Vertrag mit Variablen

Joachim Löw genießt eine hohe Wertschätzung beim Deutschen Fußball-Bund
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Die Vertragsverlängerung von Bundestrainer Joachim Löw und seinem Team ist eine Wertschätzung seiner Arbeit im Verband. Die WM in Brasilien liefert eine neue Bewertungsgrundlage und wird zeigen, wie viel die neuen Kontrakte wirklich wert sind.

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Kein Kommentar zu Klauseln und kein Kommentar zu möglichen Horrorszenarien. So viel wurde klar, als am Freitagmittag die Führungskräfte des DFB und der A-Nationalmannschaft auf der Pressekonferenz zu ihren neuen Verträgen und neuen Positionen (Flick) befragt wurden

Das Arbeitspapier des Bundestrainers gilt jetzt bis nach der EM 2016, für die sich Deutschland erst noch qualifizieren muss. Ob es den Bundestrainer Löw bis Juli 2016 auch wirklich noch geben wird, konnte keiner der DFB-Großkopferten final beantworten.

Es steht ja eine Weltmeisterschaft vor der Tür, die mehr ist als ein normales Endturnier. Es geht in Brasilien auch um eine neue Bewertung von Löws Amtszeit. Das Erreichen des EM-Finals 2008 war ein Erfolg, der Einzug ins WM-Halbfinale 2010 eine Überraschung mit unangenehmen Ende, das Halbfinalaus bei der EURO 2012 eine Enttäuschung.

Hohe Erwartungshaltung in Deutschland

Im Fußballland Deutschland wird in Titeln und Trophäen gerechnet. Weiche Faktoren wie Spielweise, Sympathie und internationale Anerkennung sind zwar ganz schön, aber am Ende nichtig. Silber und Gold, darauf kommt es an. Löw hat besonders das Ausscheiden gegen Italien mit seinen schwer nachvollziehbaren Entscheidungen Kredit gekostet. Seitdem steht noch mehr in Frage, ob er auch ein Turniertrainer ist, der Deutschland den ersten Titel seit 1996 bescheren kann. Oder ob er nur ein moderner Fußballlehrer ist, der Deutschland zu neuem Ansehen und Respekt in der Fußballwelt geführt hat.

Brasilien wird die Antwort geben. Es ist nur ein schmaler Korridor, der ein katastrophales Abschneiden von einem guten Turnier trennt. Nach drei titellosen Turnieren unter Löw wird in der Öffentlichkeit nur der WM-Triumph als Erfolg bewertet werden.

Löw sah sich wohl auch deshalb dazu genötigt, schon mal eine vorauseilende Verteidigungsrede zu halten. Erstens habe er noch immer eine sehr junge Mannschaft, deren Entwicklung nicht zu Ende ist, und zweitens sei es despektierlich anderen Nationen gegenüber den WM-Sieg als einziges Ziel auszugeben.

Verlängerung sorgt für Ruhe

Der Bundestrainer weiß selbst, dass er und der Verband nur in wenigen Fällen in der bisher gewohnten Art und Weise weiter zusammenarbeiten können. Ein vorzeitiges Ausscheiden würde die Frage nach seiner Turniertauglichkeit weiter verstärken und im Falle des Weltmeistertitels könnte er auf dem Höhepunkt aufhören.

Der DFB hat den Vertrag auch deshalb vorzeitig verlängert, um während des Turniers zumindest in diesem Thema etwas Ruhe zu haben. Löw hat selbst gesagt, dass es aufgrund des guten Verhältnisses keinen Vertrag gebraucht hätte. Damit hat er Recht. Man muss den Vertrag nicht bis ins kleinste Detail gelesen habe, um zu wissen, dass es im Fußball immer Wege gibt, Kontrakte zu lösen. Der neue Vertrag ist einer mit vielen Variablen, die größte heißt Brasilien.

Joachim Löw im Steckbrief