Der Leidensweg des Michael Owen

Von Torsten Adams
Michael Owen bestritt für Newcastle und Liverpool bislang 122 Spiele in der Premier League
© Getty

Gleich zum Auftakt des 20. Spieltags der Premier League kommt es zu einem traditionsreichen Aufeinandertreffen. Zum 141. Mal stehen sich Newcastle United und der FC Liverpool in einem Ligaspiel gegenüber (So., 13 Uhr im LIVE-Ticker und bei Premiere). Für einen Akteur ist es ein ganz besonderes Spiel: Newcastle-Angreifer Michael Owen trifft auf seinen Ex-Klub.
 

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"This is Anfield" - diese Aufschrift prangt an der Wand der Katakomben, durch die die Spieler müssen, ehe sie den Rasen des altehrwürdigen Liverpooler Stadions betreten.

Als Michael Owen zum ersten Mal an diesem Schriftzug vorbeiging und sich zu seinem Liga-Debüt für die Reds bereitmachte, war er zarte 17 Jahre alt und sah noch viel jünger aus. Die Hose reichte ihm bis über die Knie und sein Trikot war gleich zwei Nummern zu groß.

Dennoch: Es war der Start einer Fußballerkarriere, die sich explosionsartig entwickelte.

118 Tore erzielte er in 216 Partien für die Reds und das noch vor seinem 25. Geburtstag. So rasant wie seine Klubkarriere verlief auch sein Aufstieg in der englischen Nationalmannschaft.

Der Aufstieg: Auf dem Weg zur Legende

1998 gab der heute 29-Jährige im Alter von 18 Jahren sein Debüt für die Three Lions. Dank seiner zahlreichen Treffer für Liverpool und die Nationalmannschaft wird Owen noch heute vom englischen Volksmund als "St. Michael" bezeichnet.

Den Höhepunkt seiner bisherigen Profi-Karriere erlebte er im Jahr 2001. Mit seinem Hattrick demontierte er die deutsche Nationalmannschaft beim 5:1-Triumph der Three Lions in der WM-Qualifikation in München.

Nach einem atemberaubenden Jahr mit dem Gewinn des UEFA-Cups, des englischen Liga- und FA-Pokals wurde Owen zu Europas Fußballer des Jahres gewählt und war auf dem Weg zu einer Legende des englischen Fußballs. "Die Wahl zu Europas Fußballer des Jahres gehört zu den einprägsamsten Erlebnissen meiner bisherigen Karriere", erinnert sich Owen.

Das Missverständnis: Der Wechsel zu Real Madrid

Doch der steile Aufstieg wurde durch Verletzungen und den Wechsel zu Real Madrid jäh gebremst. Schon früh in seiner Vita zeichnete sich Owens Anfälligkeit für Muskelverletzungen ab. Immer wieder warfen ihn Adduktoren- und Leistenzerrrungen in seiner sportlichen Entwicklung zurück.

Nach acht erfolgreichen Jahren bei den Reds fasste Owen 2004 einen folgenschweren Entschluss: Der Angreifer wollte sich unter allen Umständen der Herausforderung der Welt-Auswahl von Real stellen.

Doch im Star-Ensemble der Königlichen spielte er an der Seite von Ronaldo, Raul, Figo, Beckham, Zidane und Co. nur eine Nebenrolle. Der Transfer entpuppte sich als großes Missverständnis.

Die Rückkehr: Rekordtransfer der Magpies

Nach nur 36 Spielen für die Königlichen zog Owen die Reißleine. Sein großer Traum, die Teilnahme an der WM 2006, veranlasste den in Spanien gescheiterten Stürmer 2005 zur Rückkehr in die Premier League.

Eigentlich wollte Owen zu seinem Stammklub FC Liverpool zurück, doch die Reds waren nicht gewillt, mehr als zwölf Millionen Euro für ihren einstigen Star zu investieren. Für die gleiche Summe war der Torjäger ein Jahr zuvor von der Anfield Road zu Real gewechselt.

Sein Weg führte ihn zum Konkurrenten Newcastle United. Stattliche 25 Millionen Euro legten die Magpies für ihren teuersten Transfer der Vereinsgeschichte auf den Tisch. Der passende Partner für Routinier Alan Shearer schien gefunden.

