"Wie ein altes Ehepaar"

Von Interview: Stefan Rommel
Ein Bild aus dem Hinspiel: Clemens Fritz attackiert den im Rückspiel gesperrten Paolo Guerrero
© Getty

Exklusiv Vor dem UEFA-Pokal-Rückspiel beim Hamburger SV spricht Bremens Clemens Fritz über die Chancen auf den Finaleinzug, die Vorwürfe einiger Bundesligisten an Werder und das ewige Transfer-Hickhack um Spielmacher Diego.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Hanseaten-Festspiele, Teil 3. Im UEFA-Cup kämpfen der Hamburger SV und Werder bremen um den Einzug ins Finale von Istanbul (ab 20.30 Uhr im LIVE-TICKER und auf Premiere). Der HSV geht dabei mit einem 1:0-Vorsprung in das Rückspiel, Werder Bremen ist gefordert.

Verteidiger Clemens Fritz sieht im SPOX-Interview trotzdem gute Chancen für sein Team und glaubt fest an den großen Coup beim ewigen Rivalen.

SPOX: Herr Fritz, es steht der dritte Vergleich mit dem Hamburger SV an - gibt es jetzt eigentlich noch irgendwelche Geheimnisse, die man voreinander hat?

Clemens Fritz: Wir sind ja fast schon wie ein altes Ehepaar. Man kennt sich halt in- und auswendig. Für uns heißt das, dass wir unser Spiel durchziehen müssen, so wie im DFB-Pokal vor zwei Wochen. Dann haben wir auch oft genug bewiesen, dass wir bei jeder Mannschaft bestehen und gewinnen können.

SPOX: Aber anders als im Pokal geht es jetzt mit einem 0:1-Rückstand los. Wie darf man Werder in Hamburg erwarten?

Fritz: Im Prinzip ist jetzt erst Halbzeit und der HSV führt 1:0. Wir fahren da hin und müssen zwei Tore machen, wenn wir nicht in die Verlängerung wollen. Es bleibt uns also gar nichts anderes übrig, als offensiv zu spielen. Wir brauchen dazu zweimal so eine Halbzeit wie im Pokal, als wir in den ersten 45 Minuten den HSV klar beherrscht hatten.

SPOX: Hamburg ist in den beiden Vergleichen bisher mit zwei unterschiedlichen taktischen Ausrichtungen aufgetreten. Wie erwarten Sie den HSV diesmal?

Fritz: Ich denke, dass sie abwarten werden und aus ihrer kompakten Abwehr heraus kontern werden. So wie sie das im Hinspiel bei uns gemacht haben. Da müssen wir aufpassen, dass wir ihnen nicht zu viele Räume lassen und dass wir anders als im Hinspiel auch in den Zweikämpfen enger dran sind an den Gegenspielern.

SPOX: Bisher hatte es immer den Anschein, dass sich der jeweilige Gastgeber schwerer tat. Ist das ein kleiner Vorteil für Bremen?

Fritz: Ich denke eher nicht. Hamburg führt und das ist Tatsache. Also sind wir gefordert. Beide Mannschaften haben sehr viel zu verlieren, vielleicht Hamburg noch ein bisschen mehr als wir. Trotzdem sehe ich sie auch auf Grund des Heimvorteils ein wenig im Vorteil. Wir haben uns das selbst eingebrockt. Aber wir können den Bock jetzt nochmal umstoßen, wir können uns sehr gut auf solche Spiele einstellen. Vor zwei Jahren haben wir uns die große Chance auf das Finale entgehen lassen (Halbfinal-Aus gegen Espanyol Barcelona, Anm. d. Red.). Das passiert uns nicht noch einmal.

SPOX: Zuletzt stand immer mal wieder der Vorwurf im Raum, Werder würde die Bundesliga schleifen lassen und sich nur noch auf die Pokalwettbewerbe konzentrieren. Selbst einige Konkurrenten aus der Liga haben sich zu Wort gemeldet. Trainer Thomas Schaaf hat das in aller Deutlichkeit von sich gewiesen. Was sagen Sie dazu?

Fritz: Das ist natürlich Quatsch. Wir schenken die Punkte in der Bundesliga nicht absichtlich ab. Es denkt doch niemand ernsthaft, dass wir nach Köln fahren und uns wäre das Ergebnis egal. Wir haben eine Verantwortung den Verantwortlichen und den Fans gegenüber und wollen der auch immer nachkommen. Da bringt es auch nichts, angeschlagene Spieler einzusetzen und zu riskieren, dass diese dann noch länger ausfallen.

SPOX: Und dennoch gibt es eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Erreichten in der Liga und in den Pokalwettbewerben.

Fritz: Wir hatten in der Liga sicherlich unsere Probleme. Es ist schwer, den Schalter alle drei Tage umzulegen und jedesmal im Rhythmus zu bleiben. Das müssen wir uns auch ankreiden lassen, dass wir das nicht immer geschafft haben. Denn das ist eigentlich unsere Pflicht und den Vorwurf müssen wir uns machen.

SPOX: Diego und Özil sind wieder fit. Machen sie den Unterschied?

Fritz: Man braucht wohl nicht darüber zu diskutieren, dass beide ein Spiel alleine entscheiden können. Beide sind in sehr guter Form.

SPOX: Aber gerade um Diego gab es in dieser Woche wieder mächtig Wirbel. Denken Sie, dass ihn das in seinem Schaffen beeinflusst?

Fritz: Da mache ich mir gar keine Sorgen. Im Prinzip geht das doch schon seit zwei Jahren so und am Saisonende wird es immer heftiger. Es wird immer wieder spekuliert, was bei einem Spieler seiner Klasse wohl auch normal ist. Selbst einige private Spekulationen konnten ihn in letzter Zeit nicht aus dem Konzept bringen. Warum jetzt also diese Spekulationen?

SPOX: Wo sehen Sie seine Zukunft? Angeblich soll Kontakt zu den Bayern bestehen, Juve steht quasi vor der Tür.

Fritz: Mir wäre es natürlich am liebsten, wenn er hierbleiben würde. Aber wenn er geht, muss er das natürlich selbst entscheiden und auch die wirtschaftlichen Interessen nicht außer Acht lassen. Wir haben ja schon einige Spieler an den FC Bayern verloren, aber ich trau ihm auch einen europäischen Spitzenklub zu. Aber für uns und auch für die Bundesliga wäre es schön, wenn er bleiben würde.

SPOX: Vor zwei Jahren gab es in der entscheidenden Phase der Saison mit Miroslav Klose schon einmal einen Unruheherd. Haben Sie ein Deja-vu?

Fritz: Bei Miro wurde damals ja schon länger spekuliert. Im Unterschied zu heute ging es für uns damals ja auch noch um die Meisterschaft, das war schon eine andere Situation. Man kann das nicht vergleichen.

Zahlen und Fakten zu den Halbfinals