Ver(w)irrte Zaungäste

SID
espanyol-fans-zaun-514
© Getty

Mourinho kreiert seine eigene Tabelle, Wenger verwechselt die gegnerische Mannschaft und in Barcelona laufen die Fans Amok - in den internationalen Top-Ligen war am Wochenende allerhand geboten.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Wie gut der Sohn von Abedi Pele kicken kann, wer in Spanien seinem Namen alle Ehre macht und wer die Truppe vom AC Mailand wirklich aufstellt - das alles steht in den Blitzlichtern aus Europa.

Serie A

von Oliver Birkner

Milans Erfolgsrezept: Das 269. Mailänder Stadtderby wird sicherlich nicht als eines der spielerisch formidabelsten in die Geschichte eingehen. Über Langeweile mussten sich die 80.000 dennoch nicht beklagen: Den Treffer zum 1:0-Erfolg der Rossoneri erzielte Ronaldinho auf Flanke von Kaka mit einem herrlichen Kopfball (sein erster Treffer für Milan), in einer nervösen Schlussphase sah der Interista Burdisso Gelb-Rot, ihm folgte wenig später Materazzi mit glatt Rot in die Dusche. Letzterer hatte zwar schon auf der Bank gesessen, ereiferte sich aber so lange beim Linienrichter, bis er endlich in die Kabine durfte. Patron Silvio Berlusconi kann am heutigen Montag also beruhigt seinen 72. Geburtstag feiern und verriet vor den Festivitäten noch das langjährige Erfolgsrezept seines AC: "Die Aufstellung macht seit jeher Silvio Berlusconi." Natürlich nur bei Siegen.

Das argentinische Phänomen: Er trifft und trifft und trifft: Zwei Tore schoss Mauro Zarate bei Lazios 3:1-Erfolg in Turin und hat nach fünf Spieltagen bereits sechs Treffer auf dem Konto. Das schafften in der Historie der Serie A erst zwei Ausländer in ihrem ersten Italien-Jahr: Zico (1983) und Andrej Schewtschenko (1999) - eine prominente Gesellschaft. "Zu Saisonbeginn haben alle noch gelacht, als ich Mauro mit Messi verglich, nun bekommen sie den Mund vor Staunen nicht mehr zu", feixte Lazio-Präsident Claudio Lotito.

Mourinhos eigene Tabelle: Das Tabellenbild der Serie A sieht derzeit etwas schräg aus. Lazio, Napoli, Udinese und Catania befinden sich unter den ersten fünf - ein Novum nach fünf Runden. Inter-Coach José Mourinho bastelte sich deshalb sein eigenes Klassement: "Ich will Catania, Lazio oder Napoli ja nicht zu nahe treten, aber Juve, Milan, die Roma und Florenz stehen hinter uns, und nur das zählt für mich. Unter den Big-Klubs sind wir Erster." Glückwunsch!

Premier League

von Raphael Honigstein

Die 18. Wahl: In der Branche wird gemunkelt, dass 17 Trainer das Amt in Newcastle nicht übernehmen wollten. Joe Kinnear, der Achtzehnte, sagte zu, doch ihm schien die Sache fast schon peinlich. "Ich weiß, dass die Fans enttäuscht sein werden", sagte der 61-Jährige, der seit einem Engagement bei Nottingham Forest vor vier Jahren auf keiner Bank gesessen hatte. Kinnear soll als erster "pay as you go"-Trainer der Liga das völlig verunsicherte Team nur bis zum Verkauf des Vereins an ein nigerianisches Konsortium auf Trab halten, für 125.000 Euro im Monat. Ein geniales Konstrukt. Newcastle-Boss Mike Ashley hatte vor dem 1:2 gegen die Blackburn Rovers aber leider übersehen, dass Kinnear wegen übetriebener Schiedsrichter-Kritik vor vier Jahren noch zwei Spiele gesperrt ist. Er kann erst am 20. Oktober gegen Manchester City eingreifen. Bis dahin ist aber wohl schon wieder Kevin Keegan zurück. Wer Eigentümer mit Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Wer seid ihr nochmal? Arsene Wenger war nach der 1:2-Heimniederlage gegen Hull City so geschockt, dass er den Gegner verwechselte. "Wir haben West Brom zu viel Raum gegeben", sagte der Elsässer, der sein zwölfjähriges Jubiläum als Arsenal-Coach gerne anders gefeiert hätte. Das überraschende Ergebnis gegen die Aufsteiger kann seinem hervorragenden Ruf aber nichts anhaben. Kein Trainer bringt mehr Talente hervor, keiner lässt eleganteren one-touch Fußball spielen und keiner gewinnt schöner keine Titel - auch, wenn er manchmal den Gegner verwechselt.