Der Schock: Kreuzbandriss bei der WM

Beim Klub aus dem Nordosten Englands legte Owen eine glänzende Halbserie mit sieben Treffern in elf Spielen hin, ehe ihn zum Jahreswechsel ein Mittelfußbruch aus dem Rennen warf. Der Zusammenprall mit Paul Robinson im Spiel gegen die Tottenham Hotspur an der White Hart Lane zwang ihn zu einer viermonatigen Pause.

Die Kämpfernatur Owen fightete sich wieder heran und feierte Ende Mai 2006 sein Comeback in der Premier League. Gerade rechtzeitig, um sich für sein großes Ziel, die WM in Deutschland, bei England-Coach Sven-Göran Eriksson anzubieten. Überzeugt von den Fähigkeiten des Goalgetters nominierte ihn Eriksson für das Turnier in Deutschland.

Dort ereilte Owen im dritten Gruppenspiel gegen Schweden der nächste schwere Schlag: Nach nur vier Minuten musste er den Platz verlassen. Die erschütternde Diagnose: Kreuzbandriss. Die WM war für ihn gelaufen.

"Ich wusste direkt, dass mir etwas Schlimmes passiert war. Für mich war die Verletzung und das Aus bei der WM ein schwerer Schlag", sagte der enttäuschte Angreifer damals nach seiner Verletzung. "Michael hatte seit Weihnachten viel Verletzungspech, ich hatte großes Mitleid mit ihm", bekundete Eriksson sein Mitgefühl.

Die Kränkung: Verbannung aus der Nationalmannschaft

Nach seinem Kreuzbandriss bekam Owen noch sechs Einsätze im Team der Three Lions. Unter Fabio Capello wird er nicht mehr berücksichtigt.

Im Verein fand Owen erst in der vergangenen Saison wieder annähernd zu alter Stärke und Torgefährlichkeit zurück. Elf Tore in 29 Liga-Spielen brachten ihm den dreizehnten Rang in der Torjägerliste zusammen mit Stars wie Steven Gerrard oder Didier Drogba.

Die Zukunft: Alles offen

Dennoch: Die Folgen seines Kreuzbandrisses und Fußbruches, dazu chronische Leistenprobleme und zahlreiche Muskelverletzungen begrenzten Owens Einsätze für Newcastle auf nur 58 in vier Spielzeiten.

Sein Vertrag läuft im Sommer 2009 aus, ein Drei-Jahres-Angebot der Magpies hat der 29-Jährige aber bereits abgelehnt. Allerdings hält sich Owen ein Hintertürchen offen: "Ich habe in Newcastle einen Vertrag bis Ende der Saison. Solange werde ich auch mindestens hier spielen. Eine Entscheidung über meine sportliche Zukunft werde ich erst am Ende der Saison treffen."

Newcastle-Eigentümer Mike Ashley hat allerdings wenig Hoffnung auf eine Verlängerung von Owens Vertrag: "Wir versuchen alles, dass er bei uns bleibt. Mit Vereinen wie Manchester City kann ich allerdings nicht mithalten, deren Boss ist 1000 Mal reicher als ich", sagte Ashley. "Wenn ManCity Michael haben möchte, kann ich das nicht verhindern."

Die Ziele: Meisterschaft und WM-Pokal

Geht es nach Owen, dann bläst er noch einmal zum großen Angriff: "Ich will noch eine Meisterschaft in der Premier League und die Weltmeisterschaft mit England gewinnen."

Bei einem eventuellen Wechsel wird er gewiss von geographischen Faktoren beeinflusst werden: Zum einen, weil er aus seinem Intermezzo in Spanien gelernt hat. Zum anderen, weil ihn sein Zuhause und enge Bindungen zu seiner Familie im Nordwesten Englands halten.

Die Verantwortlichen des FC Liverpool werden ihren verlorenen Sohn im Duell mit den Magpies sicherlich ganz genau beobachten. Vielleicht kann Owen sein Werk bei dem Verein vollenden, bei dem alles angefangen hat und von dem er nie hätte weggehen dürfen.

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