Messi: "Nur wir können Meister werden"

Von Stefan Rommel
Noch in der ersten Halbzeit markiert Lionel Messi (r.) das 3:1 für Barca in Madrid
© Imago

Der FC Barcelona hat den 237. Clasico bei Real Madrid klar und deutlich gewonnen und einen großen Schritt in Richtung Meistertitel gemacht. Beim 2:6 (1:3) erlebte Real eine nie dagewesene Vorführung, eine Demütigung, eine schwarze Nacht.

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Vor 83.000 Zuschauern im ausverkauften Estadio Santiago Bernaubeu spielte Barca die Gastgeber zeitwiese an und durch die Wand, Real hatte der Offensivwucht der Katalanen nichts entgegenzusetzen.

Nach sieben Siegen in Folge muss sich Madrid bei nunmehr sieben Punkten Rückstand auf Barcelona den Titel abschminken, dagegen ist Barca vier Spieltage vor Schluss so gut wie sicher neuer spanischer Meister.

Die Tore für Barca erzielten Thierry Henry (18., 58.), Leo Messi (36./75.), Carles Puyol (20.) und Pique (83.). Für Real waren Gonzalo Higuain (14.) und Sergio Ramos (56.) erfolgreich.

"Wir haben gezeigt, dass nur wir Meister werden können", sagte Messi, der es jetzt auf 23. Saisontore bringt.

Sentimental wurde gar Trainer Pep Guardiola: "Das war eine wunderbare Nacht, einer der glücklichsten Tage
meines Lebens. Die Mannschaft hat etwas richtig Großes vollbrach."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Überraschung: Robben ist quasi durch Blitzheilung wieder fit und beginnt. Auch Metze darf wieder für den gesperrten Pepe ran. Bei Barca die Traum-Elf vom Start weg, nur Marquez (Meniskusverletzung) fehlt.

14., 1:0, Higuain: Ramos setzt sich auf rechts gegen Abidal durch. In der Mitte übersieht Puyol Higuain und der köpft aus acht Metern relativ unbedrängt ein.

18., 1;1. Henry: Messi lupft schön in die Gasse auf Henry. Ramos ist völlig indisponiert, verfehlt den Ball per Hechtsprung. Henry ist frei vor Casillas und schlenzt von halblinks ins rechte Eck.

20., 1:2, Puyol: Freistoß Xavi von links. Puyol springt mit Anlauf in den Ball und feuert das Ding per Kopf unhaltbar aus zehn Metern ins rechte Eck.

22.: Higuain tanzt zwei Mann aus und flankt scharf zur Mitte. Von Alves' Bein springt das Ding aus zwei Metern direkt Valdes in die Arme. Riesen-Dusel für Barca!

24.: Messi auf links völlig frei durch. Der Argentinier hält gegen Casillas aber voll drauf, anstatt zu schieben und der Keeper hält.

27.: Xavi raus auf Eto'o. Der macht gar nicht lange Faxen, sondern ballert sofort aufs kurze Eck. Casillas' Reflex verhindert das 1:3.

29.: Iniesta auf Messi, der an zwei Gegner vorbeispaziert. Pass auf Iniesta, der alleine vor Casillas nochmal auf Messi legt. Doch der veredelt den Angriff nicht, sondern schiebt Casillas in die Arme.

33.: Messi fast an der Torauslinie. Alles rechnet mit der Flanke, aber Messi schnibbt direkt hoch aufs Tor. Casillas fummelt das Ding im Rückwärtslaufen noch vor der Linie weg.

36., 1:3, Messi: Diarra verliert die Kugel in der eigenen Hälfte an Xavi. Pass auf Messi, der diesmal cool bleibt und alleine vor Casillas flach ins linke Eck einschiebt.

54.: Messi spielt mit Metzelder Jojo, schüttelt den Deutschen ab wie eine lästige Fliege. Aus spitzem Winkel zieht Messi ab, der Ball zischt aber am langen Pfosten vorbei.

56., 2:3, Ramos: Freistoß Robben aus dem rechten Halbfeld. In der Mitte steht Ramos völlig blank vor Valdes und köpft aus drei Metern unbedrängt ein. Allerdings ein wenig abseitsverdächtig?!

58., 2:4, Henry: Es fehlen einem die Worte! Xavi schickt Henry in die Gasse, Reals Abseitsfalle klappt nicht. Casillas ist 20 Meter vor dem Tor, Henry aber schneller am Ball und schiebt am Keeper vorbei ins leere Tor.

76., 2:5, Messi: Xavi perfekt auf Messi. Der veräppelt sogar noch Casillas und schiebt den Ball aus fünf Metern ins Netz.

83., 2:6, Pique: Eto'o wird auf dem rechten Flügel freigespielt - steht allerdings knapp im Abseits - und flankt dann flach nach innen. Dort wartet Pique, der die Kugel im zweiten Versuch über die Linie drückt. Barcas 100. Saisontor!

So lief das Spiel: Beide Mannschaften beschnupperten sich nur kurz, ehe Higuains Tor bei Barca quasi in ein Wespennest stach. Die Katalanen drehten unmittelbar nach dem Rückstand nämlich dermaßen auf, dass Real zeitweise gar nicht wusste, wo oben und unten ist.

