Einfach zum Anbeißen

Von SPOX
Oliver Kahn hatte schon immer einen bissigen Charakter
© Getty

Die Serie A hat so viel Biss wie Oli Kahn und "heilige Berge" fliegen hochkant vom Platz. In Spanien dauert es vom Handspiel bis zum Elfmeterpfiff schlanke vier Minuten, während England über John Terry lästert und ein "ungeschicktes Foul" diskutiert. Die internationalen Blitzlichter.

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Serie A

Von Oliver Birkner

Aronica als Kahn-Imitator: Man weiß nicht, ob Napolis Defensivmann Salvatore Aronica bei Oliver Kahn abgeschaut hat, zumindest versuchte er Kahns Hals-Schlecker gegen Heiko Herrlich auf seine ganz eigene Art zu interpretieren. Nach einem Foul von Mirko Vucinic war Aronica derart erbost, dass er den Roma-Stürmer in den Oberschenkel beißen wollte. Er verfehlte sein Ziel jedoch knapp, ist ja auch nicht so einfach einen Schenkel zwischen die Zähne zu bekommen. In der Folge entstand ein wirres Handgemenge - was im Tumultpulk noch so alles zu fassen versucht wurde, konnte man nicht genau entdecken.

Tribünen-Prominenz Mourinho: Neben dem 2:2 zwischen Napoli und der Roma bot die Serie A am 26. Spieltag weitere packende Spiele und bewies in dieser Saison nicht zum ersten Mal, dass Italiens Liga auf sportlicher Ebene hinter den Grenzen ein wenig zu Unrecht eine minderwertige Reputation besitzt. Auch Inters 3:2 in Udine wurde zu einer rassigen Partie mit herrlich herausgespielten Treffern (insbesondere das zwischenzeitliche 2:1 der Mailänder durch Maicon). Im Mittelpunkt stand aber Jose Mourinho, obwohl er auf der Tribüne das erste seiner drei Spiele Sperre absaß. Zahllose Tifosi wollten mit ihren Handys einen Schnappschuss des ungewohnten Tribünengastes erhaschen und schickten die Fotos umgehend per MMS an Freunde und Bekannte weiter. Mourinho ließ sich davon nicht stören und schrieb sich bei Notizen während der Partie die Finger wund. Die Zettel wurden von Boten des Vereins umgehend zur Bank an Co-Trainer Baresi weitergetragen. Die schriftlichen Anweisungen trafen offenbar genau ins Schwarze. So bewies "Mou", dass mit ihm selbst in Abwesenheit nicht zu scherzen ist. Diese Erfahrung machte übrigens auch Michelle Hunziker in einer TV-Sendung: Sie sollte einen Pappkarton mit dem Foto des Portugiesen nach einem Gag hinter sich werfen, das Bild nahm eine unnatürliche Flugbahn und traf die Schweizerin dann böse am Hinterkopf.

Rot wegen Gotteslästerung: Cataldo Montesanto muss man nicht kennen. Der Amateurspieler wird dennoch in die Geschichtsbücher eingehen: Er ist der erste Fußballer Italiens, der nach dem neuen Reglement wegen einer Gotteslästerung vom Platz gestellt wurde. Überhaupt schien der Referee nicht gut auf Monesantos Team zu sprechen gewesen zu sein, das er mit drei Elfmetern und drei Platzverweisen abstrafte. Natürlich will Montesanto, dessen Nachname amüsanterweise "heiliger Berg" bedeutet, nichts Despektierliches gegen Gott gesagt, sondern nur einen Teamkollegen wegen eines Fehlpasses angefahren haben. Sollte die Regel der göttlichen Strafe in Zukunft hart durchgezogen werden, darf sich Italien fraglos auf einen pompösen Rote-Karten-Rekord einstellen.

Premier League

Von Raphael Honigstein

Terry unter Druck: Kein Handschlag und keine Punkte gab es am Samstag an der Stamford Bridge für John Terry. Ex-Kumpel Wayne Bridge kam nach dem 4:2-Sieg von Man City mit drei Punkten im Gepäck nach Hause und dürfte sich später auch über das Fernseh-Interview von Craig Bellamy gefreut haben. "Jeder weiß, wie John Terry ist, bei ihm überrascht mich gar nichts mehr", sagte der Waliser, "auf dem Platz ist er aber ein vorbildlicher Spieler". Terry revanchierte sich am Montag mit "wer im Glashaus sitzt, soll keine Steine schmeißen", aber der Verteidiger steht nach zuletzt schwachen Leistungen stark unter Druck. Gegen Ägypten darf er sich keine Fehltritte mehr erlauben.

