Mit Carles in der Kiste

SID
Seinem Treffer zum 2:1 folgte ein sprichwörtlich herzlicher Jubel: Barca-Kapitän Carles Puyol
© Getty

Puyols "Herzattacke" sorgt für Schlagzeilen. Ein italienischer Referee bringt Idioten zum Schweigen und in der Premier League sorgen Wayne Rooney und verschiedene Interpretationen von Angriffsfußball für Ärger.

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Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

Serie A

Von Oliver Birkner

Ruhe im Karton: Zum Mann des Spieltages avancierte zur Abwechslung ein Referee: Zum ersten Mal in der Geschichte der Serie A unterbrach der Schiedsrichter eine Partie wegen rassistischer Schmährufe. So geschehen in Cagliari, wo einige Kurven-Idioten Inters Samuel Eto'o mit den unerträglichen Affengeräuschen ins Visier nahmen. Referee Paolo Tagliavento unterbrach nach nicht einmal 180 Sekunden und schritt unaufgeregt mit der einfachsten aller Maßnahmen ein - er befolgte die Regel. Diese befugt den Unparteiischen bei rassistischen Chören zum Spielabbruch, appliziert hatte sie allerdings zuvor noch niemand. In den zwei Minuten der Spiel-Unterbrechung ließ Tagliavento über den Stadionlautsprecher verkünden, dass er bei Fortsetzung der Beleidigungen alle nach Hause schicken würde. Danach war Ruhe im Karton. Später befolgte Samuel Eto'o, der 2006 in Saragossa wegen rassistischer Beleidigungen von den Rängen schon einmal das Feld verlassen wollte, dann buchstäblich den hiesigen Slogan: "Schieß' ein Tor gegen Rassismus!": Der Kameruner führte Inter per herrlichem Treffer (39.) zum 1:0-Sieg. Seit er unter Rafa Benitez wieder mit einer offensiveren Rolle als bei Jose Mourinho bedacht ist, gelangen Eto'o in elf Einsätzen damit bereits zwölf Tore.

Del Piero, die 178ste: Nebenher wurde die siebte Runde sportlich von einem altbekannten Protagonisten geprägt. Alessandro Del Piero mag konditionell nicht mehr auf höchstem Niveau sein, doch Ehre, wem Ehre gebührt: Der Juve-Kapitän erzielte am Sonntag Serie-A-Tor Nummer 178 und zog mit Juventus-Legende Giampiero Boniperti gleich, der seinen Vereinsrekord bald an Del Piero abtreten muss. Der 82-jährige Boniperti richtete Glückwünsche aus, kommentierte aber etwas pikiert: "Ich durfte ja fast nie Elfmeter schießen. Da habe ich nur zwei Tore gesammelt, und du 47. Dafür halte ich immer noch den Derby-Rekord mit 13 Treffern!" Wenigstens den wird Boniperti wohl behalten. Del Piero traf gegen den Stadtrivalen erst vier Mal.

Kick it like Pato: In Sachen Erfolgserlebnisse in der Serie A sollten sich beide allerdings um Milans Pato Gedanken machen. Man vergisst bisweilen, dass der Brasilianer kürzlich erst 21 wurde. Nach privaten plus Verletzungsproblemen der letzten Saison delektiert er sich nun wieder an seinem Hobby Toreschießen, das er scheinbar mühelos ausübt. Beim AC führt der Youngster die stolze Bilanz von 40 Toren in 81 Ligaauftritten. Am Dienstag kehrt Pato nun ins Bernabeu zurück, wo er im letzten Jahr beim 3:2-Erfolg zwei Mal traf. "Das Spiel schaue ich mir seither mindestens zwei Mal pro Monat an, der Wahnsinn!" Vielleicht darf er ja ab Mittwoch endlich die DVD wechseln.

Premier League

Von Raphael Honigstein

Quo vadis, Wayne? Die Liverpool-Übernahme, das Merseyside-Derby, der von der Sunday Times aufgedeckte FIFA-Korruptionsskandal: es war mal wieder sehr wenig los auf der Fußball-Insel. Ein Thema regiert jedoch seit Sonntagabend die Debatten: Wayne Rooneys (vermeintlich) angekündigter Abschied aus dem Old Trafford. Alle Zeitungen machten mit der Nachricht auf, die zwar ohne ein einziges relevantes Zitat, jedoch mit dem ausdrücklichen Segen vom Management des Spielers lanciert wurde. Der 24-Jährige scheint es wirklich ernst zu meinen. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren (es geht u.a. wohl um das von Rooney für inakzeptabel befundene Vertragsangebot von United), völlig unklar ist auch, welcher Verein für ihn als nächste Station in Frage kommen könnte. Einen Wechsel ins Ausland kann man sich aus nicht-fußballspezifischen Gründen schwer vorstellen. Liverpool kann für den Evertonian kaum in Frage kommen, Manchester City und Chelsea schon eher.  Für wieviel Aufregung die Geschichte sorgt, zeigt, dass der sonst eher seriöse "Guardian" eigens einen Live-News-Ticker zu "Rooneys Zukunft" auf die Startseite im Netz gepackt hat. Man kann für den zuständigen Redakteur nur hoffen, dass er genügend Kaffee bekommt - bis zum Januar sind es noch ein paar Tage hin. Die beste Schlagzeile zu dem Thema kam übrigens aus den USA. "Later, wankers: Rooney told Man U he's quitting", schrieb ein Redakteur von "Fox Sports", der zwischenzeitlich bereits gefeuert sein dürfte.

