Die Rückkehr des Königs

Von Alex Truica
Unter dem Beifall der Fans kehrt Eric Abidal nach seiner Lebertransplantation zurück
© Getty
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Nichtsdestotrotz schien Eric Abidals Karriere vorbei. An Fußball war nicht zu denken, es ging um mehr, um alles: Sein Leben. Zu diesem Zeitpunkt dachte niemand an eine Rückkehr; Abidal konnte damit nicht rechnen und sein Verein ebenso wenig. Im Sommer verpflichteten die Katalanen also den aufstrebenden spanischen Nationalspieler Jordi Alba als Linksverteidiger.

Im Juni ließen die Ärzte das erste Mal vorsichtig durchblicken, dass Abidal eines Tages vielleicht doch wieder Fußball spielen könnte. Sein operierender Chirurg Dr. Garcia-Valdecasas sagte: "Es liegt an ihm. Ich würde ihn nicht aufhalten, die Zeit wird es zeigen. Wenn Eric gut [auf die Spenderleber] reagiert, gibt es keinen Grund, warum er nicht zurückkehren sollte."

Barcas neuer Trainer Tito Vilanova machte Abidal bei Barcas Saisoneröffnung Mut: "Wenn du dich stark fühlst und es willst, warten wir so lange es nötig ist [auf deine Rückkehr]. Dein Kampf ist unsere Quelle der Stärke."

Anstoß im Pariser Prinzenpark

Im August begleitete Abidal den FC Barcelona nach Paris, wo das Team ein Freundschaftsspiel gegen Paris St-Germain bestritt. Symbolisch dufte er sogar den Anstoß im Prinzenpark ausführen und bekam dabei Standing Ovations. Der Franzose war glücklich, wieder im Kreise der Mannschaft zu sein, mit ihr zu reisen und die Atmosphäre zu genießen.

Er äußerte erste Ziele, wieder zurückzukehren: "Ich habe angefangen im Fitnessstudio zu trainieren und fühle mich gut. Ich befolge die Schritte und bin auf dem richtigen Weg. Mal schauen, ob ich vor Dezember wieder spielen kann."

Das Statement sorgte für Aufsehen. Bis dato war nicht klar, ob der mittlerweile 33-Jährige jemals wieder gegen den Ball treten würde, selbst wenn die Ärzte ihm das prognostizierten. Die Zuversicht war zu spüren, Abidals Mut zurückgekehrt.

Erstes Training in den Pyrenäen

Am 9. Oktober folgte sein erster großer Tag zurück in der (Fußball-)Normalität: Mit einem kleinen Betreuerstab des FC Barcelona reiste Abidal zum Einzeltraining in den Pyrenäen. Der hauseigene Sender "BarcaTV" filmte ihn dabei."Ich hoffe schon seit langem, in den Fußball zurückzukehren, heute ist der erste Tag", sagte der Franzose. In dem Beitrag joggt er Berge hoch, genießt die Natur und jongliert sogar wieder mit einem Ball. Der erste große Schritt zu einem Comeback. Nach der Einheit sagte er, er sei "müde, aber glücklich."

Dem Video fehlt sichtlich die Leichtigkeit eines Fußball-Profis. Wie schwer ihm die Trainingseinheit in Wirklichkeit fiel, ist nur zu erahnen. Dass Abidal aber überhaupt wieder trainieren kann, gleicht einem Wunder. Ein Profi-Fußballer mit einer Spenderleber - so etwas hat es noch nie gegeben.

Der FC Barcelona veröffentlichte das Video auf seiner Homepage. Anschließend bekam der Klub viele Zuschriften und Einträge - nicht nur von den eigenen Fans. Die Nachricht bewegte auch außerhalb Barcelonas.

Steiniger Weg zurück

In den folgenden Wochen merkte Abidal erst, wie schwierig der Weg zurück auf den Platz sein wird. "Fußball war alles für mich. Jetzt ist das wichtigste für mich, gesund zu sein. Das Ziel ist nicht, wieder zu spielen." Abidal ruderte zurück, nahm Abstand von dem tollkühnen Plan, im Winter zurückzukehren.

Im Dezember machte er weitere Fortschritte, bleibt aber noch vorsichtig: "Ich wollte vor dem Ende des Jahres wieder spielen, aber es ist nicht so leicht. Ich muss geduldig sein. Die Ärzte entscheiden." Und diese gaben dem Franzosen letztlich tatsächlich grünes Licht für eine Rückkehr auf den Fußballplatz.

Am 18. Dezember bekam er die Neuigkeiten von seinen Ärzten verkündet. Ab sofort darf der Franzose uneingeschränkt trainieren und sich auf seine Rückkehr ins Spielgeschehen vorbereiten. Acht Monate nach seiner Lebertransplantation trainierte Abidal erstmals wieder mit der Mannschaft.

Vilanovas Erkrankung überschattet Rückkehr

Fast zeitgleich zu der tollen Nachricht bekam der FC Barcelona direkt die nächste Hiobsbotschaft: Bei Trainer Tito Vilanova brach der Krebs in der Ohrspeicheldrüse wieder aus. Die Rückkehr Abidals ins Mannschaftstraining wurde von der Erkrankung Vilanovas überschattet.

Abidal, glücklich wieder mit dem Team trainieren zu können, fühlte mehr als jeder andere mit seinem Trainer. "Ich hoffe, schnell auf den Fußballplatz zurückkehren zu können. Aber ich kann nicht aufhören, an unseren Trainer Tito Vilanova zu denken. Ich wünsche ihm und seiner Familie sehr viel Tapferkeit."

Jene Tapferkeit, die Abidal eineinhalb Jahre selbst eisern beibehielt. Bis er es wieder zurück in sein altes Leben schaffte.

Eric Abidal im Steckbrief