Diese Stars hätte Manchester United längst verkaufen müssen: Mit dem Top-Verdiener und dem einst "besten Außenverteidiger seiner Altersklasse"

Von James Westwood und Patrik Eisenacher
Manchester United trifft am Abend auf Galatasaray Istanbul.
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Manchester United will seit einem Jahrzehnt zurück in die Elite. Doch dafür müssten die Red Devils die Spieler aussortieren, die nicht funktionieren.

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Ex-United-Trainer Ralf Rangnick gab nach der 0:4-Niederlage gegen Liverpool im April 2022, die Manchester United auf den sechsten Platz der Premier League zurückwarf, eine klare Marschroute vor - nachdem er ein halbes Jahr damit verbracht hatte, die Spieler und das Innenleben des Vereins kennen zu lernen.

"Wenn man die Situation analysiert, ist das gar nicht so schwer", sagte der Ex-Leipziger. "Die Mannschaft braucht einen Neuaufbau. Für mich ist klar, dass es sechs, sieben, acht, vielleicht zehn neue Spieler geben wird. Und bevor man diese Spieler verpflichtet, muss man sich darüber im Klaren sein, wie man spielen will. Welche Art von Fußball will der neue Trainer spielen? Und dann muss man damit anfangen und jeden einzelnen Spieler holen, der in dieses Profil passt."

Rangnick fügte später hinzu: "Für mich ist klar, dass es nicht ausreicht, ein paar kleine Änderungen vorzunehmen, ein paar kleine Probleme hier und da, kleine kosmetische Sachen. Nein, in der Medizin würde man sagen, das ist eine Operation am offenen Herzen, da gibt es mehr zu ändern als ein paar Kleinigkeiten hier und ein paar Kleinigkeiten dort, und das ist das Gute daran."

20 Monate später befindet sich United in einer noch schlechteren Lage. Trainer Erik ten Hag holte in seiner ersten Saison als Trainer den Carabao Cup und schaffte die Qualifikation für die Champions League, aber all diese Arbeit wurde in der ersten Hälfte der Saison 2023/24 zunichte gemacht.

United kassierte am Samstag in Newcastle die sechste Niederlage in den jüngsten 14 Premier-League-Spielen. Die bittere Wahrheit ist, dass das 0:1 noch schmeichelhaft war. Noch erschreckender ist jedoch die Tatsache, dass acht der Spieler, die in Ten Hags Startelf standen, auch unter Rangnick regelmäßig gespielt haben.

Der niederländische Cheftrainer ist dem Konzept seines Vorgängers bis zu einem gewissen Grad gefolgt und hat 16 neue Spieler verpflichtet, von denen jedoch nur wenige eingeschlagen haben und die wenig dazu beigetragen haben, United eine neue, klare fußballerische Identität zu geben.

Diese Spieler behindern United und haben es nicht mehr verdient, das berühmte rote Trikot anzuziehen. Sie alle haben unzählige Chancen erhalten, ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen oder ihre hohen Ablösesummen zu rechtfertigen, nur um den Verein, die Fans und sich selbst immer wieder zu enttäuschen.

Die Inkompetenz der Verantwortlichen bei United ist so groß, dass die Chancen sehr gut stehen, dass keiner von ihnen im Januar-Transferfenster abgegeben wird. Bei allen Unzulänglichkeiten, die ten Hag in den letzten Monaten an den Tag gelegt hat, ist es sein Versäumnis, sich von den Nachzüglern zu trennen, das letztendlich dazu führen wird, dass er das gleiche Schicksal erleiden wird wie der Rest der United-Manager in der Ära nach Sir Alex Ferguson.

Marcus Rashford
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Manchester United: Marcus Rashford

Dass Rashford in dieser Liste steht, mag manchen hart erscheinen. Schließlich hat er in der Vorsaison erstmals die 30-Tore-Marke erreicht und wurde 2022/23 zum Sir Matt Busby Player of the Year gekürt.

Der englische Nationalspieler hatte in der vergangenen Saison, bis zum November 2022, nur fünf Tore erzielt, aber ten Hag hielt an dem Stürmer fest, als Cristiano Ronaldo ging. United erreichte seine Ziele gerade dank Rashfords beeindruckender Leistung in der zweiten Saisonhälfte.