Die Folge waren Chancen fast im Minutentakt und drei blitzsaubere Tore. Bis zur Pause hätte Barcelona den Sack allerdings längst zumachen müssen, so viele Möglichkeiten hatten die Gäste. Real versuchte sich im offenen Schlagabtausch und handelte sich eine Ohrfeige nach der anderen ein.

Nach dem Wechsel kam Real deutlich geordneter aus der Kabine, spielte endlich sein Spiel und rannte nicht mehr das Tempo der Gäste mit. Ramos' Tor weckte die Lebensgeister - allerdings für gerade einmal 120 Sekunden. Dann kam Henry und die Sache war endgültig gelaufen.

Barcelona spielte die Partie im Hinblick auf das anstehende CL-Halbfinale gegen Chelsea im Schongang nach Hause, Real konnte einfach nicht mehr zulegen. Und trotzdem blieb noch Zeit für das fünfte Tor durch Messi und das sechste durch Pique, das die Demütigung für Madrid perfekt machte.

Der Star des Spiels: Lionel Messi. Gegen Chelsea erwischte der Argentinier einen richtig schlechten Tag. Gegen Real bewies Messi vor allem in Halbzeit eins, dass es derzeit weltweit wohl kaum einen besseren Angreifer gibt. Offensiv tauchte der Linksfuß quasi überall mal auf und klebte keineswegs nur auf dem rechten Flügel. Grandios sein Vorbereitungschip zum 1:1 von Henry. Eine Augenweide auch, wie lässig er den Ball bei seinem Treffer an Casillas mit dem Außenrist vorbei schob. Nach der Pause schaltete Messi dann einen Gang zurück und war trotzdem noch zum zweiten Mal erfolgreich. Weltklasse!

Die Gurke des Spiels: Raul. Der 31-Jährige ist noch immer einer der besten Stürmer der Primera Division, an Barcas Angriffs-Trio kommt der Spanier aber nicht mehr ganz heran. Im direkten Duell wurden die Unterschiede nun besonders deutlich, auch wenn Messi, Eto'o und Henry von Xavi und Iniesta wesentlich besser in Szene gesetzt wurden. Dennoch: Raul fand nie die richtige Bindung zum Spiel, kam kurz, wenn er hätte in die Tiefe gehen sollen und umgekehrt. Konnte in Barcas Hälfte auch kaum einen Ball halten. So hart es klingt, aber Raul ist ein wenig das Sinnbild des veralteten Real-Stils im Vergleich zum ewigen Rivalen. Am Ende hatte Raul sogar Tränen in den Augen...

Die Lehren des Spiels: Real Madrid hatte vor dem Spiel berechtigte Hoffnung auf den Titel - wurde aber von einem teilwiese entfesselten Barca deutlich in seine Schranken gewiesen. Dem Spielwitz und der Kreativität gepaart mit der größeren Anzahl an Einzelkönnern hatte Madrid im Endeffekt nichts entgegenzusetzen.

Real-Trainer und Taktik-Fuchs Juande Ramos schritt viel zu spät ein und ließ seine Mannschaft in der ersten Halbzeit quasi ins offene Messer laufen. Madrid glaubte, das Tempo und den Schlagabtausch mit Barca mitgehen zu können und setzte sich so selbst den Todesstoß.

Somit ist auch die letzte Titelchance für Real passe und die Königlichen können mit den Aufräumarbeiten nach einer letztlich total verkorksten Saison beginnen. Der Unterschied zum ganz großen Fußball in der eigenen Liga und der Champions League wurde gegen Barca bzw. den FC Liverpool mehr als deutlich.

Jetzt muss von den Entscheidungsträgern endlich auch ein Umdenken stattfinden und der Kader mit Perspektive und Weitblick erneuert werden. Es werden Köpfe rollen in Madrid, eine Demütigung solcher Qualität werden sich weder das Präsidium noch die Fans bieten lassen. Schon gar nicht, nachdem die Spieler im Vorfeld der Partie den Mund reichlich voll genommen hatten.

Ganz anders die Lage bei Barca: Letzte Saison mussten die Katalanen dem damaligen Meister Real vor dem Clasico schon zum Titel gratulieren und bekamen obendrauf noch eine 1:4-Rutsche serviert. Jetzt nahm Barca Revanche. Und wie!

Die Katalenen haben vier Spieltage vor Schluss nunmehr 100 Tore auf dem Konto - das erübrigt im Prinzip jeden Kommentar. Noch nie schoss Barcelona im Bernaubeu sechs Tore - der Sieg toppt selbst das legendäre 5:0 mit Superstar Johan Cruyff vor 35 Jahren.

Jetzt hat Barcelona wieder eine ähnliche Ikone wie Cruyff in seinen Reihen. Leo Messi ist derzeit der beste Spieler der Welt und zeigte seine Ausnahmestellung gegen Madrid in Vollendung. Es ist ein Spieler wie Messi, der Madrid seit dem Karriereende von Zinedine Zidane abgeht.

Auch wenn der Sieg ein Sieg des Kollektivs war - Messi ist das Sinnbild für den himmelweiten Unterschied zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona 2009.

So diskutierten die mySPOX-User!