Happy Ballack und viel Krawallo

Von Oliver Wittenburg
Ballack, Essien, Chelsea, Aston, Villa
© Getty

München - Ein gleich nach Spielschluss zum Klassiker ernannter Thriller an der Stamford Bridge, ein turbulentes Comeback von Michael Ballack, ein brutales Foul und ein Wechsel an der Tabellenspitze - die Premier League wartete zum Boxing Day mit einem ganzen Sack voll bunter Überraschungen auf.

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Es war kurz vor halb drei am zweiten Weihnachtsfeiertag, als aller Augen auf Michael Ballack gerichtet waren. Nach über achtmonatiger Auszeit kehrte er in einem Liga-Spiel zurück auf den Rasen. Ein Notfall hatte es möglich gemacht: Chelsea-Kapitän Frank Lampard musste schon in der 26. Minute mit Oberschenkelproblemen runter.

Und Ballack führte sich glänzend ein, wenngleich ihm das Happyend beim irren 4:4 zwischen Chelsea und Aston Villa versagt blieb.

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Kurz vor der Halbzeit holte er im Zweikampf mit Zat Knight einen Elfmeter heraus und den Platzverweis für den Villa-Verteidiger. In der 88. Minute besorgte er mit einem raffinierten Freistoß aus 18 Metern den vermeintlichen Siegtreffer und war am Ende doch enttäuscht.

"So lange draußen zu sein ist sehr schwierig. Ich bin glücklich wieder zurück zu sein", sagte Ballack im BBC-Interview. "Das war heute nicht unser bestes Spiel. Wir wollten die drei Punkte und wenn man vier Tore schießt, sollte man auch gewinnen, aber wir haben zu viele Fehler gemacht."

Cech patzt, Carvalho schockt

Fehler machte vor allem die in der ersten Halbzeit gegen die quirlige und vielbeinige Villa-Offensive oft indisponierte und zu langsame Abwehr der Blues. Einen dicken Fehler machte auch Petr Cech, der ein harmloses Distanzschüsschen von Shaun Maloney zum 0:2 (44.) passieren ließ.

Den größten Bock schoss allerdings Ricardo Carvalho. Chelseas Innenverteidiger stoppte einen Konterangriff von Agbonlahor in der 80. Minute mit einem schockierend brutalen Einsteigen auf Höhe der Mittellinie und sah Rot.

Fast ebenso schockierend wie Carvalhos Foul selbst, der beide Beine vorausgestreckt wie ein Weitspringer im Landeanflug frontal in den Gegner hineinsprang, war die Aussage von Chelsea-Coach Avram Grant: "Carvalho wollte den Spieler nicht verletzen, er versuchte den Ball zu spielen."

Agbonlahor überstand den Anschlag mit viel, viel Glück äußerlich unbeschadet, und Carvalho war es ein Bedürfnis, unmittelbar nach dem Spiel mit einer Entschuldigung an die Öffentlichkeit zu gehen.

Grant und O'Neill meckern

Auch Villas Ausgleich in der Nachspielzeit erregte Grants Zorn, wofür man mehr Verständnis aufbringen kann als im Falle des Carvalho-Platzverweises. Ashley Cole soll nach einem heillosen Durcheinander im Chelsea-Torraum mit der Hand auf der Linie geklärt haben.

Elfmeter und Rote Karte gegen Cole diagnostizierte Schiedsrichter Phil Dowd. Eine haarige Entscheidung, denn selbst die Zeitlupe wollte nicht eindeutig erhellen, ob Cole nun den Ball mit dem Kopf oder mit der Hand abgewehrt hatte.

"Ich will gar nicht über den Schiedsrichter sprechen", knurrte Grant. "Es war kein Elfmeter, dennoch wurde so entschieden, auch wenn die Entscheidung falsch war."

Viel zu Meckern und zu Motzen hatte auch Grants Pendant bei Aston Villa, Martin O'Neill. Er warf Ballack eine Schwalbe vor dem Elfmeter zum 1:2 vor und bezweifelte auch die Rechtmäßigkeit des Freistoßes, den der Deutsche zum 4:3 verwandelte.

Wenger bleibt gelassen

Während Villa und Chelsea reichlich trafen, blieb der FC Arsenal erstmals in dieser Saison ohne Torerfolg und verlor daraufhin gleich die Tabellenführung an Manchester United.

Der Titelverteidiger siegte mühelos mit 4:0 beim FC Sunderland, dem Klub der ManU-Legende Roy Keane.

Arsenal-Coach Arsene Wenger gab sich trotz des Remis beim FC Portsmouth aufgeräumt und zuversichtlich: "Natürlich ist das 0:0 eine Enttäuschung, aber so schlecht ist es auch wieder nicht. Wir haben nur ein Spiel verloren, ich glaube also kaum, dass wir in der Krise stecken. Wenn wir im zweiten Halbjahr auch nur einmal verlieren, werden wir am Ende Meister sein."

Keane legt sich fest

Daran glaubt Roy Keane nicht. Nach der Lehrstunde, die sein Team von Cristiano Ronaldo, Wayne Rooney und Co. erhielt, ist Manchester für ihn klar die Nummer eins.

"Ich bin in den letzten ein, zwei Monaten öfter danach gefragt worden und ich kann nur sagen, mein Geld habe ich auf United gesetzt und daran hat sich nicht das Geringste geändert."

Ballack im Mittelpunkt

Von Chelsea spricht in punkto Meisterschaft derzeit niemand. Sieben Punkte beträgt der Rückstand auf Spitzenreiter ManU, sechs auf Verfolger Arsenal. Zudem kommen schwere Zeiten auf die Blues zu. Zahlreiche Spieler fallen vorübergehend wegen des Afrika-Cups, wegen Verletzungen oder Sperren aus.

Dafür ist aber Ballack zurück, der jetzt die Chance hat, sich unverzichtbar zu machen. Eingewöhnungszeit wird er nach der langen Pause nicht bekommen, auch wenn er sich die wünscht: "Ich brauche Spiele, um wieder in Form und in die richtige Verfassung zu kommen. Aber ich freue mich."

Und Chelsea kann sich auch freuen, denn was Ballack nach dem Kaltstart am Boxing Day geleistet hat, war schon aller Ehren wert.