Das entschuldigt aber nicht, dass er in dieser Saison den Fuß vom Gas genommen hat. Rashford ist bereits im neunten Jahr Profi im Old Trafford, und er scheint in schlechterer Verfassung zu sein als je zuvor, sowohl körperlich als auch mental.

In 18 Einsätzen hat Rashford nur zweimal ins Netz getroffen und kann sich glücklich schätzen, dass er noch regelmäßig von Anfang an randarf. Gegen Newcastle (0:1) erreichte er einen neuen Tiefpunkt, als er nach einer Stunde ausgewechselt wurde, weil er sich vor seinen Defensivaufgaben gedrückt und im Angriff kaum den Ball berührt hatte.

Es war eine wahrhaft peinliche Vorstellung von einem Mann, der mit einem Gehalt von 375.000 Pfund (438.000 Euro) pro Woche (!) im Sommer zum Spitzenverdiener Uniteds wurde. Klublegende Roy Keane schimpfte er bei Sky Sports: "Er ist ein Junge aus der Gegend, er hat einen Mega-Deal, und das ist alles schön und gut. Ich brauche mehr - du läufst nach vorne, aber du musst auch zurücklaufen. Man muss Meter machen. Er ist jetzt 26, er ist kein Kind mehr. Er muss mit gutem Beispiel vorangehen."

Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass United im Moment genauso gut mit zehn Mann spielen könnte, wenn Rashford auf dem Platz steht. Auch in der letzten Saison hat er nicht mit zurückgearbeitet, aber er war aufgrund seiner hohen Trefferquote unantastbar.

Jetzt kann sich Rashford nicht mehr verstecken. Seine gereizte Reaktion auf seine Auswechslung im St. James' Park spricht Bände. Ten Hag sollte sich nicht darauf verlassen, dass er United zu einem neuen Aufschwung verhilft. Der Klub hätte die Chance ergreifen sollen, ihn zu verkaufen, als PSG letztes Jahr sein Interesse bekundete.

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Manchester United: Victor Lindelöf

United zahlte im Sommer 2017 40 Millionen Euro, um den Schweden von Benfica Lissabon zu verpflichten. Der damalige Manager José Mourinho bezeichnete den Schweden als "sehr talentierten jungen Spieler, der eine große Zukunft vor sich hat".

Es wurde jedoch schnell klar, dass er nicht die Antwort auf die Defensivprobleme von United war. Lindelöf war in seinen ersten Spielzeiten im Old Trafford eine feste Größe in der Abwehr, fiel aber nach und nach in der Rangordnung zurück, da seine spielerischen Grenzen immer schwerer zu ignorieren waren.

Lindelöf ist einer der wenigen kommunikationsstarken Spieler im aktuellen Kader der Red Devils. Er ist ein solider Ballverteiler, aber lässt sich manchmal zu leicht überwinden. In Zweikämpfen ist er nicht aggressiv genug und wird oft in der Luft geschlagen, während ihm bei der Verfolgung die mangelnde Schnelligkeit und Beweglichkeit teuer zu stehen kommt.

Der 29-Jährige wurde vom ehemaligen United-Mittelfeldspieler Paul Scholes als "schwach" bezeichnet, als ten Hags Mannschaft am 3. Oktober in der Champions League gegen Galatasaray eine vernichtende 2:3-Heimniederlage einstecken musste.

Es ist schon erstaunlich, dass Lindelöf angesichts seiner körperlichen Schwächen so lange bei United bleiben durfte. Er hat in dieser Saison aufgrund von Verletzungen mehr Einsatzminuten erhalten, was die schlechte Defensivleistung von United auch erklärt.

Es wurde berichtet, dass United die Option auf eine einjährige Verlängerung Lindelöfs ziehen wird, dessen aktueller Vertrag im Sommer 2024 ausläuft. Diese Entscheidung allein sagt schon alles darüber aus, wie der Verein derzeit geführt wird.

Anthony Martial, Manchester United
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Manchester United: Anthony Martial

Martial kam in Newcastle erst zu seinem vierten Premier-League-Einsatz in dieser Saison, weil ihn Rasmus Höjlund, der für 85 Millionen Euro kam, verdrängte. Es überrascht nicht, dass der Franzose seine Chance nicht nutzte und in den 61 Minuten, die er auf dem Platz stand, keinen einzigen Schuss, kein Dribbling und keine Balleroberung verzeichnen konnte.

