Wie Netzer, nur ganz anders

Von Stefan Moser
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© Getty

München -  Für einen Gladbach-Fan war es zuletzt nicht immer leicht, ein Gladbach-Fan zu sein. Zu weit entfernt die Zeiten, als die Fohlen noch behände durch Europas grüne Wiesen galoppierten und dabei auch noch Titel mit nach Hause brachten.

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Inzwischen pflügt sich die Borussia durch die heimischen Äcker in der Zweiten Liga - und bringt höchstens ein paar blaue Flecken mit nach Hause. Die letzte Trophäe indes stammt aus dem Jahr 1995, es war der DFB-Pokal.

Doch seit knapp sechs Wochen gibt es neue Hoffnung, eine große noch dazu: Genau einen Meter und 93 Zentimeter misst sie, wiegt 190 Pfund, hört auf den Namen Rob Friend und schoss am 5. Spieltag sein erstes Tor für Gladbach.

Der 26-Jährige Angreifer stammt aus Rosetown, Saskatchewan. Das liegt in Kanada, und zwar ziemlich genau da, wo Fuchs und Hase sich gute Nacht sagen. Im Sommer kam er für 1,3-Millionen vom SC Heerenveen aus der niederländischen Eredivisie.

Friend is the Trend

In den letzten sieben Partien machte Friend neun Tore, die Borussia verlor kein Spiel mehr und träumt inzwischen vom direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga.

Und schon macht es auch wieder Spaß, ein Gladbach-Fan zu sein und in Erinnerungen zu schwelgen an die Tage von Netzer und Co. - auch wenn die Vergleiche hinken. Denn Friend ist weniger ein leichtfüßiges Fohlen als ein stämmiger Hannoveraner Hengst.

Und von Günter Netzer ist er mindestens soweit entfernt wie Gladbach von der Champions League. Friend ist alles andere als ein exzentrischer Anführer, der in der Öffentlichkeit polarisiert und sich zur Not auch mit dem Trainer anlegt.

Der Inbegriff des Keilstürmers

Friend sagt eher Sätze wie: "Wenn du hart arbeitest und zuversichtlich bleibst, kommt der Rest von alleine. Drecksarbeit zu verrichten, ist Teil meines Jobs",  oder: "Wir dürfen nicht abheben". Eine seiner absoluten Lieblingsformulierungen lautet: "Wir müssen in jedem Spiel motiviert sein und 110 Prozent geben."

"Ich war mit der Entscheidung einverstanden", so sein schlichter Kommentar in Richtung Trainer, der ihn gegen St. Pauli zur Halbzeit vom Feld holte, obwohl Friend sein Team mit 1:0 in Führung brachte. Netzer hätte da wohl anders reagiert.

Auch fußballerisch ist er ein völlig anderer Typ. Für Spieler wie Rob Friend erfand Berti Vogts einst den Begriff des "Keilstürmers": Wuchtig, fleißig, zweikampfstark und ballsicher.

Die gebrochene Vereinbarung

Und während Netzer Kopfbälle schon aus Prinzip verweigerte, wurde Friend genau dafür verpflichtet. "Er ist der Stürmertyp, der uns fehlt. Er ist groß, kopfballstark und kann den Ball behaupten", erklärte Sportdirektor Christian Ziege im Sommer den Transfer: Ein perfekter Vorlagengeber für Oliver Neuville.

Dass der Kanadier sich nicht an die Vereinbarung hält, selbst die Tore macht und das auch noch per Fuß, brachte ihm zwar schon den Spott von Trainer Jos Luhukay ein: "Du schießt Tore, aber nur mit dem Fuß. Wir haben dich aber geholt, weil du kopfballstark sein sollst."

Doch Friend hat im Moment ganz einfach einen Lauf. Selbst wenn er sich beim Torschuss auf die Nase legt, es findet sich bestimmt ein Gegenspieler der den Ball unhaltbar abfälscht. Und so hat der Kanadier schon jetzt mehr Tore auf dem Konto, als der gesamte Gladbacher Sturm im letzten Jahr.

Gegen Bayern: "Fast ein Spitzenspiel"

"Es interessiert mich nicht, wie viele Tore ich schon gemacht habe", sagt Friend dazu notorisch trocken: "Ich muss auch in Zukunft treffen."

Doch die nächste Zukunft heißt: DFB-Pokal, München, Allianz-Arena. Am Mittwoch (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) kommt es dort zur Neuauflage des Klassikers Bayern gegen Gladbach. "Fast ein Spitzenspiel", nennt FCB-Coach Ottmar Hitzfeld die Partie.

Immerhin trifft der Tabellenführer auf den Spitzenreiter - mit dem feinen Unterschied einer ganzen Spielklasse. Rob Friend jedoch glaubt trotzdem an die Chance seiner Mannschaft. Sein einfaches Rezept: "Wir können das Spiel dort gewinnen. Wenn jeder motiviert ist und 110 Prozent gibt."