Experten-Analyse: Das ganze Merseyside-Derby über hatten sich Tim Cahill (Everton) und Xabi Alonso (Liverpool) beharkt. Zehn Minuten vor Schluss, beim Stande von 0:2, verlor der Australier im blauen Trikot die Nerven: Er grätschte Alonso voll in die Beine. Der Schiedsrichter gab völlig zu Recht Rot; Xabi hatte großes Glück. "Es hätte ihn übel erwischen können", sagte Liverpools Trainer Rafael Benitez. Das Ende der Geschichte? BBC-Experter Alan Hansen behauptet in "Match of the Day", Gelb hätte es auch getan. Everton-Coach David Moyes will nun Einspruch erheben.

Primera Division

von Steffen Rössel

Zündstoff: Beim Barcelona-Derby sorgten ein paar Idioten dafür, dass das Spiel kurz vor dem Abbruch stand. Aus dem Barca-Fanblock wurden Leuchtraketen in den schräg darunter liegenden Espanyol-Block gefeuert. Die Espanyol-Anhänger reagierten mit panischer Angst, hoben ein Tor aus den Angeln und stürmten den Innenraum. Der Brandanschlag wurde später den Ultras von "Boixos Nois" zugeschrieben. Präsident Joan Laporta nahm's gelassen: "Uns trifft keine Schuld. Bei uns im Camp Nou wäre das nicht passiert, dort haben die alle Stadionverbot." Hätte er seinem Nachbarn ja auch mal stecken können.

Armes Gijon: Zu DSF-Laola-Zeiten wurden die Spieler eines Provinzvereins öfter mal liebevoll "unsere Freunde aus Extremadura" genannt. Irgendwie nett. Gleichsam hilflos wie symphatisch waren bislang auch die Auftritte von Sporting Gijon, das in vier Spielen vier Klatschen mit 19 Gegentoren kassiert hatte. Auch wirklich gemein, dass dem Aufsteiger von der Liga hintereinander die Gegner Sevilla, Barcelona und Real aufgehalst wurden. Am Samstag kam nun noch Vizemeister Villarreal hinzu und Gijon schlug sich wirklich achtbar, verlor aber durch ein irreguläres Tor (dem Treffer von Rossi ging ein Handspiel von Godin voraus) mit 0:1. Deshalb unser Gruß an unsere Freunde aus Gijon: tapfer bleiben!

El Matador: Nach fünf Spieltagen muss man sich verwundert die Augen reiben, denn von der Tabellenspitze grinst niemand anderes als der FC Valencia, in der letzten Saison noch als Gurkentruppe verschrien. Liegt vor allem daran, dass Spieler wie Miguel, Joaquin, David Villa und Mata derzeit einen unfassbar guten Ball spielen. Letzterer machte seinem Namen am Sonntag alle Ehre ("mata" ist im Spanischen der Imperativ von töten, also: "töte!") und erlegte Depor fast im Alleingang. Ein Tor, drei Vorlagen - 4:2 am Ende.

Ligue 1

von Alexis Menuge

Frühstarter: Steve Savidan, Stürmer vom SC Caen, hat an diesem Wochenende das schnellste Tor dieser noch jungen Saison erzielt. Nach exakt 82 Sekunden brachte er vor eigenem Publikum die Mannschaft aus der Normandie gegen den Aufsteiger FC Nantes in Führung. Am Ende stand's sogar 3:0 für Caen.

A! B! Abedi Pele: Mit diesem fantastisch Innovativen-Fanchor begeisterten die 1860-Anhänger früher das Olympiastadion. Mittlerweile kickt der Sohn des Ghanaers, André Ayew, in Frankreichs Oberhaus und erzielte am Wochenende seine erste Bude. Beim Auswärtsspiel in Sochaux (1:1) markierte der 18-Jährige, der von Olympique Marseille an den FC Lorient ausgeliehen ist, den Ausgleich.

Zeter mordio: "Wir sind ganz klar betrogen worden! Das ist Fakt", wütete OM-Präsident Pape Diouf nach dem 1:1 in Le Mans. Hintergrund: zuerst wurden Marseille zwei Elfmeter von Schiedsrichter Fredy Fautrel nicht genehmigt, dann noch ein klares Tor aberkannt. Mamadou Samassa hatte den Ball kurz vor Schluss deutlich hinter die Linie gebracht, bevor ein Le-Mans-Verteidiger rettete. Das war Diouf, der nicht gerade als Leisetreter gilt, dann doch zu viel.

Mehr zum internationalen Fußball