"Wir verzeihen Martial, dass er alle 14 Jahre ein Tor schießt, das verzeihe ich einem Spieler", sagte der ehemalige United-Kapitän Keane nach dem Spiel. "Aber lassen Sie mich Ihnen sagen, wenn wir (Manchester) bei Newcastle unter Druck stehen, wenn wir den Ball bekommen, dann sollten Sie den Ball besser festmachen, um uns nach vorne zu bringen und ein bisschen Luft zu verschaffen. Er schlägt Bälle weg und gibt die Kugel leichtfertig weg. Das findest du auch in unteren Ligen."

Das letzte Mal, dass Martial ein komplettes Spiel über 90 Minuten absolviert hat, war am 27. Januar 2021. Der Franzose zog sich kurz darauf eine Bänderverletzung im Knie zu und ist seitdem nicht mehr in der Lage, seinen Rhythmus zu finden.

Ein trauriger Zustand für einen Spieler, der nach seiner Ankunft aus Monaco im Jahr 2015 so viel Vorfreude erzeugt hatte. Martials Debüt-Tor gegen Liverpool damals hat ihm einen festen Platz in der United-Folklore eingebracht, er knüpfte in der Folge nur selten daran an.

In seinen neun Spielzeiten in Manchester hat Martial nur dreimal zweistellig in der Premier League getroffen. Es ist inzwischen klar, dass sein Körper den hohen Anforderungen des Fußballs auf höchstem Niveau nicht gewachsen ist. Martial konnte nicht einmal durch seine Leihe zu Sevilla wieder in die Spur kommen.

Unglaublich ist, dass Martial automatisch ein Abschiedsspiel bekommt, wenn er weitere 18 Monate bei United bleiben sollte. Sein Vertrag läuft jedoch in nur sieben Monaten aus, und es wäre eine Farce, wenn der Klub seine ursprüngliche Investition von 60 Millionen Euro nicht endlich aufgeben würde.

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Manchester United: Diogo Dalot

Dalot ist die zweite Mourinho-Verpflichtung auf dieser Liste - und genau wie Lindelöf wurde er nach seiner Vorstellung im Old Trafford im Juni 2018 von dem portugiesischen Taktiker in den höchsten Tönen gelobt. "In seiner Altersklasse ist er der beste Außenverteidiger in Europa", sagte Mourinho. "Er ist ein extrem talentierter junger Verteidiger mit allen Qualitäten, um schnell ein großer Spieler für diesen Klub zu werden."

Allerdings ist der 24-Jährige diesem Anspruch bisher nicht gerecht geworden. In seinem ersten Jahr bei United kam Dalot nur auf 16 Premier-League-Einsätze und wurde für die Saison 2020/21 an die AC Mailand ausgeliehen.

Im San Siro beeindruckte er genug, um sich eine zweite Chance bei den Red Devils zu verdienen. Seitdem hatte er seine Momente, insbesondere als er Aaron Wan-Bissaka in der letzten Saison den Stammplatz wegnahm und im Carabao-Cup-Finale gegen Newcastle in der Startelf stand.

Doch wieder einmal hat United einen inkonstanten Spieler übereilt mit einer Vertragsverlängerung belohnt. Dalot hatte sich mit den Verantwortlichen im Mai auf einen neuen Vertrag bis 2028 geeinigt und spielte direkt schlechter.

Wan-Bissaka drängt nun darauf, seinen Platz von Dalot zurückzuerobern, der in der Defensive eine Belastung ist. Der Portugiese lässt sich viel zu leicht ausdribbeln und verliert den Ball in gefährlichen Positionen leichtfertig, indem er entweder Fehlpässe spielt oder schwache Zweikämpfe führt.

Dalot fehlt es auch an gutem Stellungsspiel. United sieht weitaus solider aus, wenn Wan-Bissaka aufläuft. Für den ehemaligen Porto-Spieler sprechen im Grunde einzig seine Fähigkeiten in der Offensive.

Er musste in dieser Saison schon einige Male als Linksverteidiger einspringen, da ten Hag gezwungen war, zu improvisieren, wenn andere wichtige Verteidiger ausfielen. Gegen Newcastle ging das übel aus, als Kieran Trippier Dalot schwindelig spielte.

