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GESPONSERT VON

"Der HSV ist anfällig für Konter"

Von Interview: Stefan Moser
Peter Pacult erzielte in 53 Spielen 21 Treffer für 1860 München
© Imago

Peter Pacult ist ein guter Bekannter in Deutschland. Der Wiener kickte Mitte der 90er für 1860 München. Später war er als Trainer für die Löwen und Dynamo Dresden tätig. 2006 übernahm der 49-Jährige das Traineramt bei Rapid Wien. Heute spielt er mit seiner Mannschaft in der Europa League gegen den Hamburger SV - und rechnet sich durchaus Chancen aus.

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Im SPOX-Interview spricht Peter Pacult über Ernst Happel, den Verlust seiner beiden Top-Stürmer und die Chancen von Rapid gegen den HSV (18.45 Uhr im LIVE-TICKER und bei SKY).

SPOX: Die meisten Hamburger denken beim Thema Wien sofort an Ernst Happel. Was denkt ein Wiener spontan zum Thema Hamburg?

Peter Pacult: Dasselbe. Wenn in Wien über den HSV gesprochen wird, fällt automatisch der Name Ernst Happel.

SPOX: Sie hatten selbst eine besondere Beziehung zu Trainerlegende Happel. Was zeichnete ihn aus?

Pacult: Stimmt, ich hatte das große Glück, vier Jahre unter seinen Fittichen zu trainieren. Und auf ihn passt wirklich der Spruch: "Hart aber herzlich."

SPOX: Was war sein Geheimnis?

Pacult: Sein Erfolgsrezept war im Nachhinein eigentlich gar nicht so geheimnisvoll. Er hat einfach rigoros von seinen Spielern verlangt, dass sie das umsetzten, was er sich vorstellt und absolute Disziplin eingefordert. Die Spieler haben sich daran gehalten.

SPOX: Aber Happel galt auch in Sachen Taktik als Vorreiter.

Pacult: Bei dem Thema muss ich immer schmunzeln. Er galt zwar als Taktikweltmeister, aber unter Happel wurde nie Taktik trainiert. Da gab es kein langes Gerede von Laufwegen und Verschieben. Stattdessen hatte er ein Auge dafür, welcher Spieler auf welcher Position die optimale Leistung für die Mannschaft bringt.

SPOX: Dann stimmt es gar nicht, dass ein Österreicher den Deutschen die Raumdeckung beigebracht hat?

Pacult: Was er sehr früh praktiziert hat, heißt heute Viererkette. Aber Happel war die Begrifflichkeit wurscht. Der ist zu Manni Kaltz gegangen und hat gesagt: 'Du spielst heute hinten rechts und schaltest dich möglichst oft in Angriffe mit ein.' Es gab nur eine klare Ansage: Bei Ballverlust muss dieser Raum besetzt sein - wenn möglich von dem Spieler auf der entsprechenden Position. Aber sonst hat er die Spieler nie in ein Korsett gezwängt. Im Gegenteil, er hat sie mit Freude spielen lassen.

SPOX: Das ist alles? In Deutschland diskutiert man zurzeit viel über Systeme. Stimmt Ihr Credo: "Ob Viererkette oder Fahrradkette ist egal, wenn man die Zweikämpfe nicht gewinnt" noch?

Pacult: Das schönste System ist keinen Pfifferling wert, wenn du immer nur dem Gegner hinterherläufst. Natürlich muss es eine Grundordnung geben, die gewährleistet, dass jeder Spieler effektiv ins Spiel eingreifen kann. Aber insgesamt halte ich nicht viel von der ganzen Systemdiskussion. Vor allem auch deshalb, weil dabei zu oft das Defensivverhalten gelobt wird, während die Offensive zugrunde geht.

SPOX: Sie gelten in Deutschland noch als charmanter Wiener, in Österreich haben Sie aber mittlerweile ein Grantler-Image...

Pacult: Das ist mir eher angedichtet worden. Gerade nach einem Spiel, das vielleicht nicht so gelaufen ist, ist man nicht immer happy. Und wenn man ein, zwei Mal nicht die Antworten gibt, die sich der Herr Journalist gerade vorstellt, ist man gleich grantig oder sonst was. Irgendwann ging diese Schublade einfach auf und jetzt sitze ich da drin.

SPOX: Und wie treten Sie gegenüber der Mannschaft auf? Happel etwa sagte: "Wer Streicheleinheiten braucht, muss zur Mama gehen."

Pacult: Mit diesem Satz will er ja nur eins sagen: Wenn ein Spieler drei Mal nicht drankommt, geht er zum Trainer und heult, Trainer, warum spiele ich nicht? Der eine Trainer erklärt das dann lang und breit. Und der andere sagt: Zum Ausheulen geh lieber zum Pfarrer.

SPOX: Und was sagen Sie?

Pacult: Wenn ein Spieler zu mir kommt und mich fragt, warum er nicht spielt, sage ich: "Weil's einfach so ist." Ich erkläre das nicht lange, weil ein Spieler jeden Grund immer gegen dich verwenden kann.

SPOX: Wie das?

Pacult: Wenn ich zum Beispiel sage: "Du hast schlecht trainiert", dann hängt er sich vielleicht eine Woche lang mehr rein, kommt dann aber wieder an und fragt: "Und warum spiele ich jetzt nicht, Trainer?" Was soll ich ihm dann sagen? Darum sage ich von vorneherein: "Wir sind in einer Leistungsgesellschaft, es können nur elf spielen, und momentan sind einfach andere dran." Das muss er akzeptieren.

SPOX: Bei Rapid haben Sie bewiesen, dass Ihre Art bei jungen Spielern ankommt.

Pacult: Bei Talenten geht es vor allem darum, dass sie Charakter haben und den Druck aushalten. Rapid ist in der Beziehung fast der FC Bayern von Österreich. Da haben junge Spieler keine Zeit, müssen sofort ins kalte Wasser. In anderen österreichischen Vereinen gibt es noch etwas mehr Zeit, bei uns geht es knallhart: Kann er schwimmen oder nicht.

Hier geht es zum zweiten Teil des Pacult-Interviews