"Dürfen nicht in eine Opferrolle verfallen": Julian Nagelsmann schwört Nationalspieler auf "sehr harte Arbeit" ein

Von Tim Ursinus / SID
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© getty

Julian Nagelsmann hat die deutschen Nationalspieler nach dem Offenbarungseid in Wien auf harte Arbeit eingeschworen. "Wir dürfen nicht in eine Opferrolle verfallen. Wir müssen akzeptieren, dass wir unfassbar viel Arbeit haben auf allen Positionen", sagte der Bundestrainer nach dem 0:2 (0:1) in Österreich im ZDF.

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"Es wird bis zum Sommer nichts leicht von der Hand gehen", ergänzte Nagelsmann. Der viermalige Weltmeister hat in den vergangenen zehn Länderspielen 22 Gegentore kassiert.

"Wir werden bis Sommer nicht zu Verteidigungsmonstern. Die Mannschaft hat eine Gabe, schön zu spielen. Aber wir müssen viel mehr Dynamik entwickeln im eigenen Ballbesitz", sagte Nagelsmann. Sieben Monate vor der Heim-EM gehe es nur "über sehr harte Arbeit und in Anführungszeichen deutsche Tugenden". Es gehe darum, "nicht in Schönheit zu sterben".

Nagelsmann führte aus: "Der Transfer auf dem Platz funktioniert einfach nicht. Wenn der Schiedsrichter pfeift, hat man schon das Gefühl: Wir sind ein paar Einzelkämpfer und nicht diese Einheit, die wir außerhalb des Platzes sind."

Der Zusammenhalt sei ansonsten "außergewöhnlich", erklärte der 36-Jährige: "Aber wenn es aufs Feld geht, müsste das eigentlich mehr werden. Wenn man ins Hotel geht vor dem Spiel, wenn die Jungs eigentlich schlafen könnten, sitzen die zusammen und sprechen darüber, was passieren soll. Das sind superviele gute Zeichen."

Nagelsmann verteidigt Taktik: "Die Idee ist sehr simpel"

Dass er die Mannschaft mit seiner Taktik überfordert, glaubt derweil Nagelsmann nicht. "Die Idee ist sehr simpel. Es ist nicht kompliziert, ehrlich gesagt", sagte er.

Das bestätigte auch Mats Hummels, der während des Interviews zugeschaltet wurde. Laut BVB-Verteidiger habe die Mannschaft erst nach der Roten Karte angefangen, "kämpferisch und emotional dagegenzuhalten." Die "komplette Mannschaft" müsse sich an "die eigene Nase packen" und sich eingestehen, "dass es so nicht reicht gegen die Top-Nationen".

Auf erneute Nachfrage für die Gründe der Niederlage ging Nagelsmann dann doch noch etwas ins Detail. "Wir sind eine Mannschaft, die erfolgreich sein kann, wenn wir die Zeit, in der wir verteidigen müssen, minimieren. Wenn wir eine Ballverlustrate haben, die absurd ist in der ersten Halbzeit, dann geht die Rechnung nicht auf."

Die meisten Spieler würden schließlich auch von Klubs kommen, die sich nicht über das Verteidigen definieren. "Wir haben einen großen Bayern- und Dortmund-Block. Die sind ja meistens gefordert im Spiel mit Ball und weniger im ständigen Verteidigen."

Das habe nichts mit Überforderung zu tun, sondern mit Wachsamkeit. "Das geht einfach nicht", sagte Nagelsmann bei der Sichtung der Gegentore über die Fehler in der Arbeit gegen den Ball.

Die Noten und Einzelkritiken der DFB-Spieler.

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Ilkay Gündogan (Kapitän Deutschland): "Es ist alles hausgemacht. Die Rote Karte von Leroy fasst alles zusammen: den Frust, die Enttäuschung. Man muss ehrlich gestehen, dass die Defensive vorne schon losgeht. Statt emotional zu verteidigen, machen wir immer das Gegenteil. So geben wir den Österreichern das Spiel, das sie haben wollen. So wirst du nicht erfolgreich. Schlechter kann es gerade nicht sein. Vielleicht ist das der einzige positive Aspekt."

Mats Hummels (Deutschland): "Es dauert, die Sachen umzusetzen. Ich glaube, dass man noch ganz große Schritte gehen kann. Wir wissen jetzt sehr eindeutig, wo wir noch ein, zwei Schippen drauflegen müssen. Dann kann es auch ein gutes Turnier werden, im Moment nicht."

Benjamin Henrichs (Deutschland): "Es ist frustrierend. Wir haben die letzten zwei Länderspiele schlecht gespielt und haben brutal viel Arbeit vor uns. Wir haben viele Fehler gemacht gegen den Ball, es war einfach schlecht. Wir Spieler müssen uns hinterfragen. Wir brauchen Siege und fangen am besten im März damit an."

Ralf Rangnick (Trainer Österreich): "Das war schon eine richtig gute Leistung. Wir hatten schon vor der Roten Karte die besseren Chancen, die Mannschaft hat danach weitergespielt wie bei einem elf gegen elf. Im Moment kriegt die deutsche Mannschaft zu viele Tore, zu Null hat sie schon lange nicht mehr gespielt. Wenn du in jedem Spiel zwei, drei Tore kassierst, ist es schwierig zu gewinnen."

Michael Gregoritsch (Österreich): "Es ist extrem schön, extrem süß. Wir wollten unbedingt einen schönen Jahresabschluss vor vollem Haus. Es war perfekt. Unser Weg ist nicht vorbei."

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