Heskey und der Konjunktiv: Ähnlich lustig war am Freitag Gerard Houlliers Pressekonferenz, genauer gesagt ein sehr gewagter Vergleich des Franzosen: Emile Heskey, behauptete der Aston-Villa-Coach vor dem 0:0 gegen Chelsea, sei so gut wie Didier Drogba. "Drogba ist ein Stürmer, der viel arbeitet", sagte Houllier, "Emile kann das auch. Er hat ähnliche Eigenschaften wie Didier, er setzt sie nur nicht ein." Das erklärt natürlich einiges. Nein: alles.

Ärger um Angriffsfußball: Englische Profis halten sich in Interviews gerne höflich zurück. Nur keine Kontroversen anzetteln, heißt das Motto. Fulhams Danny Murphy wollte da vergangene Woche nicht mitmachen. Auf einer Konferenz verurteilte er "hirnlose und lächerliche Grätschen" und nannte bei dieser Gelegenheit auch Namen. "Stoke, Blackburn oder Wolves wollen nur das Spiel der Gegner kaputtmachen. Von ihren Trainern werden die Spieler so heiß gemacht, dass es unvermeidliche Probleme gibt." Murphy kam mit seiner Kritik naturgemäß nicht so gut an. Wolves-Trainer Mick McCarthy nannte Murphys Statement "dumm und schlecht informiert", und stichelte nach dem (für Wolverhampton-Verhältnisse sehr braven) 1:1 gegen West Ham weiter: "Ich bin sauer, weil wir heute sehr flüssigen Angriffsfußball gespielt haben, anstatt den Gegner zu treten", sagte er sarkastisch. Kann es vielleicht aber auch sein, dass die Wolves sich unter besonderer Beobachtung wähnten und deswegen überraschend fair spielten?

Primera Division

Von Paula Villamarin Temperan

Mit Carles in der Kiste: Barcelona stellte mit dem 2:1-Comeback-Sieg über Valencia wieder die gewohnte Hackordnung an Spaniens Ostküste her. Fast mehr Beachtung fand dabei aber Carles Puyols Liebesgeste. Der Barca-Kapitän, dem man durchaus zutrauen würde, auf dem Vereinsgelände zu wohnen und in Barca-Pyjamas zu meditieren, formte nämlich nach seinem 2:1 mit Zeigefinger und Daumen beider Hände ein formidables Herz und schickte es auf die Tribüne. Puyol in festen Händen? Das war in Spanien bislang nicht bekannt. Fast schon ein wenig pikiert zog die Zeitung "Sport" am Montag eine gewisse Malena Costa aus der Versenkung, die angeblich Puyols neue Herzensdame sein soll. Malena ist Model und nahm 2006 an einer Model-Reality-Show im spanischen Fernsehen teil. Zu Puyols Ehrenrettung sei gesagt: Auf dem beigefügten Foto, das bei einem Konzert aufgenommen wurde, hat er die Haare deutlich schöner als Malena.

Auf leisen Sohlen: Es ist einfach so. Cristiano Ronaldo kann passabel kicken, den ganzen Starrummel und das John-Wayne-Freistöße-Gedöns hin oder her. So still und heimlich wie es ihm möglich ist, erzielte CR7 beim 4:1 gegen Malaga nun schon seine Saisontreffer vier und fünf und leistete zudem zwei Torvorlagen. Damit führt er sowohl die Torschützenliste (gemeinsam mit Nilmar) als auch die Assist-Rangliste (4, gemeinsam mit Xavi) der Primera Division an. "Ich wusste, dass die Tore irgendwann kommen werden", meinte Ronaldo nach der Partie. Aber eigentlich haben sie ihn bei Real noch nie im Stich gelassen. Immerhin erzielte der 25-Jährige in 36 Spielen bereits 31 Treffer - ein stolzer Wert.

Der Mourinho-Schreck: In Madrid spricht seit der erfüllten Pflichtaufgabe gegen Malaga sowieso schon alles vom Champions-League-Klassiker gegen den AC Mailand am Dienstag. Immerhin hat Real seit der 2:3-Heimpleite in der vergangenen Saison (zwei Pato-Tore) noch eine Rechnung offen. Das gilt auch für Jose Mourinho und den Schiedsrichter der Partie, Pedro Proenca. Der hat zwar noch nie eine Königsklassen-Partie mit Real-Beteiligung gepfiffen und pfeift auch erst seit drei Jahren im Konzert der Großen. Dafür schickte der Portugiese Mourinho in dessen Zeit beim FC Porto bis 2004 schon drei Mal wegen Meckerns auf die Tribüne. Mourinho vs. Proenca, Robinho vs. die alten Kollegen, Ronaldinho/Ibrahimovic vs. die ehemaligen Rivalen - es wird ein lustiges Spiel werden.

Video: Real zerlegt Malaga