EM

Polnischer Albtraum lässt Tschechen feiern

SID
Przemyslaw Tyton war nicht der einzige betrübte polnische Spieler
© Getty

Nach der schwachen Leistung gegen Tschechien zeigen sich die polnischen Spieler frustriert, während die Tschechen über ihren Viertelfinaleinzug jubeln. Smudas Zukunft ist offen.

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Es war kurz nach Mitternacht, als die polnischen Spieler mit hängenden Köpfen durch die Mixed Zone Richtung Teambus schlichen. Das Bild hatte Symbolkraft. Denn mit ihren schwarzen Anzügen und den blauen Hemden schien es, als ginge die Mannschaft geschlossen zu einer Beerdigung.

Fragen zum Grund für das bittere EM-Aus nach dem 0:1 (0:0) gegen Tschechien gab es viele, die passenden Antworten fanden sie nicht. "Das ist nicht so leicht zu verarbeiten. Jeder ist frustriert, das wird noch ein paar Tage dauern", sagte der Mainzer Eugen Polanski.

Robert Lewandowski atmete mehrmals schwer aus. Der Stürmer vom deutschen Double-Sieger Borussia Dortmund rang nach Worten, suchte nach Erklärungen und war genauso ratlos wie seine Teamkollegen. Er habe keine Ahnung, was gefehlt habe, gab er zu.

In der Stunde der Niederlage machten die Polen aber das wohl einzig Richtige - sie blickten nach vorne. Denn in zwei Monaten starten sie in die Qualifikation für die WM 2014. Und natürlich wollen sie die positiven Erkenntnisse mitnehmen. "Wir haben sehr viel Potenzial und eine junge Mannschaft. Das Turnier war eine gute Schule für uns", sagte Lewandowski.

Lewandowski fühlt sich allein

Der BVB-Stürmer hatte in der starken Anfangsphase der Polen eine gute Möglichkeit ausgelassen - und in der Nationalmannschaft im Gegensatz zum BVB keinen Shinji Kagawa hinter sich. "Ich habe mich sehr alleine gefühlt. Das Spiel war nicht einfach für mich", sagte er. Sein Dortmunder Teamkollege Jakub Blaszczykowski versuchte ebenfalls, das Positive zu sehen. "Insgesamt gab es ein paar wundervolle Momente. Am Ende werden sich aber alle mehr an das Negative erinnern", sagte er.

Das Negative war gegen die Tschechen vor allem die zweite Halbzeit. Bereits gegen Ende der ersten Hälfte merkte man den Polen die steigende Nervosität an. In den zweiten 45 Minuten hatten die Tschechen den Gegner vollends im Griff. "Wir haben in der Kabine etwas besprochen, was wir dann auf dem Feld nicht umgesetzt haben", sagte Nationaltrainer Franciszek Smuda und startete den nächsten Erklärungsversuch. Seine Mannschaft habe auf die Tschechen gewartet in der Angst, ein Tor zu kassieren, sagte er.

Und so kam es dann auch. Nach einem Konter traf der Wolfsburger Petr Jiracek zum Siegtreffer und mitten ins Herz der Polen. Smuda sah dann auch mitgenommen aus. Müde wirkte er, und mit hängenden Schultern versuchte er vergeblich, das Geschehene in Worte zu fassen: "Wir haben nicht das Beste herausgeholt, aber so ist Fußball. Wir waren vielleicht zu motiviert", sagte Smuda.

Smuda: "Großartige Entwicklung"

Über seine eigenen Zukunftspläne ließ er die Nation mit widersprüchlichen Aussagen zunächst im Unklaren. "Mein Vertrag lief bis zum Ende des Turniers. Ich habe eine mündliche Vereinbarung mit dem Verband, also weiß ich, was passieren wird", sagte Smuda.

Ein Rücktritt war das zwar nicht, ein klares Bekenntnis zu einer weiteren Zusammenarbeit allerdings auch nicht. Auch wenn er zwischen den Zeilen durchblicken ließ, dass er weitermachen wolle. "Wir haben ein Team geschaffen, auf das wir in Zukunft bauen können. Es hat eine großartige Entwicklung gemacht", sagte er.

Die machten auch die Tschechen nach der 1:4-Pleite zum Auftakt gegen Russland durch. Zwei Siege und der überraschende Viertelfinal-Einzug als Gruppensieger: Vor allem für Nationaltrainer Michal Bilek war der Coup eine sichtliche Genugtuung, nachdem er in der Heimat lange in der Kritik gestanden hatte.

"Wir haben unsere Qualitäten gezeigt. Wir waren geduldig und haben auf unsere Chancen gewartet. Wir haben das Viertelfinale verdient", sagte er. Und schickte eine Kampfansage hinterher: "Jetzt geht es um alles. Wir wollen so weitermachen."

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