Es könnte für United schwierig werden, einen Abnehmer für Dalot zu finden, wenn man bedenkt, wie lange dessen Vertrag noch läuft. Aber man könnte zumindest anstreben, die 24 Millionen Euro, die einst für ihn hingeblättert wurden, wieder hereinholen.

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Manchester United: Harry Maguire

Maguire erlebt derzeit in Old Trafford einen Aufschwung, der undenkbar schien, als er im Juli 2023 des Kapitänsamtes enthoben wurde. Im darauffolgenden Monat einigte sich West Ham mit Manchester angeblich auf eine Ablöse von 35 Millionen Euro für den englischen Nationalspieler. Der Engländer hatte seinen Stammplatz verloren, als Lisandro Martínez von Ajax Amsterdam gekommen war - und wollte dennoch bleiben.

Maguire wurde zum teuersten Verteidiger der Welt, als er 2019 für 89 Millionen Euro von Leicester City zu United wechselte. Er hat sich immer von seinem eigenen Hype überzeugen lassen.

Er überstand das Sommertransferfenster und hat sich seitdem unter ten Hag wieder in den Vordergrund gespielt. Die Verletzungsmisere zu Beginn der Saison hat Maguire ebenso in die Karten gespielt Raphaël Varanes rasanter Absturz.

Maguire spielt mittlerweile wieder ordentlich, verkörpert aber immer noch nicht das Niveau. das ein United-Verteidiger haben sollte.

Der 30-Jährige lädt mit seiner schwerfälligen Spielweise mit dem Ball zum Pressing ein und ist ohne Ball ebenso langsam, was es den gegnerischen Teams ermöglicht, nach Belieben hinter Uniteds letzte Reihe zu kommen. Außerdem ist er extrem anfällig für schnelle Angreifer, die ihn überlaufen, weil er auf seiner linken Seite so unbeholfen und unbequem verteidigt.

Maguire steht noch bis 2025 unter Vertrag, vielleicht gelingt im nächsten Sommer ein Verkauf.

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Manchester United: Donny van de Beek

Es ist schwierig, nur einen Spieler als die schlechteste Verpflichtung des letzten Jahrzehnts für United zu bezeichnen. Doch nur wenige haben einen besseren Grund für diesen Titel als van de Beek. Schon die Ankündigung seines 44 Millionen Euro teuren Wechsels von Ajax im September 2020 stieß auf große Verwirrung.

United brauchte den Niederländer nie, und er hat auch nie das Gegenteil bewiesen. Er stand in den letzten drei Jahren nur in drei Premier-League-Spielen für die Red Devils in der Startelf und hat bei insgesamt 62 Pflichtspieleinsätzen gerade einmal zwei Tore und zwei Assists erzielt.

Nur zwei dieser Einsätze hat er in der laufenden Saison absolviert. In der Mittelfeldhierarchie rangiert er derzeit hinter Bruno Fernandes, Casemiro, Scott McTominay, Mason Mount, Sofyan Amrabat und dem 19-jährigen Kobbie Mainoo.

Ten Hag hat angedeutet, dass van de Beek im Januar 2024 gehen könnte: "Ich kann sehen, dass er um seine Karriere und um alles spielen muss." Galatasaray wurde als möglicher Abnehmer für van de Beek genannt, auch Juventus gilt als interessiert.

Ein Wechsel zu Real Sociedad imSommer scheiterte. Man hätte ihm nach seiner katastrophalen ersten Saison ein Angebot zum Abgang machen sollen, als er zumindest noch in bester körperlicher Verfassung war. Van de Beek hat seitdem mit schweren Verletzungen zu kämpfen und schaffte es nicht einmal in die Startelf von Everton, als er in der zweiten Hälfte der Saison 2022/23 auf Leihbasis in den Goodison Park ging.

Mit 26 Jahren hat van de Beek bereits die besten Jahre seiner Karriere vergeudet. Es bleibt abzuwarten, ob er jemals wieder an die Höhepunkte seiner letzten beiden Spielzeiten bei Ajax anknüpfen kann. Aber ein Großteil der Schuld liegt bei United, das ihm einen Traum verkaufte, der unmöglich zu verwirklichen war.