The next Ballack

Von Interview: Haruka Gruber
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© Imago

München - Jürgen Gjasula. In Deutschland nur in Fachkreisen ein Begriff - wenn überhaupt.

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Einst als Supertalent in Freiburg gefeiert, fand er sich plötzlich in der fußballerischen Zweitklassigkeit wieder. Genauer: in der Schweiz.

Obwohl nach einer weitgehend erfolgreichen Saison für St. Gallen einige Klubs aus Italien und Deutschland auf ihn aufmerksam wurden, entschloss sich der 22-jährige Spielmacher zu einem Transfer zum Schweizer Meister Basel.

Im SPOX-Interview spricht der Deutsch-Albaner über Verlockungen aus der Serie A, Vergleiche mit Michael Ballack und seine Suspendierung.

SPOX: Wir sind überrascht. Warum spielen Sie diese Saison im beschaulichen Basel - und nicht wie erwartet in Italien?

Jürgen Gjasula: Die Erklärung ist einfach. Basel ist ein großartiger Klub, der nächste Saison vielleicht sogar in der Champions League spielt. Zudem hat sich der FC am intensivsten um mich bemüht.

SPOX: Von Lazio Rom wurden Sie aber auch mehrere Monate beobachtet. Warum haben Sie sich nicht für die Serie A entschieden?

Gjasula: Jeder hört es gerne, wenn solche Teams Interesse zeigen. Lazio war ja nicht alleine. Auch der FC Turin und Atalanta Bergamo haben angefragt. Aber entscheidend war für mich die Aussicht, endlich international zu spielen.

SPOX: Daher kam auch eine Rückkehr in die Bundesliga nicht in Frage?

Gjasula: Genau. Es gab zwar Kontakt...

SPOX: Mit wem?

Gjasula: Zum Beispiel mit Bochum, Mönchengladbach oder Mainz aus der Zweiten Liga. Aber in Basel wird mir unglaublich viel Vertrauen entgegengebracht. Ich habe mich häufig mit Trainer Christian Gross unterhalten, der mir zutraut, unter ihm den Sprung zu schaffen.

SPOX: Der Sprung wohin?

Gjasula: Hoffentlich nach ganz oben (lacht). Im Ernst: Gross sprach davon, dass ich noch lange nicht mein Potenzial ausgereizt habe und vom Können her in die englische oder spanische Liga gehöre.

SPOX: Nicht weiter verwunderlich, immerhin galten Sie in Deutschland auch schon als der nächste Michael Ballack.

Gjasula: Das stimmt. Die Vergleiche haben schon in Freiburg angefangen, als Volker Finke gleich zu mir sagte, dass mein Spielstil original dem von Ballack ähneln würde. In Kaiserslautern ging es nahtlos weiter. Da meinten ehemalige FCK-Profis, dass ich der neue Ballack werden könnte. Und dann nahm es seinen Lauf.

SPOX: Trotz ihres unbestrittenen Talents sind Sie eine Zeit lang in die Versenkung verschwunden. Warum?

Gjasula: Vielleicht musste ich erst einmal lernen zu kämpfen.

SPOX: Ein ehrliches Geständnis.

Gjasula: Ich bin nun mal ein Spielertyp, der auf dem Platz die Dinge fußballerisch lösen will. Aber mir ist klar geworden, dass ich immer aktiv den Mann attackieren muss. Dass ich auch im Training intensiv verteidigen und auch mal grätschen muss. Jetzt bin ich aber auf einem guten Weg.

SPOX: Auch was Ihren Lebensstil betrifft?

Gjasula: Ich weiß, dass ich als schwieriger Typ gelte. Dabei bin ich es gar nicht, ich habe mich mit jedem Trainer gut verstanden.

SPOX: Woher kommt Ihr Image?

Gjasula: Egal ob Freiburg, Kaiserslautern oder St. Gallen, überall gab es immer Komplikationen. In Freibug...

SPOX: ...wo Sie in der Saison 2003/2004 mit 17 Jahren der jüngste Bundesliga-Profi waren...

Gjasula: ...sollte ich zum Beispiel einen langfristigen Vertrag unterschreiben. Ich wollte mich aber nicht so lange binden, daher bin ich nach Kaiserslautern. Beim FCK bekam ich immerhin einige Einsätze, aber das war mir zu wenig und ließ mich nach langem hin und her ausleihen.

SPOX: Nach St. Gallen, wo Sie im April, mitten im Abstiegskampf, suspendiert wurden.

Gjasula: Die Entscheidung hat mich schockiert. Ich habe zuvor immer gut gespielt, mich mit Trainer Krassimir Balakow sehr gut verstanden, stand immer in der Startelf. Wahrscheinlich wurde ich dafür abgestraft, dass ich meinen im Sommer ausgelaufenen Vertrag nicht verlängern wollte.

SPOX: Hatten Sie Angst um Ihren Ruf?

Gjasula: Natürlich. Wenn die Leute lesen, dass ich frei gestellt wurde, heißt es gleich, dass ich etwas verbrochen hätte.

SPOX: Und? Haben Sie etwas verbrochen?

Gjasula: Ich verstehe die Nachfrage, eine Radio-Station hat sogar schon spekuliert, ob es den  nächsten Sex-Skandal in der Schweiz gibt. Aber ich kann versichern, dass da nichts war, das hat auch der Verein bestätigt.

SPOX: Sie sind 22, spielen bereits bei ihrem vierten Verein und haben mehrfach den Berater gewechselt. Welche Fehler haben Sie selbst begangen?

Gjasula: Natürlich hinterfragt man einige Entscheidungen. In St. Gallen trug ich eine Mitschuld, weil ich den Klub so lange hingehalten habe. Unter dem Strich bleibt aber, dass ich für jedes Team alles gegeben habe. Und zu den Transfers: Es ging mir nie um Geld, ich wollte nur Spielpraxis sammeln. Sonst wäre ich zum Beispiel nie aus Kaiserslautern nach St. Gallen gewechselt.

SPOX: Michael Ballacks Karriere gilt als Paradebeispiel für eine Profilaufbahn. Ist das der Unterschied zu ihm?

Gjasula: Ja. Er hat seine Laufbahn sorgfältig geplant, hat nichts überstürzt. Von Ballacks Karriereplanung kann ich mir eine Scheibe abschneiden.

SPOX: Und was ist mit dem inneren Schweinehund?

Gjasula: Auch was das Kämpferische anbelangt, kann ich mir von Ballack etwas abschauen. Nach wie vor. Aber ich arbeite daran, weil ich weiß, dass ich noch lange nicht alles gezeigt habe. Da kommt auf jeden Fall etwas. Der Durchbruch kommt. Der Durchbruch muss kommen.

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