Prinz & Grings: Plötzlich nur noch zweite Wahl

Von Aus Frankfurt berichtet: Daniel Börlein
Birgit Prinz wurde gegen Nigeria in der 53. Minute durch Inka Grings ersetzt
© Imago

Die eine ist Bundesliga-Rekordtorschützin, die andere eine Legende im Frauen-Fußball, bei der WM spielen Inka Grings und Birgit Prinz bislang allerdings nur eine Nebenrolle. Richtig frustriert ist darüber aber nur eine von beiden.

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Uli Voigt musste den menschlichen Schutzschild spielen. Birgit Prinz schob den DFB-Pressemann vor sich her durch die Interview Zone des Frankfurter Stadions. "Bloß nicht stehen bleiben", flüsterte sie ihm zweimal flehend ins Ohr.

Prinz wollte schnell weg. Sie wollte keine Antworten geben auf die Fragen der Journalisten. Doch sie musste. Voigt zögerte für einen kurzen Moment und schon war Prinz mittendrin in der Frage-Antwortrunde, auf sie doch so offensichtlich keine Lust hatte.

Prinz: "Glücklich war ich nicht"

Der Frust stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Der Frust über die eigene Leistung, vor allem aber der über die vorzeitige Auswechslung schon kurz nach der Pause. Dementsprechend einsilbig gab sie Auskunft. "Glücklich war ich nicht", sagte sie trotzig, "aber das kann man ja auch nicht sein, wenn man nach 53 Minuten ausgewechselt wird".

In den letzten Länderspielen musste die 33-Jährige stets vorzeitig vom Platz. Meist nach eher durchschnittlichen Vorstellungen, gemessen an ihrem eigentlichen Leistungsvermögen.

Immer hatte sie dies - zumindest äußerlich - gefasst zur Kenntnis genommen. Dieses Mal allerdings konnte Prinz ihre Enttäuschung und das Unverständnis über die abermalige Auswechslung nicht verbergen.

Alleine auf der Bank

Wütend riss sie sich die Spielführerbinde vom Arm, warf sie ziellos auf den Platz, würdigte Bundestrainerin Silvia Neid beim Handshake keines Blickes, stapfte zum Abklatschen mit den Mannschaftskameradinnen und verkroch sich schmollend auf der Bank. Eine Minute später saß sie dort plötzlich ganz verlassen.

Nach Simone Laudehrs Treffer waren alle Kolleginnen und Betreuer aufgesprungen und lagen sich an der Seitenlinie jubelnd in den Armen. Prinz hingegen klatschte nur zurückhaltend Beifall - ganz alleine - und anschließend mit allen kurz ab. Erleichterung oder gar Euphorie: Fehlanzeige.

Grings: "Es ist schwierig für Birgit"

"So einer gestandenen Persönlichkeit wünscht man solche Spiele nicht", sagte Sturmkollegin Inka Grings im Gespräch mit SPOX. In ihrer Heimatstadt wollte Prinz die Wende zum Guten schaffen, es wurde einer der bittersten Tage ihrer langen Karriere.

"Ein Tor in ihrer Heimat hätte ihr sicher gut getan", sagte Grings. "Es ist schwierig für Birgit. Sie weiß selbst, dass sie gerade nicht so gut ins Spiel findet."

Immer mehr droht Prinz nun zum Problemfall zu werden.

Hatten einige schon vor dem Turnierstart spekuliert, der Frankfurterin drohe womöglich die Bank, ist die Zahl derer, die dies mittlerweile sogar fordern, nach dem Nigeria-Spiel noch einmal deutlich gestiegen.

Innerhalb der Mannschaft genießt Prinz allerdings die volle Rückendeckung, selbst von Konkurrentin Grings: "Wir müssen alles dafür tun, dass sie wieder auf die Beine kommt. Denn sie ist ja immer noch eine tolle Fußballerin."

Grings: Plötzlich zweite Wahl

Grings selbst kann sich derzeit wohl gut hineinversetzen in Prinz. Denn während ihre langjährige Sturmpartnerin in der Nationalmannschaft stets vorzeitig runter muss, saß Grings in den letzten beiden Spielen von Beginn an auf der Bank.

"Für mich ist das schon eine schwierige Situation", sagte sie, "weil ich ja gewohnt war, immer zu spielen." Bis kurz vor dem Eröffnungsspiel galt die 32-Jährige als erste Wahl im Angriff, zum Auftakt gegen Kanada saß sie dann plötzlich draußen.

"Es war schon sehr überraschend", gibt Grings zu. Immerhin habe die Trainerin es ihr aber schon einen Tag vor der Partie gesagt. "Dadurch konnte ich das auch verarbeiten." Wer weiß, wie sie sonst reagiert hätte, klingt da ein bisschen mit durch.

In Duisburg mit Problemen

In der Vergangenheit galt Grings nicht unbedingt als pflegeleicht. In Duisburg flog sie vor ein paar Jahren mal aus dem Kader, nachdem sie sich einen offenen Machtkampf mit dem damaligen Trainer Dietmar Herhaus geliefert hatte. Auch mit Neid war Grings vor einigen Jahren schon mal aneinander geraten.

Potsdam-Coach Bernd Schröder vermutete nach dem Kanada-Spiel bereits, Grings könne in ihrer Rolle als Reservistin zum Problem für die Mannschaft werden. Doch Ärger macht die Angreiferin bislang nicht. Ganz im Gegenteil. "Natürlich würde ich gerne spielen. Aber wichtig sind für uns die Siege", sagte sie nach dem Nigeria-Spiel.

Letzte Chance auf den Titel

Grings stellt ihre eigenen Interessen hinten an. Wohl auch, weil sie weiß, dass es ihre letzte Chance ist auf den ganz großen internationalen Triumph.

Auf nationaler Ebene hat sie alles erreicht, wurde mit Potsdam Deutscher Meister, Pokalsieger, sechsmal Torschützenkönigin und ist mit über 350 Liga-Treffern Bundesliga-Rekordtorschützin.

Die Bilanz im DFB-Team fällt dagegen deutlich bescheidener aus. Bei zwei EM-Titeln war Grings dabei, bei einer Weltmeisterschaft dagegen bis zu dieser Heim-WM noch nie. Nach dem Turnier wird Schluss sein in der Nationalmannschaft. Grings will sich mit dem Titel verabschieden. Um jeden Preis.

WM 2011 - der Spielplan

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