"Anfeindungen unter der Gürtellinie"

Hanno Balitsch spielt beim SV Waldhof Mannheim
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SPOX: Sie kehrten daraufhin nach Leverkusen zurück und feierten 2011 mit der Vizemeisterschaft Ihren größten Erfolg. Sah man damals den besten Hanno Balitsch aller Zeiten?

Balitsch: Ja, ich habe in der Endphase unter Jupp Heynckes meinen besten Fußball gespielt. Ich hätte nicht gedacht, dass er mich mit 30 Jahren nochmal so viel weiterbringt. Aber sein Training und sein menschlicher Umgang waren einmalig und haben mich auch nach über 300 Bundesliga-Spielen weiterentwickelt.

SPOX: Trotzdem entschieden Sie sich nach nur zwei Jahren für den 1. FC Nürnberg, wo ausgerechnet Dieter Hecking, mit dem Sie 2008 in Hannover in einer Halbzeitpause aneinander gerieten, an der Seitenlinie stand. Was war damals vorgefallen?

Balitsch: Wir lagen zur Pause hinten und ich habe mir mit Dieter Hecking ein kurzes Wortgefecht geliefert. Ich habe ihm widersprochen und Dinge gesagt, die mir in dieser Situation als Spieler einfach nicht zustanden. Im Nachhinein hätte ich meine Gedanken besser heruntergeschluckt. Da er in diesem Moment sehr emotional war, hat er mich ausgewechselt und für eine Woche freigestellt. Danach habe ich unter Hecking bis zu seinem Abschied alle Spiele bestritten, deshalb hatte ich keine Angst, dass unsere Beziehung noch belastet sein könnte. Vielmehr haben mich solche Fehler als Mensch und Spieler weiterentwickelt.

SPOX: Sie tragen Ihr Herz auf der Zunge. Wie muss ein Trainer sein, dem Sie aus der Hand fressen?

Balitsch: Trainer wünschen sich mündige Spieler, die ihre Meinung vertreten und auch auf dem Platz eigenständige Entscheidungen treffen können. Ich habe Dinge immer intern angesprochen und mich deshalb auch nicht mit vielen Trainern gerieben.

SPOX: In den Medien haben Sie mit Ihren klaren Aussagen aber immer wieder für Schlagzeilen gesorgt...

Balitsch: Heute würde ich anders mit dem Boulevard umgehen und mir auf die Zunge beißen, denn das verfolgt mich bis in die Gegenwart. Auch wenn es meinem Charakter widerspricht, hätte es mir das Leben einfacher gemacht. Allerdings ist mein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden zu oft durchgebrochen und deshalb hatte ich mit einigen Personen aus den Boulevard-Medien Probleme.

SPOX: Sind Sie zu direkt?

Balitsch: Nein, unter dem Strich muss man nach der Karriere in den Spiegel schauen können und ich bin mit mir selbst im Reinen. Ich musste zwar viel einstecken, wenn ich dem Boulevard die Stirn geboten habe, aber ich bin mir selbst treu geblieben. Aus meinem Umfeld habe ich dafür sehr viel positive Resonanz erhalten.

SPOX: Derzeit kommt immer wieder die Kritik auf, dass im Profifußball Typen wie Sie fehlen. Warum sind die meisten Spieler vorsichtiger?

Balitsch: Mit meiner ehrlichen, direkten Art habe ich mir nicht nur Freunde gemacht. Wenn man zu allem Amen sagt und Everybody's Darling ist, hat man seine Ruhe. Ich kann jeden verstehen, der das so handhabt. Aber die Entwicklung ist bedenklich: Mittlerweile wird jedes Interview dreimal vom Verein gegengelesen und weichgespült.

SPOX: Trotz Ihrer offenen Art haben Sie Ihr Privatleben aus den Medien herausgehalten.

Balitsch: Für mich war es wichtig, dass mein Privatleben aus dem Zirkus Profifussball herausgehalten wird, weil mein Umfeld die Schattenseiten nicht erleben soll und ich einen Rückzugsort brauche. Als Profi ist man eine Person des öffentlichen Interesses und jeder meint, dass er dich auch als Privatperson immer beobachten, fotografieren oder beurteilen darf. Das wollte und will ich meiner Familie unter keinen Umständen zumuten.

Hanno Balitsch im Steckbrief

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