plaudernd beim Interview. "Ich bin fit", sagt er, "alles andere wäre ja auch ein Witz."

"Uns fehlt es an nichts"

Schließlich hat er sich zwei Jahre auf die WM vorbereitet, war im vergangenen Jahr bei der WM-Generalprobe Confed Cup vor Ort und kennt die Verhältnisse. "Ich komme gerne zurück, uns fehlt es an nichts", sagt Brych. Wer sich in der Fußballschule des brasilianischen Idols Zico umschaut, glaubt ihm das. Drei von Palmen und Bäumen gesäumte Plätze stehen den Schiedsrichtern zur Verfügung, der Hauptplatz im Estádio Antunes hat die Maße der WM-Spielfelder - 105 mal 68 Meter.

Nach harten konditionellen Einheiten mit Bleiwesten und bei Sprints bremsenden Fallschirmen simulieren die Referees mit einer Juniorenauswahl Spielsituationen. Da wird gepfiffen und mit Karten hantiert. Was den Ball angeht, gilt für Brych und Co.: nur gucken, nicht spielen! Neben dem Training auf dem Platz haben die Schiedsrichter Regelkunde und Videositzungen, bei denen auch über die Neuerungen Torlinientechnik und Freistoß-Spray gesprochen wird.

Beim Spray ist Brych ein bisschen skeptisch: Ob es sich bewährt, müsse sich erst bei den Spielen zeigen. Mit der Technik aber habe er beim Confed Cup "gute Erfahrungen gemacht. Allein der Umstand, dass uns geholfen werden kann in einem Ernstfall, ist gut für uns zu wissen." Ein weiteres Phantomtor muss Brych in Brasilien nicht fürchten.

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