Trainingslager geschlossen: Bei den Spurs war unter der Woche das Trainingslager geschlossen. Trainer Harry Redknapp wollte verhindern, dass ein übler Magen-Darm-Virus weiter um sich greift. Tottenham ist in dieser Beziehung ja leidgeprüft: vor vier Jahren fiel vor einem wichtigen Spiel gegen West Ham die halbe Mannschaft aus. Verdächtigt wurde damals die Lasagne im Hotel, aber eine Lebensmittelvergiftung konnte letztlich nie nachgewiesen werden. Die Vorsichtsmassnahme zahlte sich am Sonntag aus. Die Spurs gewannen 2:1 gegen Everton - Landon Donovan versemmelte eine hundertprozentige Chance aus einem Meter - und bleiben in der Verlosung um den vierten Platz.

"Ungeschicktes Foul": Nach dem Beinbruch von Aaron Ramsey war es wie immer in solchen Fällen: im englischen Fernsehen sprachen die Experten von einem "ungeschickten Foul" und unterstellten dem Täter "keine Absicht". Stoke-Trainer Tony Pulis erklärte, Shawcross sei kein schmutziger Spieler. Für Arsene Wenger ist die dritte schwere Verletzung eines Arsenal-Spielers "kein Zufall", doch der Franzose wird auf der Insel als Nörgler abgetan. Diese Dinge, so denkt man hier leider immer noch, gehören beim Fußball einfach dazu.

Primera Division

Von Paula Villamarin Temperan

Trauernder Trikot-Jubel: Wer sein Trikot beim Torjubel aus- oder über den Kopf zieht, wird mit Gelb verwarnt. So lautet die gängige FIFA- und UEFA-Regel. In der Primera Division werden die Gesetze gerne mal ausgehebelt. Am vorletzten Spieltag zeigte sich Ronaldo mit der portugiesischen Insel Madeira solidarisch. Ronaldos Heimat wurde von verheerenden Überflutungen heimgesucht. Letzten Samstag ahmte es ihm Humberto Suazo von Real Saragossa nach. Beim Torjubel zog der geborene Chilene sein Trikot nach oben, darunter erschien ein weißes Shirt mit der Aufschrift "Fuerza Chile". "Ich möchte das ganze Land ermutigen", erklärte Suazo. 800 Menschen fielen dem Erdbeben vor der chilenischen Küste zum Opfer. Schiedsrichter Ayza Gomez bewies Fingerspitzengefühl - und sah von der sonst üblichen Verwarnung ab. Was für Ronaldo gilt, gilt auch für weniger berühmte Kicker.

Vier Minuten für einen Elfmeterpfiff: Referee Perez Burrul gehört eigentlich zu den Besten seiner Zunft. Am Sonntag hatte Burrull jedoch einen ganz miesen Tag. "Fantastisches Atletico, entsetzlicher Burrull", schrieb "Marca" nach dem 4:1-Sieg der Rojiblancos gegen Valencia. Schon früh verweigerte Burrull den Gastgebern einen fälligen Foulelfmeter und wenige Minuten nach Valencias Führungstreffer wartete man erneut vergeblich auf einen Elfmeterpfiff - zunächst. Madrids Agüero setzte sich im Laufduell gegen den fallenden Marchena durch. Marchena führte den Ball für alle im Stadion sichtbar im Strafraum mit der Hand. Doch weder Burrul noch seine Assistenten wollten das Handspiel gesehen haben, was die Atletico-Spieler auf die Pamle brachte. Erst der vierte Offizielle brachte Licht ins Dunkel und unterrichtete den Referee über Marchenas Tat. Als Burrull nach insgesamt vier Minuten endgültig auf Strafstoß entschied und Marchena vom Platz stellte, protestierte diesmal Valencia lautstark. Forlan war's egal, er versenkte den Elfer und leitete damit Madrids 4:1-Sieg ein. Da hat sich das lange Warten auf den Pfiff ja gelohnt.

Kurzes Gastspiel von Xerez: Das dürfte eine kurze Premiere werden... Seit dem zweiten Spieltag der laufenden Saison tummelt sich Xerez CD durchgehend auf den Abstiegsrängen der Primera Division. Da hat man sich so sehr auf die erste Saison in der höchsten spanischen Liga gefreut und schon stehen die Zeichen schon wieder gnadenlos auf Abstieg. Auch ein Trainerwechsel im Januar half nichts. Die Start-Bilanz des neuen Coaches Nestor Gorosito legt Assoziationen mit Mirko Slomka nahe: Von sechs Spielen wurde nur eines gewonnen, viermal ging Xerez als Verlierer vom Platz. Am vergangenen Wochenende konnte man immerhin einen Punkt bei Espanyol Barcelona entführen. Doch der Abstand auf das rettende Ufer beträgt mittlerweile zwölf Punkte, den Klassenerhalt dürften selbst optimistische Hertha-Fans Xerez nicht mehr zutrauen. Doch in manchen Situationen wird der Fußball wieder schnell zur Nebensache. Während der Partie gegen Barcelona ereigneten sich dramatische Szenen auf der Tribüne, als der langjährige Xerez-Anhänger Juan del Valle Sepulveda (Vereinsmitglied Nr. 77) an einem Herzinfarkt starb.

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