Bajramaj: Ausgebremst von der Antagonistin

Von Daniel Börlein
Lira Bajramaj: Muss sie beim WM-Auftakt gegen Kanada auf die Bank?
© Imago

Sie ist der Publikumsliebling und bei Medien und Sponsoren so gefragt wie keine andere. Bei der WM soll Lira Bajramaj der große Star werden. Es gibt nur einen Haken: Die 23-Jährige ist wohl nicht erste Wahl. Eine andere scheint die Nase im Kampf um den Platz in der Startelf vorne zu haben. Und die ist der komplette Gegenentwurf zu Bajramaj.

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Wenn Lira Bajramaj zu Hause bei ihren Eltern in Mönchengladbach ist, dann schaut sie regelmäßig auch bei der Mutter von Borussias Nummer eins Marc-Andre ter Stegen vorbei. Beide quatschen dann ein bisschen über die Fohlen und den Fußball im Allgemeinen. Vor allem aber geht es um Fingernägel. Denn Mama ter Stegen kümmert sich um Bajramajs Maniküre.

Die Nationalspielerin, daraus macht sie selbst kein Geheimnis, legt Wert auf ein gepflegtes Äußeres - und vor allem auf schöne Fingernägel. Auch auf dem Platz. Deshalb hat sich die 23-Jährige für das erste deutsche WM-Spiel am Sonntag gegen Kanada (17.45 Uhr im LIVE-TICKER) etwas ganz Besonderes überlegt: "Die Fingernägel werden erstmals in knallgelb lackiert."

Nur einmal von Beginn an

Bajramaj ist vorbereitet. Zum ersten Auftritt bei der Heim-WM soll eben alles passen. Eines allerdings passt nicht: Bajramaj wird den Turnierstart aller Voraussicht nach nur von der Bank aus miterleben. Als Randerscheinung. Der Publikumsliebling ist derzeit nicht erste Wahl bei Bundestrainerin Silvia Neid.

In drei von vier Testspielen kam Bajramaj erst nach der Pause zum Einsatz. Akzente, wie die Offensivspielerin sie fast die komplette Saison über im Klub bei Turbine Potsdam gesetzt hatte, waren von ihr in den letzten Länderspielen kaum zu sehen.

"Lira hat im Moment ein wenig das Nachsehen", sagt die ehemalige Nationalspielerin Nia Künzer. Auf Bajramajs Position im linken offensiven Mittelfeld scheint derzeit Melanie Behringer die besten Karten zu haben.

"Man muss sagen, sie hat die Vorbereitung besser nutzen können und sich besser präsentiert. Die Trainerin hat beide in der täglichen Arbeit gesehen und Melanie Behringer hat im Moment die Nase vorn", so Künzer.

Aufgabenteilung mit Behringer?

Von der Bundestrainerin gibt es bislang kein klares Bekenntnis, wer zum Auftakt ran darf. Zwischen den Zeilen ist allerdings eine Tendenz Richtung Behringer herauszulesen. "Auch die Lira weiß, dass die Melanie sehr geradlinig spielt, einen guten Schuss hat und immer für ein Freistoßtor gut ist", sagt Neid.

Innerhalb des Teams kann man sich eine Arbeitsteilung zwischen den beiden Konkurrentinnen vorstellen. "Melanie macht die Gegnerinnen müde - und dann kommt Lira rein und dribbelt sie aus", sagt Torhüterin Nadine Angerer.

Auch Bajramaj selbst hat bereits bemerkt, dass sie wohl als Reservistin ins Turnier starten wird. Ärger macht sie deshalb nicht. Auch mit Behringer hat sie deshalb keine Probleme. Das passt nicht zu Bajramaj. "Dann muss ich eben mehr an mir arbeiten", sagt sie stattdessen. Der Erfolg der Mannschaft steht, trotz allem Trubel um ihre Person, an erster Stelle.

Bajramaj - Everybody's Darling

Doch Bajramaj weiß auch: "Mir ist klar, dass es für mich richtig schwierig wird, wenn Mel erst mal im Eröffnungsspiel in der Startelf stehen sollte. Die Bundestrainerin wird ihre Anfangsformation dann wohl nicht mehr so schnell ändern."

Bajramaj auf der Bank? Eine komplette WM lang? Eigentlich kaum vorstellbar, schließlich ist sie mittlerweile so etwas wie das Gesicht dieser deutschen Mannschaft.

Keine Spielerin hat mehr Medienanfragen, keine wird häufiger von Werbepartnern gebucht, niemand steht bei Sponsorenaktivitäten öfter in der ersten Reihe als sie.

Für DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger dient die Muslima mittlerweile als Musterbeispiel für gelungene Integration im deutschen Fußball. Bajramaj - Everybody's Darling.

Gegenentwurf Behringer

Konkurrentin Behringer ist dazu fast der komplette Gegenentwurf. Die 25-Jährige ist zwar überaus beliebt innerhalb der Mannschaft und wird von allen geschätzt, in der Öffentlichkeit hält sich die Mittelfeldspielerin vom 1. FFC Frankfurt aber gerne im Hintergrund.

"Ich bin ein zurückhaltender Mensch", sagt Behringer über sich selbst. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein Nachteil ist, dass ich nicht so präsent in den Medien bin wie Lira. Frau Neid stellt die Mannschaft nicht nach Medienpräsenz auf, sondern nach Leistung."

Als Attacke gegen Bajramaj will Behringer diese Aussage ausdrücklich nicht verstanden wissen. Von großen Sprüchen hält die gelernte Bürokauffrau nichts. Sie will keine öffentliche Aufmerksamkeit. Deshalb macht sie auch nicht groß zum Thema, dass sie sich privat für Menschen in afrikanischen Ländern engagiert und als Botschafterin für "Das Hunger Projekt e.V." tätig ist.

"Das mit dem WM-Star ist mir egal"

Behringer braucht keine Schlagzeilen - zumindest keine außerhalb des Platzes. Auf dem Platz will sie wieder für Furore sorgen, wie beim WM-Titelgewinn 2007 oder der EM 2009 als sie im Finale aus 35 Metern traf und anschließend zur Torschützin des Monats gewählt wurde.

Nun soll als Krönung der internationalen Karriere der WM-Titel im eigenen Land her. Den will natürlich auch Bajramaj, ob als Stammspielerin oder als Joker. Dafür steckt sie die eigenen Interessen zurück. "Das mit dem WM-Star ist mir egal", sagt sie. In den letzten Monaten wurde sie dazu bereits gemacht.

"Es wird bei mir über all das andere oft viel mehr geschrieben als über meine Leistungen auf dem Platz. Das nervt manchmal", sagt Bajramaj. "Ich möchte, dass sich die Leute um das Wesentliche kümmern - und zwar, dass ich Fußballspielerin bin und gute Leistungen auf dem Platz bringe." Nur muss sie das auch zeigen dürfen.

Der komplette WM-Spielplan

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