Zeitenwende bei OM

Von Stefan Maurer
Trainer Didier Deschamps (2.v.l.) muss in Marseille hohe Erwartungen erfüllen
© Imago

Im Schatten der europäischen Giganten hat sich Olympique Marseille clever verstärkt und in Didier Deschamps einen neuen Trainer, der schon Erfolge vorzuweisen hat. Er soll endlich wieder den Meistertitel an die Mittelmeerküste holen. Doch die Mission startet mit einigen Hindernissen.

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Im Süden Frankreichs tut sich was. Fast unbemerkt von den Medien außerhalb der Grande Nation, entwickelt sich bei Olympique Marseille einiges.

Der Klub von der Mittelmeerküste hat nach dem Einzug in die Champions League knapp 40 Millionen in die Mannschaft investiert, den Kader aber auch gewaltig aufgeräumt und über 28 Millionen Euro durch Spieler-Verkäufe erwirtschaftet.

Hier geht's zum Kader von Olympique Marseille

Deschamps übernimmt OM

Karim Ziani, Lorik Cana, Gael Givet und Djibril Cisse heißen die prominenten Abgänge, Lucho Gonzalez, Stephane M'Bia Etoundi, Souleymane Diawara, Fernando Morientes und Gabriel Heinze die Neuen.

Diese ergänzen ein Team, das in der vergangenen Saison den besten Sturm Frankreichs stellte, auf Platz zwei der französischen Liga landete und erst im UEFA-Cup-Viertelfinale am späteren Sieger Schachtjor Donezk scheiterte.

Eine schlagkräftige Truppe, die seit Anfang Juli von Frankreich-Legende Didier Deschamps trainiert wird. Der ehemalige Juventus- und Monaco-Trainer hatte bei allen Neuverpflichtungen seine Finger im Spiel.

Und die machen Sinn. Etoundi ersetzt Cana, Gonzalez spielt die Position von Ziani, für Cisse kommt Morientes und Diawara ist Innenverteidiger wie Givet.

Zeitenwende in Marseille?

Die neuen Transfers könnten eine Art Zeitenwende in Marseille ankündigen. In den vergangenen Jahren hat OM zwar auch ordentlich investiert, aber meist trotzdem Qualität verloren, weil große Stars den Verein verließen.

2004 wurde Didier Drogba für 37 Millionen Eruo verkauft, 2007 ging Franck Ribery für 25 Millionen Euro zum FC Bayern und im letzten Sommer wechselte Samir Nasri für 16 Millionen Euro zu Arsenal.

1993 gewann OM die erste, damals neu eingeführte, Champions League. An diese Erfolge will der Klub mit den meisten Fans in Frankreich wieder anknüpfen, ohne sich dabei zu übernehmen.

Sportdirektor Jose Anigo stellte klar, dass "wir einen Transfer nur dann tätigen, wenn wir die finanziellen Mittel dazu haben. Die Champions League erlaubt uns einen größeren finanziellen Spielraum."

"Bordeaux hat einen Vorsprung"

Am 8. August startet das Deschamps-Team mit einem Auswärtsspiel bei Grenoble Foot in die Ligue-1-Saison, nicht mehr viel Zeit also für den Coach, die Neuzugänge in ein auch für ihn neues Team zu integrieren.

Aber nicht nur die kurze Integrationsphase der vielen Neuzugänge, sondern auch die Erwartungshaltung belastet die Vorbereitung. "Der Druck wird sicherlich bei uns liegen, weniger auf Meister Bordeaux. Außerdem kann nichts ein gewachsenes Mannschaftsgefüge und einstudierte Automatismen ersetzen. Bordeaux hat sicherlich einen Vorsprung", sagte Deschamps.

Lucho fällt lange aus

Zum Auftakt fehlen wird ausgerechnet Mittelfeldstratege Lucho Gonzalez. Der 18-Millionen-Mann fällt mit einem Schlüsselbeinbruch vier bis sechs Wochen aus. "Das ist in erster Linie ein schwerer Schlag für den Spieler, aber auch für uns, weil er sehr wichtig für die Mannschaft ist", sagte Deschamps.

Zu Beginn keine Heimspiele?

Außerdem könnte der Verein noch unter einem Vorfall leiden, der sich vor einigen Wochen im Stade Velodrome, der Heimspielstätte des Klubs, zugetragen hat. Bei den Aufbauarbeiten zu einem Madonna-Konzert stürzte die Bühne ein und zwei Roadies starben.

Nach Informationen der Marseiller Zeitung "La Provence" werden die Aufräumarbeiten und Untersuchungen nach diesem Unglück zwei Monate dauern. Das würde bedeuten, dass der Verein seine ersten Saisonspiele auf neutralem Boden austragen muss - eine erhebliche Schwächung.

Finaler Test gegen Lens

Am Samstag steht das letzte Testspiel gegen den RC Lens auf dem Programm. Dort will Deschamps mit der Mannschaft auflaufen, die auch zum Saisonstart in Grenoble spielen wird.

Nicht dabei sein wird dann Fernando Morientes. Der Neuzugang vom FC Valencia hat in der vergangenen Saison kaum gespielt und braucht noch Zeit. Deschamps hofft, dass er den Spanier noch vor September einsetzen kann.

Morientes sagte der Zeitung "La Provence": "Ich habe zwei Monate nicht gespielt, aber ich werde Gas geben, um der Mannschaft so bald wie möglich mit meiner Erfahrung zu helfen."

Größte Erfolge unter Tapie

Ohne Gonzalez und Morientes erwartet OM ein holpriger Start. Langfristig dürfte sich aber die Klasse durchsetzen.

Neben Olympique Lyon und Titelverteidiger Bordeaux zählt Marseille zu den Favoriten auf den Titel. Der letzte gelang 1992. Damals war der zwielichtige Geschäftsmann Bernard Tapie Präsident. Auf einen wie Tapie können die Fans verzichten, aber nicht auf Titel. Es wird Zeit für OM.

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