WM

Elefanten mit feinen Füßchen

Von Anant Agarwala
Didier Drogba, 2006 Afrikas Fußballer des Jahres und erster WM-Torschütze der Elfenbeinküste
© Getty

Sie gelten als stärkstes Team Afrikas und Geheimfavorit für die WM 2010: die Elfenbeinküste. Dank internationaler Topstars wie Kapitän Didier Drogba sind die Erwartungen ebenso groß wie ihr Selbstvertrauen. In Südafrika soll ihre Mischung aus Physis und Technik zum Erfolg führen und nicht nur ihr Land, sondern einen ganzen Kontinent stolz machen.

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Der Ball kommt fast von der linken Eckfahne, mit viel Gefühl in den Strafraum. Zehn Meter vor dem Tor eine epische Demonstration physischer Power und absoluten Willens. Mit aller Entschlossenheit wirft sich Didier Drogba in das Kopfballduell, gewinnt es und wuchtet den Ball gegen die eigene Laufrichtung ins lange Eck. Robert Kovac ist machtlos, Oliver Kahn ist machtlos - und Bayern München verabschiedet sich aus der Champions League.

"Vielleicht hatten wir ein wenig Angst vor Drogba", diktierte Willy Sagnol nach dem Spiel den Grund für das Ausscheiden der Bayern in die Notizblöcke.

Die Szene liegt nun bereits über vier Jahre zurück, aber sie veranschaulicht wunderbar die herausragenden Eigenschaften ihres Protagonisten und der Nationalmannschaft der Elfenbeinküste, die Drogba in Südafrika als Kapitän aufs Feld führen wird.

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Unwiderstehliche Mischung

Es ist eben diese unwiderstehliche Mischung aus Athletik, Willensstärke und Technik in Vollendung, die das westafrikanische Team so gefährlich macht - und zu einem Geheimfavoriten für die Weltmeisterschaft.

Mehr noch als bei jenem Kopfballtor Drogbas glänzen die Ivorer am Boden, die Spieler verfügen ausnahmslos über eine Technik, die brillante Ballan- und mitnahmen und ein flüssiges Kombinationsspiel in höchstem Tempo ermöglicht. Im Testspiel gegen Deutschland gab es davon immer wieder Kostproben zu genießen.

Dennoch wurde deutlich, dass Drogba die größte Stärke und gleichzeitig, wegen der Abhängigkeit von ihm, auch eine Gefahr für die Elfenbeinküste verkörpert: Ohne ihren Superstar (gegen Deutschland verletzt) fehlt die letzte Durchschlagskraft. Fällt er aus, ist der Gegner in der Abwehr nicht so permanent gefordert und kann die nicht immer sattelfeste Defensive der Ivorer besser unter Druck setzen.

Drogba in Topform

Doch der 31-jährige Drogba ist wieder fit und im Gegensatz zum Vorjahr in absoluter Topform. In der Premier League führt er mit elf Toren gemeinsam mit Jermain Defoe die Torschützenliste an, hat zudem acht Assists auf der Habenseite. In der WM-Qualifikation schoss er in der finalen Gruppenphase sechs Tore in nur fünf Spielen.

Yaya Toure (FC Barcelona), Mittelfeldmotor der Ivorer, weiß um Drogbas Stellenwert für das Team: "Er ist unser Anführer. Er redet nicht nur, sondern lässt auf dem Platz Taten sprechen."

Vier Teams aus Afrikas Westen

Neben der Elfenbeinküste werden mit Kamerun, Ghana und Nigeria drei weitere Teams aus dem Westen des Kontinents in Südafrika an den Start gehen, mehr als je zuvor. Doch Les Elephants, wie die vom Bosnier Vahid Halilhodzic trainierten Ivorer genannt werden, thronen mit Alpha-Bulle Drogba über ihren Nachbarn.

Samuel Eto'o, Michael Essien und mit Abstrichen Yakubu Aiyegbeni oder Obafemi Martins: Auch die kontinentale Konkurrenz hat Topstars in ihren Reihen. Keines der Teams weiß jedoch hinter seinem Anführer ein derart großes Reservoir an internationalen Größen wie die Elfenbeinküste.

Die Toure-Brüder, Didier Zokora, Emmanuel Eboue, Salomon Kalou, dazu die Bundesligaprofis Guy Demel und Arthur Boka, um nur einige zu nennen.

Fans sehen Elfenbeinküste vorn

Fußballfans weltweit sehen die Ivorer deshalb innerhalb Afrikas vorn: Wie die FIFA anhand einer Umfrage ermittelte, halten 55 Prozent Drogba und Co. für das stärkste Team des schwarzen Kontinents; mit 15 Prozent folgt Algerien abgeschlagen auf Rang zwei, je rund 10 Prozent verweisen Ghana und Kamerun auf die Plätze (Stand: 01.12.09).

Entsprechend groß ist das Selbstvertrauen. "Wir wissen noch nicht, gegen welche Gegner wir 2010 antreten müssen, aber wir werden uns darüber keine Sorgen machen. Sie müssen sich wegen uns Sorgen machen", ist sich Drogba im Gespräch mit "fifa.com" sicher.

Toure: "Ziel, das Turnier zu gewinnen"

Nach der gelungenen Qualifikation sangen die Spieler gemeinsam mit den Zuschauern "Wir glauben dran, wir glauben dran..." Etwa an den Titel? Yaya Toure will nicht zu große Töne spucken: "Ich möchte nicht wirklich sagen, dass wir Weltmeister werden, aber natürlich ist es unser Ziel, das Turnier zu gewinnen."

Als Stärke nennen Toure und Rekordtorschütze Drogba (41 Tore in 60 Spielen) unisono den großen Zusammenhalt innerhalb des Teams: "Wir kümmern uns nicht um persönliche Erfolge. Für uns ist das Team entscheidend."

Drogba denkt aber auch über seine Nation hinaus, im panafrikanischen Maßstab, wenn er sagt: "Wir möchten, dass die Menschen Afrika mit anderen Augen sehen", alle müssten an einem Strang ziehen, "um Afrika stolz zu machen".

Gut sieben Monaten bleiben noch, bis die zweite WM-Teilnahme der Elfenbeinküste ansteht. In der "Todesgruppe" C gab es bei der Premiere  in Deutschland 2006 trotz guter Leistungen nicht viel zu holen. "Wir haben aus diesem Turnier viel gelernt", sagt Drogba. Es klingt es wie eine Drohung.

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